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MALDI-TOF Untersuchungen an Zystenflüssigkeiten aus zerebralen Tumoren im Vergleich zu Liquorproben nicht tumorerkrankter Patienten

Das Glioblastom ist eine hochmaligne Tumorerkrankung des zentralen Nervensystems und geht trotz intensiver Forschungsbemühungen mit einer eingeschränkten Prognose und einer Überlebenszeit im Rahmen von einigen Monaten nach Diagnosestellung einher. Cerebrale Metastasen maligner Tumoren treten in Abhängigkeit vom Primärtumor auf, und beschränken nach Erreichen des ZNS die Überlebenszeit ebenfalls auf wenige Monate. Etwa 10% der Glioblastome weisen zystische Veränderungen auf, cerebrale Metastasen maligner Tumoren präsentieren sich ebenfalls nicht selten mit einer zystischen Konfiguration.
Streng histologisch gesehen handelt es sich hierbei um Pseudozysten, in denen sich eine zellarme Flüssigkeit befindet, die tumorzellassoziierte Proteine in einer geringen Konzentration enthält. Aufgrund der engen Beziehung der Zysten zu den Tumorzellen gibt die Proteinanalyse der Zystenflüssigkeit über Tumorgenese und Metabolismus Aufschluss.

Bereits in einer vorangegangenen Promotionsarbeit der neuroonkologischen Arbeitsgruppe war es gelungen, Proben zystischer Glioblastome und Metastasen im Vergleich zu Liquorproben tumorfreier Patienten mittels SELDI (surface enhanced laser desorption / ionisation) TOF (time of flight) MS (Massenspektrometrie) zu vermessen. Hierbei wurden Alleinstellungsmerkmale im Sinne von isoliert auftretenden Protein-Massenpeaks sowohl in den neoplastischen Proben, als auch in den Liquorproben detektiert. Der theoretische Teil der vorliegenden Arbeit widmet sich der Charakterisierung möglicher Tumorsuppressorproteine, mittels einer Evidenzanalyse / Literaturrecherche unter Verwendung der SELDI-TOF-MS Daten.

Da mittlerweile mehrere Bestandteile der SELDI-TOF Hardware kommerziell nicht mehr verfügbar sind, bestand die Notwendigkeit, ein Alternativverfahren zur Proteinbestimmung von Zystenflüssigkeiten zu etablieren. Hierzu wurde in dieser Dissertation die Methode der MALDI (matrix assisted laser desorption / ionisation) TOF-MS zur Messung eines Sets neuer Proben angewendet. Die MALDI-TOF-MS war bereits in mehreren Publikationen zur Massenspektroskopie von Liquorproben beschrieben worden, wohingegen zur Untersuchung cerebraler Zystenflüssigkeiten bisher keine Berichte zu finden sind. Dementsprechend wurde im praktischen Teil ein Aufbereitungs- und Untersuchungsprotokoll eigenständig etabliert.
Hiermit konnten Massenspektren der Proben abgeleitet werden, welche in den drei Diagnosegruppen (GBM, Metastasen, Liquorproben) untereinander verglichen wurden.


Ergebnisse:

Anhand von 20 Massenpeaks aus der SELDI-TOF Untersuchung wurden mittels Datenbanksuche in Expasy Tagident (UniProt) initial 792 Kandidatenproteine ermittelt, welche in Vergleichsliquorproben gesunder Probanden nachweisbar, in Glioblastomzysten aber absent waren, und somit eine tumorsuppressive Aktivität besitzen können. Mittels Evidenzanalyse und erweiterter Literaturrecherche wurde ein Bewertungsalgorithmus erstellt, und es konnte die Anzahl auf 54 Kandidaten reduziert werden. Unter diesen befinden sich bereits bekannte Tumorsuppressoren wie Tumor-Nekrose-Faktoren und Kinase-Inhibitoren, aber auch beispielsweise Ciliary neurotrophic factor und Inhibitor of growth protein als mögliche Tumorsuppressoren, deren Bezug zu Glioblastomen in aktuellen Veröffentlichungen diskutiert wird.

Im experimentellen Teil wurde festgestellt, dass die massenspektrometrische MALDI-TOF Messung von nativer Hirntumorzystenflüssigkeit oder nativem Liquor keine verlässlichen Spektren liefert, sodass ein standardisiertes Aufarbeitungsprotokoll notwendig wurde. Nach Einsatz verschiedener Aufreinigungsverfahren, Verdünnungsreihen und Matrices erwiesen sich die Aufreinigung per magnetic beads mit schwachem Kationen-Austausch (WCX) und die Verwendung von 4mg/ml HCCA-Matrix als reliabel. Zusätzlich erfolgte eine 1:5 Vorverdünnung der neoplastischen Proben mit TRIS Puffer pH 6,8, während Liquorproben unverdünnt blieben.

Insgesamt wurden 62 Proben untersucht, 25 aus Glioblastomzysten, 15 aus zystischen Hirnmetastasen und 22 Liquorproben als Kontrollgruppe. Im Schnitt konnten 20 Peaks pro Probe abgebildet werden; die jeweils 10 intensitätsstärksten hiervon wurden zur statistischen Aufarbeitung innerhalb der jeweiligen Diagnosegruppe herangezogen.
Hierbei zeigten sich signifikante Unterschiede des Auftretens bestimmter Proteinbanden im Vergleich von Tumorproben zu Liquor, zum Teil auch zwischen Metastasen und Glioblastomen. Besonders hervorzuheben sind:

- Der in Glioblastomproben signifikant häufig auftretende Peak bei 6433 Dalton entspricht dem Protein LuzP6 oder einer Splice-Variante des Apo-C1.
o Für LuzP6 werden in der Literatur Assoziationen mit Neoplasien wie myeloproliferative Erkrankungen und Prostatakarzinom beschrieben. Das Gen für LuzP6 befindet sich auf Chromosom 7q33 und sein Translationsprodukt ist als Self-Tumor-Antigen beschrieben worden.
o Apo-C1 wird als Mediator des Lipidstoffwechsels in der Leber synthetisiert und kann immunhistochemisch in Liquor und Gehirngewebe nachgewiesen werden. Eine weitere Splicevariante besitzt eine Größe von 6632 Dalton, dieser Peak liegt ebenfalls signifikant häufiger in Glioblastomen als in Liquor vor.

- Der Peak 4303 Dalton wird in Metastasen signifikant häufig nachgewiesen. Als Kandidat findet sich unter anderen der angiogenetische Faktor Adrenomedullin 2, dessen protoonkogene Funktion in mehreren Publikationen beschrieben wird.

- In über 95% der Vergleichsliquorproben und in unter 10% der neoplastischen Diagnosegruppen findet sich die Bande 3513 Dalton. In der UniProt Datenbank gibt es hierfür jedoch keine Entsprechung. Auch für ein möglicherweise doppelt geladenes Protein mit 7026 Dalton sind bis dato keine bekannt tumorsuppressiv wirkenden Kandidaten hinterlegt. Die Aufgabe zukünftiger Arbeiten besteht somit in der Identifizierung des zugrundeliegenden Proteins.

- Als ubiquitäre Bande in allen drei Diagnosegruppen lässt sich 11725 Dalton beispielsweise dem beta-2-Mikroglobulin zuordnen, das auf allen Körperzellen vorhanden ist und die Antigenpräsentation an das Immunsystem vermittelt. Aufgrund einer Vielzahl weiterer möglicher Kandidatenproteine dieser Größe steht auch hier die eindeutige Identifizierung aus.


Antworten auf die Problemstellung

1. Sowohl MALDI, als auch SELDI TOF MS sind geeignet um Flüssigkeiten aus Glioblastomzysten massenspektrometrisch zu analysieren. Um eine verlässliche Messung per MALDI-TOF zu erreichen, müssen die Proben zuvor eine Aufreinigung erfahren. Die Ergebnisse innerhalb der Diagnosegruppen sind reproduzierbar; die MALDI-TOF MS bildet insbesondere niedrige m/z (1.500Da - 20.000Da) ab, und verschiebt somit im Vergleich zur SELDI-TOF MS (4.000Da - 145.000Da) den Messbereich in Richtung kleinerer Molekulargewichte.
2. Unter Anwendung des Aufreinigungsprotokolls gelingt die Abbildung aussagekräftiger Spektren auch bei Proben zystischer Hirnmetastasen.
3. Für lediglich in den Liquor-Vergleichsproben nachweisbare Massenpeaks lassen sich in den verfügbaren Datenbanken sowohl Proteine finden, welche nachgewiesenermaßen tumorsuppressive Aktivität besitzen, als auch solche, bei denen diese noch diskutiert wird. Eine eindeutige Zuordnung eines Peaks zu einem Protein ist mittels MALDI-TOF MS nicht möglich. Hierzu müssen weitere proteomische Methoden wie Proteinsequenzierung, Immunhistochemie oder mRNA-Analysen eingesetzt werden.
4. Aufgrund der Heterogenität der Messergebnisse und der geringen Fallzahl untersuchter Proben lässt sich eine Massenpeak-Tumorsignatur nicht erstellen. Dies betrifft die Glioblastomsubtypisierung und die Primärtumorbestimmung bei Metastasen, aber auch die Unterscheidung von Tumor- und Liquorprobe.


Aus heutiger Sicht steht die eindeutige Identifizierung der zu den Peaks korrespondierenden Proteine mittels supplementärer proteomischer, histologischer und molekularbiologischer Verfahren an. Somit kann, ausgehend von dem hier vorgestellten „discovery oriented approach“ als langfristiges Ziel die Beschreibung von Tumormetabolismus und Proteinregulation verbunden mit der Etablierung von Biomarkern angestrebt werden, um neue therapeutische Ansätze zu ermöglichen.:Inhaltsverzeichnis 2
Tabellenverzeichnis 4
Abbildungsverzeichnis 5
Abkürzungsverzeichnis 6
1. Einleitung 8
1.1 Hirneigene Tumore 8
1.1.1 Diagnostik 10
1.1.2 Operatives Vorgehen 11
1.1.3 Postoperative Weiterbehandlung – Adjuvante Therapie 12
1.2 Metastasen 14
1.3 Zystische Tumore 16
1.4 Proteomik 20
1.4.1 Proteomanalyse 21
1.4.2 Protein-Analyseverfahren 21
1.4.3 MALDI TOF 23
1.4.4 SELDI TOF 25
2. Problemstellung 26
3. Material und Methoden 27
3.1 Materialliste 27
3.2 Internetbasierte Recherche möglicher Tumorsuppressorgene 27
3.2.1 Evidenzlevel (gemäß der Internet Datenbank UniProt) 30
3.2.2 Proteincharakteristika 30
3.2.3 Schlagwortbezogene Literatursuche 31
3.3 Massenspektrometrische Untersuchungen 31
3.3.1 Probengewinnung und Aufbewahrung 31
3.3.2 Verwendung und Aufreinigung der Proben 32
3.3.3 Messverfahren 36
4. Ergebnisse 41
4.1 Recherche möglicher Tumorsuppressoren 41
4.2 Probenaufbereitung 48
4.2.1 Ergebnisse der verschiedenen Adaptationsversuche Probe / Matrix ohne weitere Aufreinigung 48
4.2.2 Kit-basierte Aufreinigung 50
4.3 Messergebnisse 52
4.3.1 Häufigkeit der intensitätsstärksten Peaks bei Glioblastomen 54
4.3.2 Häufigkeit der intensitätsstärksten Peaks bei Metastasen 55
4.3.3 Häufigkeit der intensitätsstärksten Peaks der Liquorproben 56
4.3.4 Automatisierte Kontrolle 56
4.3.5 Entitätenvergleich 57
4.4 statistische Aufarbeitung 60
4.4.1 Glioblastom 60
4.4.2 Metastasen 60
4.4.3 Liquor 60
4.5 Nachbetrachtung ausgewählter Peaks (Top 3 jeder Entität) 61
4.5.1 Glioblastom 61
4.5.2 Metastasen 61
4.5.3 Vergleichsproben 62
4.5.4 Exemplarische Vorstellung möglicher Proteinkandidaten 62
5. Diskussion 66
5.1 Diskussion möglicher Tumorsuppressoren 66
5.2 Diskussion der Probenaufbereitung und des Messverfahrens 68
5.3 Diskussion der Messergebnisse 72
5.4 Antworten auf die Problemstellung 76
6. Zusammenfassung 79
Literaturverzeichnis 84
Anlagen 94
Erklärung über die eigenständige Abfassung der Arbeit 101
Lebenslauf 102
Danksagung 104

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:31599
Date11 September 2018
CreatorsGroll, Mathias Jakob
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/acceptedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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