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Aktive Implantate im Incudostapedialgelenk der Gehörknöchelchenkette

Fragestellungen
• Welchen Signalertrag kann ein Kraftsensor auf Basis eines Einkristallpiezo im Incudostapedialgelenk liefern?
• Welchen Einfluss haben die anatomisch variierenden Randbedingungen des Mittelohres sowie Variationen der Positioniergenauigkeit?
• Welche Leistungsparameter kann ein Wandler erreichen welcher das Sensorkonzept um ein stapesseitiges Aktorelement erweitert?
• Welche prospektive medizinische Indikation lässt sich aus den Leistungsparametern abschätzen?

Material und Methode
Untersucht wurden sowohl Sensoren als auch Sensor-Aktor-Elemente, im Folgenden Wandler genannt, zum Einsatz im ISG des Mittelohres. Die Abmessungen betrugen jeweils 4.5x2.5x1 mm. Die Einkristallpiezos wurden dabei innenliegend auf je eine dünne ovale Biegeplatte aus Titan geklebt. Mit einer entsprechenden Durchführung der Anschlusskabel durch das Gehäuse ist eine hermetische Dichtung und damit die Biokompatibilität der Gesamtbaugruppe realisierbar. Durch die Bauform entspricht die Wirkungsweise von Sensor- und auch Aktor-element hauptsächlich einem Biegewandler. Der Sensor ist ein Kraftsensor. Der Aktor arbeitet abhängig von der Kettenvorspannung als eine Mischung aus Weg- und Kraftgeber. Die Elemente lagen jeweils als aufgebautes Testmuster vor. Sie konnten sowohl in einem physikalischen Modell des Mittelohrs als auch in Humanpräparaten untersucht werden. Als Eingangssignal kam jeweils ein Schallsignal über einen Geber im Gehörgang zum Einsatz, welches mit einem Mikrofon vor dem Trommelfell als Referenz gemessen wurde. Ein Maß für den Höreindruck der hypothetischen Patienten/Patientinnen stellt, wie bei Untersuchungen am Felsenbein üblich, die Bewegung der Steigbügelfußplatte dar. Diese kann im Felsenbein mit einem Laser Doppler Vibrometrie (LDV) und im Modell mit einem Mikrofon in einer Hohlkammer unter der Membran, auf welcher der künstliche Steigbügel sitzt, gemessen werden. Das dynamische Messsignal des Sensors wurde als elektrische Spannung aus dem Piezoelement nach einer Vorverstärkung von einer Messkarte im PC erfasst. Die Signalverarbeitung im kombinierten Sensor-/Aktorbetrieb erfolgte mit einem Field Programmable Gate Array (FPGA). Das Aktorelement wurde ebenfalls von diesem angesteuert. Durch einen Vergleich der Stapesfußplattenschwingung bei Aktoranregung und Anregung mit Schalldruck im Gehörgang konnte jeweils auf einen äquivalenten Schalldruck zurückgerechnet werden. Für den kombinierten Wandlerbetrieb wurde ein Least Mean Square (LMS) zur Rückkopplungsunterdrückung auf dem FPGA implementiert. Der Sensor wurde in zehn Felsenbeinen untersucht, der kombinierte Wandler kam in sechs Felsenbeinen (zwei ohne und vier mit mittels CO2-Laser erweitertem Gelenkspalt) zum Einsatz. Der Zugang erfolgte dabei über eine posteriore Tympanotomie mit Auftrennung des ISGs. Dies und die Insertion von Sensor oder Wandler erfolgte mit Standardinstrumentarium. Weitere fünf Felsenbeine wurden entlang der Normalenebene zur Stapeslängsachse auf Höhe des ISGs gespalten um Kraft-Weg-Messungen mit Kraftmesszelle und Lasertriangulationssensor durchführen zu können. Der laterale Schalleitungsapparat (Gehörgang, Trommelfell, Hammer-Amboß-Komplex) und der mediale Teil (Stapes, rundes und ovales Fenster, Innenohr) blieben hierbei intakt. Dadurch konnte die Vorspannung auf den Sensor nach Einbau und die amboss- und sensorseitige statische Steifigkeitsvariation der Kette bei Auslenkung untersucht werden. In einem Finite-Elemente-Methode (FEM) Modell des Mittelohrs und des Sensors konnten zur Validierung der Messergebnisse vergleichende Simulationen durchgeführt werden. Da das Simulationsmodell auf dynamische Felsenbeinmessungen gefittet ist sind sowohl quasistatische Untersuchungen als auch Aussagen über das Verhalten der Kette bei Vorspannung nur eingeschränkt möglich. Die Ergebnisse der Wandlermessungen wurden in ein Audiogramm eingetragen und mit Literaturdaten für typische Formen der Hörschädigung verglichen. Hiermit konnte eine erste Einschätzung über eine mögliche zukünftige medizinische Indikation getroffen werden.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Das Sensorelement des Wandlers erzielte bei Schallanregung mit 1 Pa am Trommelfell Signalerträge von 0.1 mV bis 1 mV im audiologischen Frequenzbereich. Der Sensor nutzt einen Teil der natürlichen Übertragung im Gehörorgan (Gehörgang, Trommelfell, Hammer, Amboss). Die Übertragung des Signals erfolgt auf dem natürlichen Übertragungsweg. Dies kann einen positiven Einfluss auf Parameter wie das Klangbild oder das Richtungshören haben. Der Sensor zeigte sich robust gegenüber verschiedenen äußeren Einflussfaktoren. Kleine Variationen der Sensorposition oder zusätzliche Kontaktpunkte mit umliegenden Strukturen an Ambossfortsatz oder Hammergriff gehen mit einem Signalverlust von etwa 5 dB einher. Ein zusätzlicher Kontakt am Promontorium erzielt durch die verbesserte Lagerung des Sensors einen Signalgewinn von 5 dB. Die Leistung des Wandlers, insbesondere des Aktorelements, ist sehr stark von der Vorspannung in der Ossikelkette abhängig, welche bei der Wandlerinsertion hervorgerufen wird. Durch ein Aufweiten des Gelenkspalts versteift sich die Ossikelkette stapesseitig mehr als ambossseitig. Mit Hilfe künstlich erweiterter Gelenkspalte im Felsenbeinexperiment konnte das Verhalten zukünftiger miniaturisierter Wandlerelemente studiert werden. Der Dynamikbereich des Wandlers erstreckt sich experimentell zwischen einer sensorseitigen Hörschwelle mit breitbandig 30 dB Sound Pressure Level (SPL) und einem maximalen äquivalenten Aktorpegel von tieffrequent 70 dB SPL bis zu hochfrequent 120 dB SPL. Die Verstärkungsleistung innerhalb dieses Dynamikbereichs liegt hochfrequent bei 30 dB. Eine zukünftige medizinische Indikation des Wandlers kann im Bereich der Hochtonschwerhörigkeit und damit auch der klassischen Altersschwerhörigkeit liegen. Eine Behandlung von Patienten mit einer typischen Lärmschädigung ist ebenfalls denkbar. Der Sensor erscheint bereits für verschiedene Applikationen anwendbar während es für den kombinierten Wandler noch einige offene Fragen gibt, nichtsdestotrotz das Konzept bereits erfolgversprechend ist. Während die Leistungsfähigkeit des Wandlers prinzipbedingt durch die schwebende Lagerung nicht über den kompletten Frequenzbereich vollständig auf dem gleichen Niveau anderer implantierbarer Hörsysteme liegt, zeichnet sich das Konzept besonders durch einen vergleichsweise einfachen und prinzipiell reversiblen Eingriff aus.:I Einleitung
II Inhalt und thematischer Zusammenhang der Publikationen
III Publikation 1: Influence of the middle ear anatomy on the performance of a membrane sensor in the incudostapedial joint gap
IV Publikation 2: Examination of a mechanical amplifier in the incudostapedial joint gap: FEM simulation and physical model
V Publikation 3: Fully implantable hearing aid in the incudostapedial joint gap
VI Ergebnisse und Diskussion
VII Zusammenfassung
VIII Summary / Background
Implantable hearing systems have been a research topic for some time. Because of the im proving technology especially in terms of electronics miniaturisation and power supply fully implantable devices become the focus of attention. The performance parameters of existing components often meet the technical requirements but lack medical practicability. The insertion of the devices is often a very complex procedure and causes non-reversible changes in the patient’s anatomy. A new transducer system for sensor and actuator elements is introduced. It attempts to account for a reversible minimally invasive approach and feasible handling. The main idea is to insert a transducer into the Incudostapedial Joint (ISJ) gap. The design consists of a titanium housing with one or two titanium bending plates which are internally equipped with single crystal piezos for signal-acquisition or -generation. The attachment of the transducer is free floating in the joint gap without additional fixation points in the tympanic cavity. This concept enables a reduced sensitivity to body noise. The publications deal with the analysis of possible performance parameters of the transducers components in experiment and simulation. A further emphasis of the studies is how the humans highly variable anatomy affects the results.

Questions
• Which signal yields a force sensor based on a bending plate single crystal piezo in the ISJ?
• How does the anatomical variation and the position accuracy influence the results?
• What performance is to be expexted of a combined sensor/actuator transducer?
• What is the prospective medical indication of the proposed transducer design?

Material and methods
A sensor and a transducer consisting of a sensor and an actuator element for application inside the ISJ gap were studied. Both could be prospective components of future Cochlea Implants (CIs) or Active Middle Ear Implants (AMEIs). The dimensions are 4.5x2.5x1 mm. The single crystal piezos are glued inside a thin oval titanium plate, with a proper lead of the wires out of the hermetically sealed housing ensuring biocompatibility of the whole assembly. The sensor- and actuator element mainly act in bending mode. The actuator works in a mix between force- and displacement actuator dependending on the ossicular chain pretension. The elements used were manually constructed prototypes. Measurements were performed with the elements inserted into a physical model of the middle ear as well as in human temporal bones. A sound generator’s signal in the auditory canal was the input into the system. The sound signal was measured in front of the tympanic membrane by a reference microphone. The movement of the stapes footplate was used as a measurement for the theoretical hearing sensation. It was measured either by Laser Doppler Vibrometry (LDV) for the temporal bone measurements or with a small microphone inside a cavity beyond the physical models plastics membrane equipped with the artificial stapes. The dynamic signal of the sensor in the form of an electrical voltage from the piezo element was preamplified and subsequently acquired by a data acquisition card. The signal conditioning and processing for the combined sensor- actuator-transducer was realised with an Field Programmable Gate Array (FPGA) card. With a comparison of the stapes footplate movement at actuator-excitation and sound-excitation a equivalent sound pressure could be calculated. For the combined transducer-operation a Least Mean Square (LMS) was established to suppress the feedback between sensor and actuator. The sensor was examined in ten temporal bones, the combined transducer was evaluated in six temporal bones (two unaltered and four with a joint gap extended by a CO2-laser). The access was untertaken in terms of a posterior tympanotomie with separation of the ISJ with needle or sickle knife. The insertion of sensor or transducer was done with standard instruments. Further five temporal bones were split normal to the stapes long axis at the level of the ISJ gap to measure force-displacement relations with load cell and laser triangulation sensor. The lateral sound conducting apparatus (auditory canal, tympanic membrane, malleus-incus-complex) remained intact as well as the medial part (stapes, inner ear with round and oval window). Therefore the pretension on the sensor element after insertion and the variation of the stiffness on both parts of the ossicular chain could be observed. In an Finite-Elemente-Method (FEM) model of the middle ear and the sensor the measurement results could be validated. Because the simulation model is fitted to dynamic temporal bone measurements the prediction of the systems behaviour is has some restrictions for quasistatic examinations and the analysis of the ossicular chain under pretension. The results of the transducer measurements are endorsed in an audiogram and compared with literature und typical forms of hearing impairment. This is sufficient for a first estimation of the prospective medical indication.
Results and conclusion
The transducer’s sensing element shows a signal yield from 0.1 mV to 1 mV for a sound pressure excitation of 1 Pa at the ear drum. The sound transmission occurs on the natural pathway. This could be beneficial to parameters like acoustic pattern and directional hearing could operate normally. The sensor is resilient against several factors. Small variations in the sensor position or additional contact points with the surrounding anatomy at long process of incus or malleus evoke a signal loss of up to 5 dB. An additional contact point with the promontory cause a signal gain of 5 dB due to the improved sensor fixation. The performance of the transducer and especially the actuator element depends strongly on the ossicular chain pretension which is induced during transducer insertion. The ossicular chain is stiffening much more on the stapes-side than on the incus-side during the stretch of the joint gap. By means of artificially widended joint gaps in temporal bone experiments the behavior of future miniaturised transducers could be studied. The experimental dynamic range of the presented transducer ranges from a sensor’s broadband hearing threshold level of 30 dB Sound Pressure Level (SPL) up to an actuator’s maximum an equivalent sound pressure level of 70 dB SPL low frequency respectively 120 dB SPL for high frequencies. The amplification performance of the transducer within this dynamic range is located at about 30 dB for high frequencies. A prospective medical indication of the transducers could be the treatment of high frequency hearing loss and therefore also presbyacusis. A treatment for patients with typical noise induced hearing loss seems to be equally feasible. At this stage in development, it seems feasible to implant the sensor-only concept in a number of applications, while the transducer concept faces some questions to resolve but is nevertheless promising. The transducers performance is not on the same level like other approaches in terms of technical characteristics for the whole frequency range but the concept stands out regarding feasible insertion and minimal invasivity.:I Einleitung
II Inhalt und thematischer Zusammenhang der Publikationen
III Publikation 1: Influence of the middle ear anatomy on the performance of a membrane sensor in the incudostapedial joint gap
IV Publikation 2: Examination of a mechanical amplifier in the incudostapedial joint gap: FEM simulation and physical model
V Publikation 3: Fully implantable hearing aid in the incudostapedial joint gap
VI Ergebnisse und Diskussion
VII Zusammenfassung
VIII Summary

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:35368
Date13 September 2019
CreatorsKoch, Martin
ContributorsNeudert, Marcus, Naumann, Gunther, Technische Universität Dresden, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman, English
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relation10.1016/j.heares.2012.12.001, 10.3390/s140814356, 10.1016/j.heares.2016.03.015

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