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Häufigkeit rheumatischer Erkrankungen im Kindesalter in der Republik Moldova

Über rheumatische Erkrankungen im Kindesalter in der Republik Moldova ist bislang nur wenig bekannt. Ziel dieser Arbeit ist die Einführung und erste Auswertung einer Kerndokumentation für rheumakranke Kinder und Jugendliche in der Republik Moldova. In der Auswertung sollen die Häufigkeiten der einzelnen rheumatischen Krankheitsbilder ermittelt und die Versorgungssituation der Patienten dargestellt werden. So soll durch die Kerndokumentation nicht nur mehr über die rheumatischen Erkrankungen gelernt, sondern auch die Qualität der Behandlung überwacht und verbessert werden.
Das „Centrul mamei și copilului“ ist das einzige Krankenhaus mit rheumatologischer Abteilung für Kinder in Moldawien. Alle Patienten (Pat.), die sich hier zwischen März 2012 und Juni 2013 vorstellten, wurden mit Arzt- und Patientenfragebögen erfasst. Die Fragebögen orientieren sich an der Kinderkerndokumentation des deutschen Rheumaforschungszentrums, wurden ins Rumänische übersetzt und an die moldawischen Gegebenheiten angepasst. So wurden Daten zu Patienten, Diagnose und Versorgungssituation erhoben.
Insgesamt wurden 200 Patienten (51,5%, n=103 weibliche und 48,5%, n=97 männliche) dokumentiert. 44% (n=88) waren 0-12 und 56% (n=112) 13-17 Jahre alt. Das durchschnittliche Alter aller Patienten beträgt 12,3 Jahre. Vom Symptombeginn bis zur Vorstellung bei einem Kinderrheumatologen dauerte es durchschnittlich 0,8 Jahre. Die häufigste rheumatische Erkrankung in der Republik Moldova ist die juvenile idiopathische Arthritis mit 32% (n=64), gefolgt von der reaktiven Arthritis mit 24,5% (n=49) und der eitrigen Arthritis mit 20,5% (n=41).
Für die JIA errechnet sich eine Prävalenz von 11,2/100.000 und eine Inzidenz von 2,5/100.000. Der häufigste Subtyp ist die oligoartikuläre JIA (32,8%, n=20), die polyartikuläre JIA (31,3%, n=20) und die systemisch beginnende JIA (18,8%, n=12). Der durchschnittliche cJADAS-10 betrug 13,8, der durchschnittliche CHAQ 0,62. 96,9% (n=62) der JIA Patienten wurden mit NSAR behandelt, 33,3% (n=21) mit Glukokortikoiden und 46% (n=29) mit DMARDs. Methotrexat stellt mit 30,2% (n=19) das meist verschriebene DMARD dar. Das einzige verwendete Biologikum Tocilizumab erhielten 4,8% (n=3) der Patienten.
Die reaktive Arthritis hat in der Republik Moldova eine Prävalenz von 8,6/ 100.000 und eine Inzidenz von 3,3/ 100.000. Die Krankheitsaktivität wurde von den Ärzten durchschnittlich 3,7 angegeben, von den Pat bzw. den Eltern 2,9. 89,8% (n=44) der Patienten erhielten NSAR und 50% der Patienten (n=24) Antibiotika. Mit 34,6% aller genannten Antibiotika war Amoxicillin das meist verschriebene Antibiotikum.
Für die eitrige Arthritis ergibt sich eine Prävalenz von 7,2/ 100.000 und eine Inzidenz von 3,7/ 100.000. Die Krankheitsaktivität wird mit 3,7 von den Patienten bzw. deren Eltern genauso hoch eingeschätzt, wie von den Ärzten. 95,1% (n=39) der Patienten wurden mit NSAR behandelt. 78,0% (n=33) der Patienten erhielten eine antibiotische Therapie. Das meist verschriebene Antibiotikum war dabei mit 33,3% (n=11) Amoxicillin/ Clavulansäure.
Im Vergleich zu Deutschland finden sich in der Republik Moldova signifikante Unterschiede im Patientenkollektiv: Anteilig gibt es in der Republik Moldova mehr Fälle mit reaktiver Arthritis und eitriger Arthritis und weniger mit juveniler idiopathischer Arthritis.
Der Einfluss der rheumatischen Erkrankung auf das alltägliche Leben aller betroffenen Patienten wird durch folgende Daten deutlich: 32,5% (n= 65) aller Kinder wurden in den letzten 12 Monaten im Krankenhaus behandelt und blieben dann durchschnittlich 11,2 Tage dort. Und 19% (n=38) der Patienten fehlten aufgrund ihrer rheumatologischen Diagnose in ihrer Schule bzw. ihrem Kindergarten in den letzten vier Wochen vor Dokumentation.
Fast die Hälfte aller Patienten (45,6%, n=90) gab an, Sport in der Freizeit zu treiben, etwa ein Viertel der Patienten (25,9% n=51) trieben nie Sport und knapp die Hälfte der Patienten (46,9%, n=92) war dauerhaft vom Schulsport befreit.
Auf einer Skala von 1-10 (0= gar nicht, 10= maximal) bewerteten die moldauischen Patienten ihre Einschränkung im täglichen Leben mit durchschnittlich mit 2,5, ihre Schmerzstärke mit 3,8, das Zurechtkommen im Alltag mit 3,1 und ihre Resistenz/ Belastbarkeit (0= sehr resistent, 10= nicht resistent) mit 3,2. Nicht medikamentöse Therapien sind für viele Patienten in der Republik Moldova kaum zugänglich: 49% (n=97) der Patienten machten keine nicht medikamentöse Therapie in den
letzten 12 Monaten. 43,4%(n=86) aller Patienten erhielten Physiotherapie, 7,6% (n=15) Ergotherapie, 0,5% (n=1) Wassergymnastik. 2,5% (n=5) aller Patienten nahmen an einer Patientenschulung teil.
Vergleicht man die Daten mit anderen Ländern, fällt auf, dass die durchschnittliche
Schmerzstärke, der Grad der Einschränkung im täglichen Leben, die Resistenz/Belastbarkeit im Alltag, der cJADAS und die Krankheitsaktivität eher hoch sind. Und die Lebensqualität ist durch seltenere Teilnahme am Schulsport, stärkere Schmerzen sowie Einschränkungen, Belastbarkeit und Zurechtkommen im Alltag eher gering. Besonders ins Auge sticht auch die relativ lange Zeit bis zur Vorstellung bei einem Kinderrheumatologen.
Auch eine leitliniengerechte Therapie ist nicht für jeden Patienten verfügbar - besonders wenn eine Eskalation der Therapie notwendig wird, z.B. mittels Breitbandantibiotika oder Biologika, sind die Optionen in der Republik Moldova limitiert. Dabei würde eine frühzeitige Diagnose und eine angemessen aggressive Behandlung die Lebensqualität der Patienten erheblich verbessern.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:74954
Date21 May 2021
CreatorsFreiknecht, Judith
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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