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Evaluation molekularer Biomarker für Ischämie-Reperfusionsschäden sowie histologische Bewertung von porcinen Nieren nach normothermer Maschinenperfusion mit Vollblut

Die Niere ist ein lebenswichtiges Organ, das für die Homöostase des Körpers unentbehrlich ist. Bei einem Funktionsverlust, entweder kongenital oder durch ein akutes oder chronisches Nierenversagen, muss die Funktion ersetzt werden. Für die Nierenersatztherapie gibt es als Ersatzverfahren die Dialyse und die Nierentransplantation. Da eine Dialyse nicht alle Funktionen der Niere ersetzen kann sowie eine hohe Belastung für den Patienten darstellt, ist die Nierentransplantation der Goldstandard im Organersatz. Das vorhandene Angebot an Spenderorganen kann den aktuellen Bedarf allerdings nicht decken, sodass die aktuelle durchschnittliche Wartezeit auf ein postmortal gespendetes Organ in Deutschland derzeit bei etwa sieben bis zehn Jahren liegt. Erschwerend kommt hinzu, dass die verfügbaren Organe häufig von älteren Spendern mit Komorbiditäten stammen. Diese Nieren haben oft eine unklare Funktionsfähigkeit. Aus diesem Grund werden diese Nieren nicht immer für eine Transplantation angenommen oder gar nicht erst entnommen. Eine Methode, den verfügbaren Spenderpool zu vergrößern, ist daher, diese Nieren so gut als möglich nutzbar zu machen. Dafür müssen die Nieren vor der Transplantation medizinisch bewertet werden. Die Maschinenperfusion (MP) ist eine Methode der dynamischen Konservierung und Konditionierung von Organen. Die Vorteile einer Lagerung mittels hypothermer MP für die Niere sind bereits bekannt. Bei der normothermen MP wird die Niere mit einer oxygenierten, temperierten Perfusionslösung durchströmt. So wird der Metabolismus der Zellen aufrechterhalten und die Ischämiezeit verkürzt. Damit bietet die normotherme MP eine Plattform, um Nieren unter reperfusionsähnlichen Bedingungen zu observieren. Für diese Arbeit wurden die Nieren aus Schlachthofschweinen gewonnen und autologes Vollblut als Perfusionslösung verwendet. Die Perfusion erfolgte mittels einer eigens dafür vom Kooperationspartner (Institut für Biomedizinische Technik) konzipierten Perfusionsmaschine. Es konnte gezeigt werden, dass die Nieren damit stabil für 4 h mit Vollblut perfundiert werden können. Die Level verschiedener Biomarker wurden im Gewebe (Biopsien nach 0 und 4 h Perfusion), Urin (1 h-Sammelurin nach 1, 2 und 4 h Perfusion) und Plasma (nach 0, 1, 2 und 4 h) analysiert. Die Nieren wurden anhand verschiedener Kriterien in jeweils zwei Gruppen (gut und schlecht) eingeteilt. So erfolgte eine direkte Bewertung der Makroskopie nach der Perfusion durch einen anwesenden Arzt. Während diese direkte Bewertung der Situation dem klinischen Alltag ähnelt, ist diese jedoch subjektiver Art. Um diese Subjektivität zu relativieren, wurden die Nieren weiterhin durch mehrere Gutachter nach einem Makroskopischen Score eingeteilt. Dabei zeigte sich teilweise eine große Varianz zwischen den Gutachtern. Neben der Makroskopie wurden die Nieren auch nach ihrer Histologie bewertet. Hierfür wurden diese über den Remuzzi-Score klassifiziert. Dabei zeigte sich, dass die Nieren zum größten Teil sehr gut bewertet wurden und nur wenige Schäden aufzeigten. Da die Tubuli besonders schnell unter Ischämie geschädigt werden, wurden die Nieren insbesondere nach der Tubulus-Atrophie histologisch bewertet. Hierbei konnten häufiger und schneller Schäden an den Nieren beobachtet werden. Auch die Information über die Filtrationsleistung der Niere stellt einen wesentlichen Wissensgewinn dar, ist jedoch nur aufwändig bestimmbar. Mittels Inulin-Clearance-Bestimmung während der MP wurden die Nieren anhand dieser in eingeschränkt und nicht funktionsfähig eingeteilt. Auffällig dabei war, dass die einzelnen Klassifikationen nur eine vergleichsweise geringe Übereinstimmung hatten. Insbesondere die als Inulin-Clearance gemessene Funktionsfähigkeit korrelierte in keiner Weise mit der Makroskopie oder der Histologie. Im Gewebe wurden die Level der Biomarker für oxidativen Stress, 8-OHdG, und für Schäden des Epithels des proximalen Tubulus, KIM-1, mittels IHC untersucht. Der Ischämie-Reperfusionsschaden spiegelte sich hierbei in der Zunahme der Intensität der 8-OHdG-Färbung wider. Es zeigten sich jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den guten und schlechten Nieren. Die immunohistochemische KIM-1-Färbung nahm in histologisch guten Nieren häufiger ab als in histologisch schlechten Nieren. In den anderen Klassifizierungen zeigten sich keine Unterschiede. Aus dem Gewebe wurde die mRNA isoliert und die Expressionslevel mehrerer Biomarker vor und nach der Perfusion analysiert. Die Kim-1-mRNA war nicht nachweisbar. Die mRNA-Level der Marker EDN-1, TLR 4 und IL-6 nahmen im Verlauf der Zeit zu. Bei den meisten Klassifikationen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den jeweiligen Gruppen. Einzig in den Nieren, welche nach dem Remuzzi-Score eingeteilt wurden, waren die NGAL-mRNA-Level in den schlechten Nieren signifikant höher als in den guten. Dieser Unterschied trat jedoch nur bei der 0 h-Probe auf, am Ende der Perfusion war er nicht mehr zu beobachten. Im Urin wurden die Level von IL-6, KIM-1, NAG und NGAL bestimmt. Die Level der vier Biomarker nahmen im Verlauf der Zeit zu. Die jeweiligen Gruppen der verschiedenen Klassifizierungen unterschieden sich in den Urinsammelproben nicht anhand der IL-6-, NAG- und KIM-1-Level. Einzig in den guten und schlechten Nieren nach dem Makroskopischem Score waren die NGAL-Level signifikant unterschiedlich. Dieser Unterschied war nur im Sammelurin der 1 h-Probe nachzuweisen. Die gleichen Biomarker wurden ebenfalls im Plasma untersucht. Auch hier kam es zu einem Anstieg der Level aller Marker im Verlauf der Perfusion. KIM-1 unterschied sich in keiner Klassifikation in den jeweiligen guten und schlechten Nieren. NGAL war hingegen nach 1 h in Nieren, die nach dem Makroskopischen Score als schlecht beurteilt wurden, signifikant höher als in Nieren, die nach dem Score als gut eingeteilt wurden. In Nieren, welche von dem anwesenden Arzt als nicht transplantabel bewertet wurden, waren die Level von IL-6 und NAG in der 4 h-Plasmaprobe signifikant höher als in potentiell transplantablen Nieren. Dies weist darauf hin, dass die Plasma-basierten Marker IL-6 und NAG nach 4 h robust makroskopisch schlechte und gute Nieren differenzieren konnten. Dahingegen zeigte sich ein Unterschied in den NGAL-Leveln frühzeitig, aber nicht robust. Es konnte noch kein Marker gefunden werden, der frühzeitig und robust zwischen den jeweils stärker und schwächer geschädigten Nieren unterscheiden konnte. Trotzdem könnten sie nach einer Validierung dafür geeignet sein, in einem experimentellen Setting als Parameter dienen zu können, die die Qualität einer Niere unter NMP bewerten können. Weitere Biomarker, welche prädikativ für die Funktionalität oder Histologie des Organs sind, müssen in zukünftigen Versuchen evaluiert werden.:Inhaltsverzeichnis I
Abkürzungen V
1 Einleitung 1
1.1 Die Niere 1
1.1.1 Aufgaben und Funktion der Niere 1
1.1.2 Das Nephron 1
1.2 Ausfall der Nierenfunktion 3
1.2.1 Akutes Nierenversagen 3
1.2.2 Chronische Niereninsuffizienz 4
1.3 Nierenersatztherapie 5
1.3.1 Die Dialyse 5
1.3.2 Leben unter Dialyse 5
1.4 Die Nierentransplantation 6
1.4.1 Aktueller Stand der Nierentransplantation in Deutschland 6
1.4.2 Allokation in der Eurotransplant-Region 7
1.4.3 Spendernieren 8
1.4.4 Transplantatfunktion 9
1.5 Ischämie und Reperfusion 11
1.5.1 Warme Ischämiezeit 11
1.5.2 Kalte Ischämiezeit 12
1.5.3 Ischämie-Reperfusionsschaden 12
1.6 Organkonservierung 14
1.6.1 Static cold storage 14
1.6.2 Hypotherme Maschinenperfusion 15
1.6.3 Normotherme Maschinenperfusion 15
1.6.4 Perfusionsgeräte 16
1.6.5 Die Maschinenperfusion als Bewertungstool 18
1.7 Biomarker 19
1.7.1 8-Hydroxyl-Desoxyguanosin 19
1.7.2 Endothelin-1 20
1.7.3 Toll-like receptor-4 20
1.7.4 Interleukin-6 21
1.7.5 Kidney injury molecule 1 22
1.7.6 N-Acetyl-/β-glucosaminidase 22
1.7.7 Neutrophile Gelatinase-assoziiertes Lipocalin 23
2 Zielstellung der Arbeit 24
3 Material 25
3.1 Geräte 25
3.2 Verbrauchsmaterial 26
3.3 Software 27
3.4 Chemikalien und Reagenzien 27
3.5 Kits 28
3.6 Medien, Puffer und Lösungen 29
3.7 qPCR-Assays 30
3.8 Antikörper 31
4 Methoden 32
4.1 Normotherme Maschinenperfusion 32
4.1.1 Nieren- und Vollblutentnahme bei Schlachthof-Tieren 32
4.1.2 Lagerung und Transport 33
4.1.3 Vorbereiten der Nieren 33
4.1.4 Vorbereiten des Perfusionskreislaufes 34
4.1.5 Nierenperfusion 38
4.1.6 Probenentnahme 40
4.2 Histologische Färbungen von Biopsien 42
4.2.1 Einbetten der Biopsien und Anfertigung von Schnitten 42
4.2.2 Hämalaun-Eosin-Färbung 44
4.2.3 Etablierung eines geeigneten IHC-Färbeprotokolls 45
4.2.4 Immunohistochemische Färbungen 46
4.2.5 Mikroskopie 47
4.2.6 Semi-quantitative Auswertung der Färbungen 48
4.3 RNA-Isolation aus Biopsien 48
4.3.1 Gewebeaufschluss der Biopsien 48
4.3.2 RNA-Aufreinigung mittels RNAeasy lipid tissue-Kit 48
4.4 RNA-Konzentrationsbestimmung 50
4.4.1 RNA-Konzentrationsbestimmung über Spektralphotometrie 50
4.4.2 Prüfen der RNA-Qualität mittels automatisierter Elektrophorese 50
4.5 cDNA-Synthese aus RNA mittels Superskript III Reverse Transkriptase 51
4.6 Real Time quantitative PCR 52
4.7 Quantifizierung der Markerkonzentration mittels ELISA 53
4.7.1 Prinzip des ELISA 53
4.7.2 Interleukin-6-ELISA 55
4.7.3 KIM-1-ELISA und NAG-ELISA 55
4.7.4 NGAL-ELISA 56
4.8 Gesamtprotein-Bestimmung mittels BCA-Assay 56
4.9 Bestimmung der Inulin-Clearance 57
4.10 Nierenklassifikation 61
4.10.1 Direkte makroskopische Bewertung 61
4.10.2 Bewertung nach dem Makroskopischen Score 61
4.10.3 Bewertung nach Remuzzi-Score 62
4.10.4 Bewertung nach Tubuli-Atrophie 63
4.10.5 Bewertung nach Funktionalität 64
4.11 Sequenzen und Alignments 64
4.12 Statistik 65
4.12.1 Signifikanzberechnungen 65
4.12.2 Receiver operated characteristic-Kurven 65
5 Ergebnisse 66
5.1 Ergebnisse der Methodenetablierung 66
5.1.1 Immunohistochemie 66
5.1.2 Eine gute RNA-Aufarbeitung kann allein durch Mörsern der Biopsie erreicht werden 71
5.1.3 GAPDH und RPL19 sind als Referenzgene für die qPCR geeignet 73
5.2 Ergebnisse der Klassifikation der Nieren 74
5.2.1 Die Nieren wurden anhand verschiedener Merkmale in fünf Gruppen eingeteilt 74
5.2.2 Die Übereinstimmung zwischen direkter Bewertung, Makroskopischem Score und Remuzzi-Score ist nicht hoch 75
5.2.3 Die Filtrationsleistung ist nicht mit den makroskopischen Bewertungen assoziiert 77
5.3 Analyse der mRNA-Level der potentiellen Biomarker im Gewebe von perfundierten Nieren 79
5.3.1 EDN-1-mRNA-Expression vor und nach 4 h NMP 79
5.3.2 TLR-4-mRNA-Expression vor und nach 4 h NMP 81
5.3.3 IL-6-mRNA-Expression vor und nach 4 h NMP 83
5.3.4 KIM-1-mRNA-Expression vor und nach 4 h NMP 85
5.3.5 NGAL-mRNA-Expression vor und nach 4 h NMP 85
5.4 Auswertung der histologischen und immunohistochemischen Färbungen 87
5.4.1 Leichte Zunahme des Remuzzi-Scores über die Zeit 87
5.4.2 In histologisch wenig geschädigten Nieren kommt es häufiger zu einer Abnahme der KIM-1-Färbung 88
5.4.3 Der 8-OHdG-Gehalt steigt im Verlauf der Zeit an 88
5.5 Analyse der potentiellen Biomarker im Urin im Verlauf der NMP 89
5.5.1 IL-6-Konzentrationsverlauf im Urin während der NMP 90
5.5.2 KIM-1-Konzentrationsverlauf im Urin während der NMP 91
5.5.3 NAG-Aktivitätsverlauf im Urin während der NMP 93
5.5.4 NGAL-Konzentrationsverlauf im Urin während der NMP 94
5.6 Analyse der potentiellen Biomarker im Plasma im Verlauf der NMP 96
5.6.1 IL-6-Konzentrationsverlauf im Plasma während der NMP 96
5.6.2 KIM-1-Konzentrationsverlauf im Plasma während der NMP 96
5.6.3 NAG-Aktivitätsverlauf im Plasma während der NMP 98
5.6.4 NGAL-Konzentrationsverlauf im Plasma während der NMP 100
5.7 ROC-Analysen der statistisch signifikanten Biomarker 101
6 Diskussion 104
6.1 Evaluation der Methodenetablierung 104
6.1.1 Kritische Betrachtung der Nutzbarkeit der Immunohistochemie 104
6.1.2 Wahl der Methodik für eine maximale RNA-Ausbeute 105
6.2 Das Modell „Schlachthofschwein“ 105
6.3 Setting der Maschinenperfusion im Vergleich zur Literatur 106
6.4 Vergleich der verschiedenen Klassifikationen 107
6.5 Evaluation der Biomarker auf ihre Eignung 108
6.5.1 8-OHdG als Biomarker für oxidative Schäden in der NMP 108
6.5.2 Endothelin-1 als Biomarker für die Endothelaktivierung in der NMP 110
6.5.3 TLR-4 als Biomarker für die Aktivierung der Immunantwort in der NMP 111
6.5.4 IL-6 als Biomarker für die akute Phase in der NMP 112
6.5.5 NAG als Biomarker für Zellschäden in der NMP 114
6.5.6 KIM-1 als Biomarker für Schäden am proximalen Tubulus in der NMP 116
6.5.7 NGAL als Biomarker für Schäden am proximalen Tubulus in der NMP 119
6.6 Kritische Betrachtung der Faktoren, welche die Aussagekraft einschränken können 121
6.7 Andere Parameter zur Vorhersage der Nierenqualität 122
6.8 Aussichten auf einen Bewertungsscore und Zukunft der NMP 122
7 Zusammenfassung 124
8 Summary 127
9 Literatur 129
Danksagung 160
Eigenständigkeitserklärung 161
Erklärung zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben 162
Anhang 163
10.1 Abbildungsverzeichnis 163
10.2 Tabellenverzeichnis 164

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:91170
Date28 June 2024
CreatorsSteinhauser, Carla
ContributorsFüssel, Susanne, Passauer, Jens, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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