Die Bedeutsamkeit einer Sprache kann sowohl anhand ihres Gebrauchs als auch anhand der Bedürfnisse einer Gesellschaft gemessen werden. Wenn wir die arabische Sprache in der pakistanischen Gesellschaft betrachten, ist dies anhand mehrerer Aspekte feststellbar. Basierend auf der Bevölkerungsmehrheit ist der Islam ist die offizielle Religion Pakistans und entsprechend beruht auf ihm auch die Verfassung. Die arabische Sprache hingegen stellt das wichtigste Mittel dar, um den Islam und seine Lehren zu verstehen. Dadurch stellt sie einen wichtigen Teil des pakistanischen Bildungswesens und des alltäglichen Lebens dar. Beobachten kann man dies beispielsweise bei Geburten, Bestattungen oder Hochzeiten, wo sich zur vollständigen Umsetzung des jeweiligen Ereignisses bzw. Ritus arabischer Floskeln bedient werden.
Es ist bekannt, dass der arabische Gebetsruf, der ʾAḏān, das Erste ist, das einem Neugeborenen ins Ohr geflüstert wird. Alsdann wird dem Kind ein arabischer Name gegeben und sobald es anfängt zu sprechen, versucht die Familie ihm Worte wie Allāh, Muḥammad und Rasūl beizubringen. Auf dem Gebiet der Bildung wird einem muslimischen Kind üblicherweise das arabische Alphabet gelehrt, bis es in die Schule eintritt. Danach lernt es, wie man den Koran rezitiert, um sich bestimmte Verse einzuprägen und zu beten. Die Kombination all dieser Bräuche erzeugt eine starke Verbindung zwischen Muslimen und der arabischen Sprache.
Die Briten erreichten den indischen Subkontinent anfänglich als Unternehmer und nicht als Herrscher. Allmählich begannen sie allerdings, sich in lokale politische Angelegenheiten einzumischen, bis sie schließlich die gesamte Region übernahmen. Anschließend veränderten sie die religionspolitische, soziale und bildungstechnische Landschaft der Muslime auf dem Subkontinent. Hinsichtlich der Bildungspolitik war es somit Macaulay (1800-1859), der die Muslime in ihrem Heimatland, in dem sie bereits 1000 Jahre gelebt hatten, zu Bürgern zweiter Klasse machte. Auf Basis dieser Politik wurde das traditionelle islamische Bildungswesen für ungültig erklärt und Kenntnisse der englischen Sprache wurden zur Voraussetzung zur Erlangung eines Berufs.
Als Folge dessen wehrten sich einige Muslime hart gegen dieses neue Bildungssystem. Andere blieben gleichgültig gegenüber der Politik, während einige wiederum überzeugt waren, dass es zu den notwendigen Erfordernissen der damaligen Zeit gehöre, die englische Sprache zu lernen. Aufgrund ihrer Gespaltenheit, können wir zwei Gruppen entwerfen: Die Gegner des Bildungssystems (darunter die traditionellen muslimischen Gelehrten) sowie die Befürworter (Sir Sayyid Aḥmad Khan [1817-1898] und seine Anhänger). Sir Sayyid Aḥmad Khan reformierte die muslimische Gesellschaft und gründete neue Schulen und Universitäten, wie z.B. das Muḥammadan College (1875 AD), das Aligarh College, und die Scientific Society of Aligarh, um auf die neuen Wissenschaften aufmerksam und machen und diese zu vermitteln. Dahingegen eröffneten die ʿUlamāʾ eine Reihe neuer Medresen, weil sie dachten, dass ein Wiederaufleben der islamischen Wissenschaften und der arabischen Sprache der Schlüssel zum Erfolg der Muslime sei. Als Erwiderung auf diese Gruppen entstand schließlich auch eine dritte Gruppe, die die Reformgesellschaft Darul Uloom Nadwatul Ulama (1898) begründete und der Ansicht war, dass beide Ansätze zur Prosperität der Muslime beitragen würden.
Seitdem Beginn dieser Debatte bis in unsere heutige Zeit hat sich das muslimische Bildungssystem in zwei Gruppen geteilt: Religiöse und nichtreligiöse Ausbildung. Diese Unterteilung basiert freilich auf der Idee des Säkularismus, wonach religiöse und wissenschaftliche Lehre zwei gänzlich verschiedene Bereiche sind, die einander ausschließen. Die britischen Herrscher etablierten neue Richtlinien im Bildungswesen, um die Muslime von ihren religiösen, erzieherischen, ethischen und kulturellen Werten abzubringen und auf sie das britische Verständnis von „Zivilisation“ zu projizieren. Die muslimischen religiösen Institute hingegen beruhten auf religiösen Wissenschaften, wie der Lehre von Qurʾān und Sunna, die mittels der arabischen Sprache gelehrt wurden.
Abgesehen von der Einleitung sowie dem Schlusswort unterteilt sich diese Untersuchung in fünf Kapitel. Der erste Teil untersucht die Schritte und Phasen, die die arabische Sprache durchlaufen hat. Dabei widmet es sich der Geschichte der arabischen Sprache auf dem indischen Subkontinent von ihren Anfängen bis zur Teilung der Region in Indien und Pakistan 1947. Es wird außerdem erläutert, welchen Einfluss die Sprache auf Gesellschaft und Kultur hatte und wie es um ihren offiziellen Status während der verschiedenen Herrschaftsepochen bestellt war.
Das zweite Kapitel unterteilt sich in zwei Bereiche. Zuerst wird eine kurze Einführung zum Land Pakistan und seiner Kultur sowie verschiedenen Sprachen gegeben. Danach wird das Bildungssystem erklärt, wie es aufgeteilt ist und welche Rolle die arabische Sprache und Literatur darin einnimmt.
Das dritte Kapitel untersucht die Geschichte und Aufbau der Medresen in der Region vor und nach der Teilung des Landes. Begonnen wird dieses Thema anhand der ersten Medrese bis schließlich die modernen religiösen Institute, Stiftungen und Gremien Pakistans genauer betrachtet werden. Auch der schulinterne Lebensstil, die Gebäudeausstattung, Finanzen und Leistungsangebote an die Gesellschaft werden hier unter Augenschein genommen.
Der vierte Bereich prüft intensiv den kompletten Curriculum fünf religiöser Schulgremien. Die folgenden Gremien werden hierbei vorgestellt und ihre Lehrmethodologien erläutert:
• Wifaq al-Madaris al-Arabiyya Pakistan
• Tanzeem-ul-Madaris Ahl-e-Sunnat
• Wifaq al-Madaris al-Salafiyya
• Rabta-tul-Madaris al-Islamiyyah
• Wifaq al-Madaris al-Shia Pakistan
Das fünfte Kapitel analysiert alle fünf Gremien statistisch und es wird ein vollständiger Überblick zu Büchern, Lehrthemen und anderen Unterrichtsmaterialien gegeben. Die Ergebnisse, z.B. zum Anteil gleicher und verschiedener Bücher sowie Themen, werden in Form von Tabellen und Diagrammen dargestellt. Am Ende wird die Schlussfolgerung sämtliche Punkte und Fragen dieser Forschungsarbeit noch einmal ausführlich zusammenfassen.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:16296 |
Date | 20 September 2017 |
Creators | Mahmood, Nasir |
Contributors | Universität Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | English |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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