Als viert häufigste Karzinomerkrankung bei Männern und zwölft häufigste bei Frauen in Deutschland ist das BCa weitverbreitet in der Gesellschaft. Dies macht die Erforschung der komplexen, molekularen Mechanismen und die Entwicklung individualisierter Therapiestrategien notwendig. Neben externen Umwelteinflüssen wie der Konsum von Tabak, die Exposition von Chemikalien und chronische Entzündungen spielen auch genetische und molekulare Aberrationen eine relevante Rolle in der Tumorinitiation. Zu den molekularen Aberrationen gehört unter anderem die Dysregulation der miRNA-vermittelten RNA-Interferenz. Interessant für diese Arbeit waren die beiden Moleküle NRP2 und VEGFC, welchen in diversen Tumorentitäten eine onkogene Wirkung zugeschrieben wurde und welche bei vermehrter Expression die Tumorentstehung, -progression und Metastasierung über die Tumor-assoziierte Lymphangiogenese fördern. Um die Rolle von NRP2 und VEGFC im BCa näher zu untersuchen, wurden die Expressionen und die Korrelationen dieser und potentiell interagierender miRNAs in BCa- Geweben mittels in silico-Verfahren und in BCa-Zelllinien mittels qPCR-Analysen näher untersucht. Zur weiteren Analyse wurden anschließend auch die Expressionen und Korrelationen alternativer Targetgene und Hostgene sowie gemeinsame Signalwege von vier ausgewählten miRNAs evaluiert. In den in silico- und qPCR-Analysen zeigten sich NRP2 und VEGFC in den BCa-Geweben und -Zelllinien verglichen zu den gesunden Urothelgeweben und Zelllinien niedriger exprimiert. Diese Ergebnisse stehen im Widerspruch zu der Annahme, dass eine verstärkte Expression beider Targetgene mit der Tumorinitiation einhergeht. Jedoch zeigten sich NRP2 und VEGFC verstärkt exprimiert in allen CDDP-resistenten BCa-Zelllinien. Dies spricht dafür, dass beide Targetgene zur Resistenzbildung beitragen. Auch in den Auswertungen der BC- BET-Datenbank war die erhöhte Expression von NRP2 und VEGFC mit aggressiveren Tumoreigenschaften und einer schlechteren Prognose assoziiert. Diese Assoziation unterstützt die Annahme, dass die zunehmende Expression beider Targetgene mit einer Tumorprogression, Metastasierung und der Rezidivbildung in Verbindung steht.
In einem weiteren Schritt wurde nach NRP2/VEGFC-regulierenden miRNAs geschaut. Dabei ergaben sich nach in silico- und Literaturrecherche 33 Kandidaten, wovon nach näherer Betrachtung die vier miRNAs miR-27a, -128, -195 und -338-5p zur weiteren Analyse ausgewählt wurden. Für die ausgewählten miRNAs wurden anschließend die Expressionen in BCa-Geweben mittels TCGA-Datenbank und die zellulären Grundexpressionen mittels qPCR-Analyse bestimmt. Hierbei zeigten sich miR-27a und -128 in den BCa-Geweben signifikant erhöht. MiR-195 hingegen war signifikant erniedrigt. Auch miR-338-5p war erniedrigt, jedoch nicht signifikant. Die Auswertungen der zellulären Grundexpressionen zeigte für miR-128 und miR-195 den Trend zu einer verstärkten Expression in den BCa- Zelllinien. Für miR-27a und miR-338-5p zeigte sich keine relevante Expressionsdifferenz. Um eine Aussage über die Signifikanz der Expressionsdifferenzen zu treffen, ist die Analyse einer größeren Anzahl von BCa- und gesunden Zelllinien notwendig. Die genauere Betrachtung der miRNA-Targetgen-Korrelationen sollte Auskunft über mögliche miRNA-mRNA-Interaktionen geben. Eine negative miRNA-Targetgen-Korrelation spricht für eine Inhibierung der Targetgene durch die miRNA. Eine positive Korrelation spricht für eine miRNA-induzierte Verstäkung der Targetgenexpression. Signifikant negative Korrelationen zeigten sich in den BCa-Geweben für miR-27a/NRP2, miR-128/NRP2 und miR-128/VEGFC. Ebenfalls konnten diese negativen Korrelationen in den CDDP-sensitiven und CDDP-resistenten BCa-Zelllinien für miR-27a/NRP2, miR-128/NRP2 und miR- 128/VEGFC verzeichnet werden. Das inverse Verhältnis in den CDDP-resistenten Zelllinien unterstreicht, dass die reduzierte Expression von miR-27a und miR-128 in einer Hochregulierung von NRP2 und VEGFC resultieren könnte, welche die Tumorprogression und Resistenzentwicklung fördern könnte. Gegensätzlich dazu waren die miR-195/VEGFC- und miR-195/NRP2-Korrelationen in den CDDP-resistenten BCa-Zelllinien positiv. In den BCa-Geweben der TCGA-Datenbank waren sie signifikant bzw. per Trend positiv. Dieses Expressionsmuster spricht dafür, dass miR-195 die Expression der beiden Targetgene induzieren könnte.
Während sich miR-338-5p in den BCa-Geweben schwach herabreguliert zeigte, ergab die qPCR-Analyse keine relevante Expressionsdifferenz in den malignen und nicht-malignen Zelllinien. Jedoch war die Zelllinie mit der stärksten Expression, gegensätzlich zu den anderen drei miRNAs, eine gesunde Zelllinie. Auch war miR-338-5p, mit Ausnahme von 5637CDDP, in den beiden anderen CDDP-resistenten Zelllinien herabreguliert. Aufgrund der schwachen und nicht signifikanten Korrelationen von miR-338-5p mit den beiden Targetgenen NRP2 und VEGFC konnte keine klare Schlussfolgerung bezüglich der Rolle von miR-338-5p in der Tumorinitiation und –progression gezogen werden.
Weiterhin wurde auch das Verhältnis der intragen liegenden miRNAs zu ihren Hostgenen genauer betrachtet. Dabei waren für miR-128/ARPP21 und miR-338-5p/AATK die Korrelationen jeweils signifikant positiv. Auch zeigten sich ARPP21 und AATK in den BCa- Geweben der TCGA-Datenbank signifikant stärker exprimiert. Das spricht dafür, dass eine Koexpression von miRNA und Hostgen vorliegt. Die Recherche nach weiteren alternativen Targetgenen ergab eine Liste von acht Kandidaten, wovon vier (CPD, EDEM3, EYA4, RELN) eine signifikante Expressionsdifferenz zwischen BCa- und gesunden Urothelgewebe aufwiesen. Diese vier alternativen Targetgene zeigten sich zudem in der Literaturrecherche vielfach in die Karzinogenese und Resistenzbildung diverser Tumorentitäten involviert. Die Korrelationen mit den miRNAs zeigten sich für miR-128/CPD, miR-27a/EDEM3, miR-27a/EYA4, miR-128/EYA4, miR- 27a/RELN, miR-128/RELN und miR-195/RELN signifikant. CPD und EDEM3 zeigten sich in den BCa-Geweben der TCGA-Datenbank höher exprimiert, ebenso wie miR-128 und miR- 27a. Die Ergebnisse der Literaturrecherche und die positiven Korrelationen sprechen dafür, dass miR-128 und miR-27a die Expression von CDP bzw. EDEM3 induzieren und die Tumorinitiation und Tumorprogression fördern könnten. Gegensätzlich dazu stehen die negativen Korrelationen von miR-27a und miR-128 mit NRP2 und VEGFC. Auch die Korrelationen mit EYA4 und RELN zeigten sich jeweils negativ. EYA4 konnte vielfach als Tumorsuppressor identifiziert werden, unter anderem im BCa. Es spricht dafür, dass miR- 27a und miR-128 hier eine onkogene Rolle einnehmen könnten. RELN hingegen wurde in der Literatur vielfach als Onkogen identifiziert. Die negative Korrelation mit miR-27a und miR-128 lässt daher annehmen, dass die beiden miRNAs auch tumorsuppressiv wirken. MiR-195 zeigte jeweils eine positive Korrelation mit NRP2, VEGFC und RELN. Unter der Annahme, dass NRP2, VEGFC und RELN, wie vielfach in der Literatur beschrieben, onkogen agieren, sprechen die positiven Korrelationen dafür, dass miR-195 eine Tumor- fördernde Rolle einnimmt. Die erniedrigte Expression der drei Targetgene und miR-195 in den BCa-Geweben der TCGA-Datenbank widersprechen jedoch dieser Annahme. Abschließend wurden gemeinsame Signalwege der vier ausgewählten miRNAs herausgefiltert. Hierbei ergab sich eine Liste von 77 Signalwegen, welche vielfach in diverse Tumorsignalwege involviert sind, unter anderem in den Signalweg der Karzinogenese des BCa. Insgesamt scheinen miRNAs und ihre Zielgene an den komplexen Mechanismen der BCa- Karzinogenese und -Chemoresistenz beteiligt zu sein, wobei sie sowohl onkogene als auch tumorsuppressive Funktionen ausüben können.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:90021 |
Date | 20 February 2024 |
Creators | Aldejohann-Bunk, Laura |
Contributors | Erdmann, Kati, Hoffmann, Michèle, Technische Universität Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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