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Effekte der neurotrophen Faktoren PEDF und EGF nach experimentellem Hirninfarkt in der Ratte: Histochemische Analyse

Der ischämische Schlaganfall gehört wegen seiner Folgen wie beispielsweise persistierenden Lähmungen und Sprachstörungen bis hin zum Versterben des Patienten angesichts der hohen Inzidenz zu den derzeit sozioökonomisch bedeutsamsten Krankheitsbildern (Ward et al. 2005, Kolominsky-Rabas et al. 2006). Die Möglichkeiten der Akutbehandlung sind trotz intensiver Forschungsbemühungen während der letzten Jahrzehnte nicht zufriedenstellend, da hierfür nur ein vergleichsweise geringer Anteil der Patienten in Frage kommt. Der Einsatz von neuroprotektiven Substanzen stellt eine vielversprechende Option dar, auch wenn bisher kein Neuroprotektivum den regelhaften klinischen Einsatz erreicht hat.
Die vorliegende tierexperimentelle Arbeit an Ratten analysierte den Einfluss der beiden intravenös applizierten Faktoren pigment epithelium-derived factor (PEDF) und epidermal growth factor (EGF) auf die Bestandteile der Blut-Hirn-Schranke (BHS) bei zerebraler Ischämie. Diese Arbeit basiert ganz wesentlich auf der Studie von Pillai et al. (2013), in der intravenös appliziertes PEDF im Schlaganfall-Tiermodell zum Einsatz kam: Beide Faktoren verkleinerten nach einstündigem filamentären Verschluss der Arteria cerebri media und anschließender Reperfusion die mittels Magnetresonanztomographie (MRT) bestimmte ischämische Läsionsgröße. Darüber hinaus führten sie im geschädigten Gebiet - verglichen mit der Kontrollgruppe - zu einer verringerten Ödembildung. Dabei erzielte die Intervention durch PEDF stärkere Effekte gegenüber der Behandlung mit EGF, im Besonderen wurde in der PEDF- Gruppe die weitere Zunahme des Ödems im Infarktareal und dem unmittelbar angrenzenden Gewebe nach 48 Stunden verringert. Beiträge zur Aufklärung hierfür verantwortlicher molekularer Mechanismen durch histochemische Untersuchungen des Hirngewebes waren Ziel der vorliegenden Arbeit.
Hierzu wurde den Tieren das Hirngewebe an Tag 7 nach induziertem Infarkt entnommen und für die immunhistochemische Analyse aufgearbeitet. Mit einem Gefrierschnittmikrotom wurden 30 μm dicke Frontalschnitte der Paraformaldehyd- fixierten Vorderhirnblöcke von 26 Tieren angefertigt. Als Regions of Interest (ROI) innerhalb der Schnitte wurden die striatale Ischämiezone (Infarktkern), eine ipsilateral striatal gelegene, weniger Ischämie-betroffene Zone (Grenzzone), das kontralaterale Striatum (Kontrolle) sowie ein ischämisches Kortexareal festgelegt.
Qualitative Analysen umfassten neben wichtigen zellulären Komponenten der BHS, den Astrozyten und Endothelzellen, auch Mikroglia/Makrophagen sowie das azelluläre Basalmembranprotein Kollagen IV. Alle Versuchsgruppen zeigten eine deutliche Hochregulierung von Kollagen IV im zentralen Infarktgebiet, verglichen mit der kontralateralen Hirnregion. Andere Arbeiten hatten diese Überexpression von Kollagen IV zu früheren Zeitpunkten nach Schlaganfall bereits beschrieben (Beaten und Akassoglou 2011, Ji und Tsirka 2012, Summers et al. 2013); neu ist die Persistenz der Hochregulierung bis mindestens Tag 7 nach fokaler zerebraler Ischämie. Im gleichen Ischämie-beeinflussten Gebiet konnten morphologische Zeichen eines veränderten Aktivitätszustandes von Mikroglia/Makrophagen festgestellt werden. In den Regionen, die nicht direkt von der Ischämie betroffen waren (z.B. dem kontralateralen Striatum), stellten sich ramifizierte Mikrogliazellen in mäßiger Dichte dar. Im Gegensatz dazu akkumulierten amöboide Mikroglia/Makrophagen im Infarktareal. In der Übergangszone zwischen geschädigtem Gewebe und nicht direkt Ischämie-betroffenen Regionen zeigte sich in allen Tieren die Ausprägung einer Astroglianarbe, bestehend aus einer dichten Formation von stark GFAP-markierten Astrozyten.
Bei der semiquantitativen Gegenüberstellung der einzelnen Untersuchungsgruppen wiesen die mit PEDF behandelten Ratten in Relation zur Kontrollgruppe eine um den Faktor 3 geringere Hochregulierung von Kollagen IV im Infarktgebiet auf. Im Areal der Infarktpenumbra war die Intensität des GFAP-Immunsignals der PEDF-Gruppe im Vergleich zur EGF-Gruppe verdoppelt. Darüber hinaus schienen die Faktoren keinen Einfluss auf die Akkumulation/Morphologie von Mikroglia/Makrophagen im Infarktgebiet zu haben. Hervorzuheben ist die in PEDF-behandelten Ratten gegenüber EGF-behandelten Tieren und Kontrolltieren verringerte Kollagen IV-Hochregulierung im Infarktgebiet und die verstärkte Bildung einer GFAP-immunopositiven Astroglianarbe in der ischämischen Grenzzone. Beide Befunde eignen sich zur Erklärung der durch Pillai et al. (2013) erzielten Ergebnisse. Hinweise für den molekularen Mechanismus, der der Verringerung der BHS-Permeabilität zugrunde liegt, finden sich in vorausgegangenen Studien, die einen antiangiogenetischen Effekt von PEDF über eine Abschwächung des VEGF-Pathways beschrieben haben (Dawson 1999, Liu et al. 2004, Zhang et al. 2006). Die Wirkung von intravenös appliziertem PEDF als neuroprotektive Therapieoption des Hirninfaktes benötigt weitere Untersuchungen um die in beiden Arbeiten festgestellten Effekte zu bestätigen. Hierbei erscheint ein Tiermodell sinnvoll, das – analog zur klinischen Situation – rekanalisierende Therapien wie die Thrombolyse oder mechanische Rekanalisation berücksichtigt.
Zusätzliche Mehrfachmarkierungen ermöglichten neue qualitative Aussagen zur zerebralen Ischämie im Rattenmodell, die Ansatzpunkte für weitere Untersuchungen bieten. Die nähere Charakterisierung von Gefäßveränderungen nach fokaler zerebraler Ischämie gelang durch eine Dreifachmarkierung von STL, Kollagen IV und Fibronektin. Hier zeigte sich neben der bereits oben beschriebenen Hochregulation von Kollagen IV auch eine verstärkte Expression von Fibronektin im Bereich des Infarktkerns, kolokalisiert mit STL-markierten Mikroglia/Makrophagen. Das Areal mit deutlicher Fibronektinmarkierung war flächenmäßig erheblich größer als der Kollagen IV-immunpositive Bereich. Die Analyse der Basalmembranbestandteile kann neue Erkenntnisse zum Mechanismus der ischämischen Schädigung der BHS bei fokaler zerebraler Ischämie im Tiermodell liefern und bietet sich möglicherweise als Indikator für das Schädigungsausmaß an.
Darüber hinaus waren im stark Kollagen IV-markierten ischämischen Kernbereich Aquaporin 4 (AQP4)-immunpositive Astrozytenfortsätzen fast vollständig eliminiert. Mit größerer Entfernung vom ischämischen Kern nahm in der Grenzzone die AQP4-Dichte zu, während die Kollagen IV-Immunmarkierung schwächer wurde. Dieser Befund deutet auf eine Regulation der Kollagen IV-Expression durch einen intakten Endothelzell-Astrozytenendfuß-Kontakt hin, der in der Ischämiezone aufgehoben scheint. Ein Verlust von Astrozytenendfuß-Endothelzell-Kontakten im Schlaganfall- Tiermodell wurde in einer vorangegangenen Arbeit bereits beschrieben (Ito et al. 2011). Zudem fanden Kwon et al. (2009) eine positive Korrelation zwischen der Anzahl von intakten Astrozyten-Basalmembran-Kontakten zur Dicke der BM im striatalen Kapillargebiet von Ratten. Darüber hinaus konnten Yang und Rosenberg (2011) zeigen, dass in der frühen Phase der zytotoxischen Ödemformation nach Schlaganfall Tiere mit Deletion von AQP4 eine verringerte Ödembildung aufwiesen, wogegen in einer späteren Phase, in der das vasogene Ödem dominiert, AQP4 als passives Wasserkanalprotein die Beseitigung des Ödems beschleunigte (Zador et al. 2007). Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit legen die pathophysiologische Bedeutung AQP4- positiver Astrozytenfortsätze und ihrer Gefäßkontakte speziell im Periinfarktgebiet nahe, sodass diese Strukturen in weiterführenden Studien hinsichtlich ihrer therapeutischen Modulierbarkeit fokussiert werden sollten.:1 Einleitung
1.1 CharakterisierungdesSchlaganfalls
1.1.1 Begriffsdefinition
1.1.2 Epidemiologie
1.2 Blut-Hirn-Schranke (BHS) und Neurovaskuläre Einheit (NVU)
1.2.1 Zelluläre und azelluläre Bestandteile der BHS
1.2.2 DiffusionundaktiverTransport
1.2.3 ElektrolyteundWasserhomöostase
1.2.4 Astrozyten
1.2.5 MikrogliaundMakrophagen
1.2.6 Perizyten
1.3 PathophysiologiedesSchlaganfalls
1.3.1 PerfusionundexzitatorischeReaktion
1.3.2 Zelluläre und molekulare Mechanismen der Inflammation
1.4 TherapiedesSchlaganfalls
1.4.1 ThrombolysemittelsAlteplase(rtPA)
1.4.2 IntraarterielleBehandlung
1.4.3 Basistherapie
1.5 Experimentelle Grundlagen der vorliegenden Arbeit
2 Zielstellung
3 Studiendesign, Material und Methoden
3.1 Studiendesign
3.2 Material
3.2.1 UntersuchtesGewebe
3.2.2 Chemikalien
3.2.3 Lösungen
3.2.4 Mehrfachmarkierungen
3.3 Methoden
3.3.1 OperativesVorgehen
3.3.2 Behandlung mit EGF und PEDF
3.3.3 Gewebevorbereitung
3.3.4 Fluoreszenzmarkierungen
3.3.5 Ausschlusskriterien
3.4 Auswertung
3.4.1 Fluoreszenzmikroskopie
3.4.2 Semiquantitative Analyse von Kollagen IV, GFAP und Iba
3.4.3 QualitativeAnalysen
4 Ergebnisse
5 Diskussion
5.1 Tiermodell
5.2 OperativesVerfahren;tMCAO
5.3 VEGFundAQP4
5.4 KollagenIVundFibronektin
5.5 DetektionvonAstroglia
5.6 DarstellungvonMikrogliaundMakrophagen
5.7 PEDFundEGFalsNeuroprotektiva
6 Zusammenfassung der Arbeit

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:31277
Date22 August 2018
CreatorsPitsch, Roman
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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