In der Therapie orthopädischer Erkrankungen/Verletzungen gewann in den letzten Jahren das Training im Wasser als aktive Maßnahme an Bedeutung. Auf der Suche nach Möglichkeiten einer frühfunktionellen, aber schonenden Behandlung wurde das Bewegungstraining im Wasser wieder entdeckt (vgl. Froböse/ Nellessen/ Eckey 2003, 211-29).
Innenmoser (2007) betonte, dass therapeutisches Aqua-Jogging geeignet bzw. notwendig ist für Menschen mit Schädigungen, chronischen Krankheiten und mit Beeinträchtigungen bzw. Gefährdungen vor allem der körperlichen Funktionen, aber auch bei Schwächen des Stütz- u. Bewegungsapparats und chronischen Erkrankungen wie Rheuma, Wirbelsäulenschäden und auch bei „Low-Back-Pain“-Patienten.
Der Bewegungsraum Wasser bietet im Vergleich zu Bewegungen an Land, aufgrund seiner besonderen physikalischen Eigenschaften (vgl. hierzu alle zitiert in: Innenmoser 2001, 27: Aschoff 1971; Klauck 1977, 1998; Stegemann 1991; Stuart 2000 u.a.), eine weitestgehende Entlastung des Stütz- und Bewegungsapparates, insbesondere bei Teilnehmern mit stark verändertem Bewegungsbild. Für viele Menschen mit körperlichen Schädigungen sind bewegungstherapeutische Maßnahmen im Wasser die einzige Möglichkeit zur Erhaltung bzw. Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit.
2 Ziele der vorliegenden Untersuchung
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, die möglichen Wirkungen der Aktiven Wassertherapie in Form des therapeutischen Aqua-Jogging nach dem Konzept Innenmoser (2001) bei „chronischen“ Rückenschmerz- Patienten nachzuweisen.
Weil in sportwissenschaftlichen Studien die in klinischen Studien üblichen medizinischen Kontrollverfahren (Röntgendiagnostik, Oberflächen- EMG usw.) nicht zur Anwendung kommen können, wird in dieser Studie versucht, die Wirkungen der „ Bewegungstherapie im Wasser“ über den Weg eines indirekten Schließverfahrens zu ermitteln. Dieses beruht darauf, dass die Wirkungen der Aktiven Wassertherapie sich in einer verbesserten Bewegungsmöglichkeit bzw. einem höheren Bewegungsausmaß der Bewegungen des Rumpfes bzw. der unteren Wirbelsäule dann zeigen, wenn die Personen unmittelbar nach Verlassen des Wassers mit unserem ultraschallgestützten Prüfverfahren kontrolliert werden. Der Vergleich zwischen den Veränderungen der Messwerte bei ausgesuchten Bewegungsaufgaben / Tests im Bereich der Wirbelsäule vor Beginn des Aqua-Joggens und unmittelbar danach wird als Indikator für eine bessernde Wirkung der Bewegungen im Wasser angesehen. Dabei galt es nachzuweisen, dass tatsächlich die Kontrolle am Beckenrand deutlichere Zeichen einer Wirkung der Bewegungen im Wasser erbringen kann, als die zeitlich immer viel später liegenden Laboruntersuchungen.
3 Methodik und Design
In einer kontrollierten prospektiven Studie wurden 11 Probanden im Alter zwischen 41 und 71 Lebensjahren mit chronischen Rückenschmerzen in der Lendenwirbelsäule (Dauer > 2 Jahre) in Rahmen einer Einzelfallstudie (ohne begleitende physiotherapeutische Behandlung) erfasst. Sie nahmen über die Dauer von 14 Wochen ein mal pro Woche an einem Aqua-Jogging-Programm von 60 min Dauer teil. Alle Probanden absolvierten das Trainingsprogramm ausschließlich im Wasser. Neben den Messungen von Mobilität und Schmerz wurden durch Prä-, Post-, Follow-up-Tests und die verlaufsdiagnostische Untersuchung mit Hilfe eines „Befindlichkeitsfragebogens“, auch die subjektiven Einschätzungen von Leistungsfähigkeit, Befinden und Schmerzempfinden ermittelt. Im Labor kamen als ergänzende Parameter die Ermittlung der statischen Körperhaltung und der anthropometrischen Date hinzu. Der alltäglich wechselnde Schmerzzustand der Probanden wurde anhand eines „Tagebuchs“ festgehalten. Die Lendenwirbelsäule-Mobilität wurde mit Hilfe der Bestimmung des „Schoberzeichens“ im Labor in die Analyse mit einbezogen. Die Schmerzvarianten der Personen wurde mit Hilfe einer Befragung (Fragebogen FSR), dem ein Schmerzregulationsmodell zugrunde liegt, am Anfang und am Ende des Aqua-Jogging-Programms und nach dessen Ende im Follow-Up Zeitraum gemessen.
Wichtigste Aufgabe aber waren die Messungen der Bewegungsmöglichkeiten der Lendenwirbelsäule mit Hilfe des Ultraschallmessverfahrens System Zebris am Beckenrand vor und nach dem Aqua-Jogging und dessen Auswertung unter Berücksichtung jedes einzelnen Probanden.
4 Ergebnisse
Die Auswertung der Veränderungen mit dem ultraschalltopografischen Messverfahren nach Zebris in den Verlaufsuntersuchungen ergab bei 8 Probanden eine Verbesserung der LWS Beweglichkeit. Bei 8 Probanden waren auch Verbesserungen im Follow-Up Test im Merkmal Flexion zu sehen. Diese fiel deutlich umfangreicher aus. Bei weiteren 6 Probanden ergaben sich Verbesserungen der Extension im Bereich der LWS. Ebenfalls 6 Probanden konnten die Lateralflexion nach links vergrößern. Nur bei 5 Probanden verbesserte sich die Lateralflexion nach rechts. Bei 5 Probanden war die Rotation nach links besser, während bei 8 Probanden die Rotation nach rechts besser gelang.
6 Probanden verbesserten ihre LWS Beweglichkeit in der Flexion, wenn man das Schoberzeichen als Kriterium heranzog.
Nur 3 Probanden verbesserten ihre FSR- Kompetenz, während 5 Probanden eine geringere Schmerzintensität lt. FSR aufwiesen. 7 Probanden zeigten eine geringere Angst gemäß FSR und bei 7 Probanden verringerte sich die Neigung zu Depression, Die Effekte sind unabhängig von Geschlecht und Chronifizierungsausmaß.
Verallgemeinernd gesehen waren mit Hilfe der ausgewählten Messkriterien eine Verbesserung der Beweglichkeit der Wirbelsäule, eine Linderung der Schmerzen und Steigerung der Lebensqualität zu beobachten. Trainingsbedingt zeigte sich teilweise eine kräftige Beschwerdereduktion (Linderung der Schmerzintensität) und eine relativ deutliche Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Teilnehmer über 60 Jahre zeigen gegenüber jüngeren Teilnehmern einen höheren Beweglichkeitszuwachs der Flexion bei gleicher Schmerzreduktion.
Es wurde eindeutig klar, dass die individuell unterschiedlichen Wirkungen des Aqua-Joggings auf Flexion, Extension, Lateralflexion links und rechts und Rotation links und rechts nur dann sicher erfasst werden können, wenn die Kontrolle tatsächlich am Beckenrand erfolgte. Diese akuten Wirkungen erklärten auch das fast stets gesteigerte Gefühl des Wohlbefindens bei den Probanden und ihre regelmäßig geäußerten Wünsche nach einer Fortsetzung der Trainingsmaßnahmen
5 Schlussfolgerungen
Das Aqua-Jogging bestätigte sich als wirksame Maßnahme im Sinne einer Trainingstherapie. In der untersuchten Stichprobe wurden schon nach kurzer Zeit und im Verlauf der Studie bis zum Ende deutliche positive Veränderungen der Bewegungsmöglichkeiten der Lendenwirbelsäule festgestellt. Dass dies nicht bei allen Probanden bei allen Provokation einheitlich gleich war, lässt sich erklären durch die sehr unterschiedlichen Ausprägungen der Symptome, obwohl alle sicher zur Gruppe der „Low-Back-Pain“-Patienten zu zählen sind. Die Ergebnisse der Untersuchungen und die Durchführung des Trainings unter den festgelegten Bedingungen können weitere Erkenntnisse für effektive Therapiemaßnahmen für Rückenpatienten bringen.
6 Schlussthesen
6.1 Mit Hilfe des Ultraschall-Diagnoseverfahrens (System Zebris) am Beckenrand gelingt es, die unmittelbaren Auswirkungen des Aqua Joggings – repräsentiert durch eine verbesserte Beweglichkeit in Flexion, Extension, Lateralflexion und Rotation der LWS – nach jeder Therapieeinheit nachzuweisen.
6.2 Ein erhöhtes Niveau der Lendenwirbelsäulen–Bewegungsmöglichkeiten und eine Verbesserung der „Schmerzfaktoren“ kann durch ein spezifisches Aqua-Jogging Training erreicht werden. Eine längerfristige Wirksamkeit der Intervention in Form von geringeren Rückbildungsprozessen auf den alten Zustand vor Beginn des Programms konnte am Follow-up-Messzeitpunkt nur teilweise gezeigt werden.
6.3 Alle Teilnehmer der Studie reagierten beim Post Test im Vergleich mit dem Prä-Test – im Sinne der Schmerzreduktion – positiv auf die Teilnahme am Aqua-Jogging. Die Patienten fühlten sich nach dem Aqua Jogging wohler als vor dem Aqua-Jogging.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-134567 |
Date | 24 February 2014 |
Creators | Rahmannejad, Hossein |
Contributors | Universität Leipzig, Sportwissenschaftliche Fakultät, Prof. Dr. Jürgen Innenmoser, Prof. Dr. Maren Witt |
Publisher | Universitätsbibliothek Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
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