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Intrazelluläre Stressmechanismen in Fibroblasten von Patienten mit myotoner Dystrophie

Die myotone Dystrophie ist eine autosomal dominant vererbte, multisystemische Erkrankung mit skelettmuskulärem Fokus und wird in zwei Untergruppen eingeteilt, die myotone Dystrophie Typ I (MD1), verursacht durch eine CTG-Trinukleotidexpansion im DMPK-Gen auf Chromosom 19, und die myotone Dystrophie Typ II (MD2), verursacht durch eine Tetranukleotidexpansion im CNBP-Gen auf Chromosom 3. Die Nukleotidexpansionen akkumulieren als mRNA intranukleär und tragen über die Beeinflussung des alternativen Splicings von über 30 Genen zum Erkrankungsmechanismus bei. Daneben akkumulieren die mRNA-Repeats im Zytoplasma und induzieren über die Repeat-assoziierte-non-AUG-Translation (RAN-Translation) die Akkumulation aberranter Proteine. Wenngleich die Patienten der MD2 einen milderen Krankheitsverlauf erleben, zeigen sie ein erhöhtes Auftreten von Autoimmunerkrankungen. In der Pathogenese der Autoimmunerkrankungen spielt die durch Interferon-Typ-I vermittelte Immunreaktion eine wichtige Rolle. In der AG Günther konnte eine erhöhte Expression interferonstimulierter Gene und die erhöhte Expression von Markern des Stresszustandes des endoplasmatischen Retikulums in Fibroblasten von MD2-Patienten nachgewiesen sowie die erhöhte Prävalenz von Autoimmunerkrankungen in MD2 gezeigt werden. Die Auswertung serologischer Parameter im Rahmen dieser Arbeit erlaubte eine klinische Charakterisierung der Patienten und ergab einen positiven Zusammenhang zwischen Höhe der Myoglobin-Konzentration im Serum und Länge der CCTG Repeats. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass die zytoplasmatischen RNA-Repeats über die RAN-Translation und Akkumulation aberranter Proteine zur Induktion von ER-Stress führen, welcher über die gemeinsame Kontaktflächen der Mitochondrien-assoziierten Membranen (MAMs) in die Mitochondrien übertragen wird. Im Rahmen des mitochondrialen Stresszustandes könnte es zu einer Freisetzung mitochondrialer DNA und zur Aktivierung des zytosolischen DNA-Rezeptors cGAS und einer nachfolgenden Expression von Interferon und Interferon-stimulierten Genen kommen, die für das vermehrte Auftreten der Autoimmunerkrankungen verantwortlich sind. Zur Überprüfung der Hypothese sollte nach Analyse der Proteinexpression der ER-Stress-Marker eIF2α und peIF2α eine Hemmung der ER-Stressreaktion vorgenommen werden. Die anschließende Untersuchung des mitochondrialen Stresszustandes und die Unterbrechung der MAMs sollte Aufschluss über die Rolle der Mitochondrien in der Pathogenese der Autoimmunität liefern. In dieser Arbeit konnte die erhöhte Expression des ER-Stressmarkers peIF2α nach Stressinduktion in Fibroblasten von MD2-Patienten gezeigt werden. Dies könnte auf eine Sensibilisierung des Signalweges im Rahmen eines chronischen Stresszustandes hinweisen. Der Versuch einer Behandlung der Fibroblasten mit Ursodesoxycholsäure (UDCA), einem chemischen Chaperon, mit Ziel der Suppression der ER-Stressreaktion erzielte keine Reduktion der Expression der ER-Stressmarker unter Nativniveau. Nach Stimulation des ER-Stresses konnte mit UDCA-Vorbehandlung dennoch die Reduktion auf Nativniveau erzielt werden. Zur Analyse des mitochondrialen Stresszustandes wurde eine Färbung mit Mitotracker-Farbstoffen und anschließender Durchflusszytometrie und eine Messung der reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) vorgenommen, welche ein verringertes mitochondriales Membranpotential und eine erhöhte ROS-Expression in den MD2-Fibroblasten ergaben und mit einem mitochondrialen Stresszustand einhergehen könnten. Nach Unterbrechung der räumlichen Verbindung zwischen ER und Mitochondrium durch die Herunterregulation des gemeinsamen Strukturproteins PERK konnten Hinweise auf eine verringerte ROS-Expression in den MD2-Fibroblasten gefunden werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit unterstützen die Hypothese der Funktion der mitochondrialen Stressreaktion in den Fibroblasten der MD2-Patienten, wenngleich die Autoimmunität-vermittelnden Mechanismen noch Gegenstand weiterführender Untersuchungen sein sollten.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:90255
Date03 June 2024
CreatorsEberl, Nadia
ContributorsGünther, Claudia, Lee-Kirsch, Min Ae, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relationhttps://doi.org/10.1038/s41467-024-45535-1

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