Die hier vorgelegte Doktorarbeit wurde der Untersuchung der elektronischen und chemischen Eigenschaften von Flüssigkeiten und Lösungen mittels weicher Röntgenstrahlen gewidmet. Die verwendeten Photonen-rein-Photonen-raus Methoden, namentlich Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS), Röntgenemissionsspektroskopie (XES) und resonante inelatische Röntgenstreuung (RIXS) stellten sich als exzellente Methoden heraus, diese Systeme zu untersuchen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine experimentelle Anlage gebaut, welche notwendig ist um die genannten Messmethoden zur Untersuchung von Flüssigkeiten zu nutzen. Zentraler Teil dieser Anlage ist eine neuartige Durchflussnasszelle, die die Handhabung der Messungen im Vergleich zu älteren Nasszellen vereinfacht. Dabei ist sie variabel genug, um sie zur Messung von Gasen oder Flüssig-Fest-Grenzflächen anzupassen. Mit der Zelle ist es möglich, die zu untersuchenden Flüssigkeiten unter gut kontrollierten Bedingungen (Temperatur und Durchfluss) zu untersuchen. Die Durch-flussnasszelle ist Teil einer neuen Synchrotronendstation (SALSA). Für die Messungen stehen dabei ein Elektronenanalysator und ein neuartiges hochauflösendes, hocheffizientes Weichröntgenspektrometer zur Verfügung. Mit diesem Spektrometer ist es möglich, zweidimensionale RIXS Karten in sehr kurzer Zeit (wenige Minuten) aufzunehmen, welche die vollständige Information von Röntgenabsorption und Röntgenemission beinhalten. Mit Hilfe der neu entwickelten Instrumentierung war es möglich, eine Reihe unterschiedlicher Flüssigkeiten und Lösungen zu untersuchen. Als erstes System wur-den wässrige NaOH bzw. NaOD Lösungen erforscht. Die nicht-resonanten Emissionsspektren sind stark von dem genutzten Lösungsmittel dominiert und haben daher Ähnlichkeit mit den Spektren von Wasser und schwerem Wasser. Es war möglich, eine Abhängigkeit der Spektren von der Ionenkonzentration festzustellen. Trotz der Ähnlichkeit der Spektren zu Wasserspektren war es aufgrund eines OH- / OD- spezifischen Charakteristikums an der Absorptionskante möglich, resonante Spektren von OH-/OD- ohne Beitrag des Spektrums von Wasser zu erhalten. Diese Spektren zeigten Anzei-chen für Protonendynamik auf der Zeitskala der Rumpflochlebensdauer. Für die Emissionsspektren von NaOH im festen Zustand konnten an der hochenergetischen Hauptline eine niederenergetische und hochenergetische Schulter festgestellt werden. Diese Schultern sind das Ergebnis des Eigendissoziationsprozesses von OH- Ionen, bei welchem O2- Ionen und H2O gebildet werden. Weiterhin waren die Untersuchungen an Natronlauge von Interesse für die folgenden Aminosäurenmessungen, da Natronlauge genutzt wurde, um die gewünschten pH-Wert Änderungen zu erreichen. Die zweite Gruppe von Flüssigkeiten, die in dieser Arbeit untersucht wurde, sind Aminosäuren. Aminosäuren sind die Bausteine für Peptide und Proteine und da-mit sehr wichtig für alle Biowissenschaften. Als Vertreter der Aminosäuren wurden Glycin – die kleinste Aminosäure, und Lysin – eine Aminosäure mit zwei Amingruppen – untersucht. Beide Aminosäuren reagieren sensibel auf Änderungen des pH-Wertes mit einer Deprotonierung/Protonierung der Amingruppe (NH2 ↔ NH3+). In den experimentellen Spektren konnte ein deutlicher Einfluss dieser Prozesse gefunden werden. Die gemessenen Spektren der protonierten Aminosäuren zeigen deutliche An-zeichen für Dissoziationsprozesse. Erste DFT Rechnungen bestätigten diese Anzeichen und unterstützen das Dissoziationsmodell der Aminosäuren. Qualitativ lässt sich sagen, dass sich die hochenergetische Linie in den N K XES Spektren auf die unprotonierten Amingruppen bezieht und der niederenergetische Bereich im Spektrum den protonierten Gruppen zugeordnet werden kann. Neben Aminosäuren sind auch Alkohole und organische Säuren von Bedeutung für biologische Prozesse. Daher wurden als Vertreter aus diesen Gruppen der einfachste Alkohol (Methanol) und die einfachste Säure (Essigsäure) untersucht. Die O K und C K XES Spektren von flüssigem Methanol stimmen hervorragend mit Gasphasen DFT Rechnungen überein. Dies lässt den Schluss zu, dass der Einfluss der Umgebung (Wasserstoffbrückenbindungen) auf die Spektren gering ist. Durch resonante Anregung in geeignete unbesetzte Orbitale war es möglich, die zwei unterschiedlichen Sauerstoffatome der Essigsäure zu unterscheiden und auch einen Anhaltspunkt für die Carboxylgruppen-spezifischen C K XES Spektren zu bekommen. An der Kohlenstoffkante zeigten die XAS Spektren große Unterschiede zu Gasphasenmessungen, was ein Hinweis auf den Einfluss der Wasserstoffbrückenbindungen ist. Die Untersuchung der elektronischen und chemischen Eigenschaften von Flüssigkeiten und Lösungen ist immer noch ein sehr junges Forschungsgebiet. Die Ergebnisse dieser Doktorarbeit zeigen, welch interessantes Forschungsgebiet dies ist. Die vorgestellten Ergebnisse können als die grundlegende Basis für alle weiteren Untersuchungen in diesem Forschungsfeld angesehen werden. / This thesis was dedicated to the studies of the electronic and chemical properties of liquids and solutions using soft x-ray spectroscopies. The used photon-in-photon-out methods namely x-ray absorption spectroscopy (XAS), x-ray emission spectroscopy (XES), and resonant inelastic x-ray scattering (RIXS) appeared to be an excellent choice for these studies. In the framework of this thesis, the necessary experimental setup for using the above mentioned experimental techniques on liquids was developed. Hereby, a new flow-through liquid cell was introduced which simplifies the studies of liquids and solutions. The cell design is very flexible and thus can be modified for gases and liquid/solid interfaces. With this cell it is possible to study the samples under well-controlled conditions (temperature and flow rate). The novel flow-through liquid cell is part of the new SALSA synchrotron endstation including an electron analyzer and a novel high-resolution, high-transmission soft x-ray spectrometer. The latter makes it possible to measure two-dimensional RIXS maps in a very short time, which include the full excitation and emission information in one plot. Making use of the new instrumentation, a variety of different liquids and solutions were investigated. As first system, aqueous solutions of sodium hydroxide (NaOH) and sodium deuteroxide (NaOD) were investigated. In the XAS as well as in the XES spectra a pronounced concentration dependence was found. At non-resonant energies, the spectra are dominated by the solvent and thus look similar to water. Making use of the pre-pre-edge in the absorption spectra which can exclusively be attributed to OH- / OD- it was possible to extract the resonant emission spectra of the ions which show an indication for proton dynamics during the core-hole lifetime. For the solid state NaOH XES spectra it was possible to reveal a high energetic shoulder and a low energetic shoulder at the high energy emission feature. These shoulders can be assigned to self-dissociation processes where OH- forms O2- ions and H2O. The study of NaOH was also of interest for the studies of the amino acids, which were in the focus of the next part, since the pH-values of the respective solutions were controlled by NaOH. In the next part of this thesis, amino acid solutions were investigated. Amino acids are the building blocks of peptides and proteins and thus important for life science. The investigated representatives were glycine, the simplest amino acid, and lysine, an amino acid with two amine groups. Both amino acids react on pH-value changes at the amine group where the local environment at the nitrogen atom changes (NH2 ↔ NH3+). A strong change of the spectra induced by this protonation/deprotonation could be found. Furthermore, for low pH-values (protonated amine groups) the amine groups are influenced by strong proton dynamics. First DFT calculations confirm the dissociation model of the amino acids. Qualitatively the high energy peak in the N K XES spectra can be attributed to the deprotonated amine group and the low energy area for the protonated amine group. Besides amino acids, alcohols and acids are important in biological processes. Therefore, the smallest alcohol (methanol) and the smallest carboxylic acid (acetic acid) were under investigation. For the liquid methanol XES spectra a very good agreement with DFT calculations of gas phase methanol could be found. This observation suggests that the influence of the environment (hydrogen bonding) on the spectra is small. The achieved spectra are in good agreement with DFT calculations found in literature. It was possible to selectively excite the two non-equivalent oxygen atoms in acetic acid and to reveal the carboxyl specific C K XES. The carbon XAS spectra showed strong differences compared to gas phase measurements which might be a hint for the influence of the hydrogen bond network. The investigation of the electronic and chemical properties of liquids and solutions is a very young field of research and the results presented in this thesis show that it is a very interesting topic. The presented results can be seen as the fundamental frame work for all following studies. With the understanding of basic, i.e., simple, systems as shown in this work it will be possible to understand complex biological systems in their native environment, e.g., peptides and proteins, which are the building blocks of life.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-wuerzburg.de/oai:opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de:3535 |
Date | January 2009 |
Creators | Blum, Monika |
Source Sets | University of Würzburg |
Language | English |
Detected Language | English |
Type | doctoralthesis, doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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