Entladungsbasierte Elektronenquellen mit Kaltkathode waren gegen Ende des 19. Jahr hunderts weithin genutzte Forschungswerkzeuge und ermöglichten die Entdeckung des Elektrons und der Röntgenstrahlung. In jüngster Zeit erfahren sie erneutes Interesse in Wissenschaft und Industrie, motiviert durch ihre Fähigkeit, Elektronenstrahlen hoher Leistung für Produktionsprozesse (wie das Schweißen, die Materialverdampfung in der Vakuum beschichtung oder die Vakuum-Schmelzveredlung in der Metallurgie) basierend auf einem robusten Design sowie einfachen Versorgungs- und Steuerungssystemen zu erzeugen. Entladungsbasierte Elektronenquellen könnten also eine wirtschaftlich attraktive Alternative zu den gegenwärtig noch etablierten Elektronenstrahlkanonen mit Glühkathoden bieten.
Trotz der langen Geschichte und vieler empirischer Ansätze, Gasentladungen zur Elektronenstrahlerzeugung für diverse Anwendungen zu nutzen, sind die bestimmenden Mechanismen bei dieser Art von Elektronenquellen immer noch unzulänglich verstanden. Es war deshalb das Ziel der für die vorliegende Dissertation durchgeführten experimentellen und theoretischen Arbeiten, nicht nur die technologischen Potentiale und Limitierungen entladungsbasierter Elektronenstrahlquellen zu untersuchen, sondern auch die Kenntnis grundlegender physikalischer Effekte zu verbessern.
Analysiert wurden zunächst verschiedene, im Fraunhofer FEP vorhandene Kaltkathoden-Strahlquellen, die - ungeachtet der Tatsache, dass sie für unterschiedliche Anwendungen konstruiert wurden - sämtlich auf demselben Funktionsprinzip beruhen:
Innerhalb des Gerätes wird eine Hochspannungs-Glimmentladung (HSGE) unterhalten. Ionen erfahren im Kathodenfall einen Energiezuwachs, treffen auf die Kathode und setzen dort Sekundärelektronen frei. Diese Elektronen werden in Richtung des Plasmas be schleu nigt und verlassen schließlich die Strahlquelle, um am Prozessort die beabsichtigte Wirkung zu erzielen.
Zur Optimierung der Stabilität der die Ionen produzierenden Entladung, der Effizienz der Strahlerzeugung sowie der Strahlleistungsdichte und Kathodenlebensdauer wurden verschiedene Kombinationen von Kathodenmaterialien und Plasma-Arbeitsgasen experimentell untersucht. Die Abhängigkeit der Ausdehnung des Kathodenfalls von Strom und Spannung der Entladung wurde gemessen und konnte durch ein analytisches Modell erklärt werden.
Emittanz und Richtstrahlwert sind wichtige Kenngrößen zur Charakterisierung der Qualität von Elektronenstrahlen. Beide wurden in dieser Arbeit für den Elektronenstrahl einer HSGE-basierten Kaltkathoden-Schweißstrahlquelle bestimmt, wobei zwei Ansätze verfolgt wurden: Zum einen konnte die Emittanz aus der Randstrahlgleichung gewonnen werden, die den experimentell beobachteten Verlauf des Strahldurchmessers entlang der Ausbreitungsachse analytisch beschreibt. Zum anderen wurde die Emittanz anhand des aus der numerischen Simulation berechneten Phasenraumprofils ermittelt.
Eine Kernaufgabe dieser Arbeit war es, Software-Werkzeuge zur Simulation der Strahl erzeugung in verschiedenen geometrischen Konfigurationen zu entwickeln und zu validieren, mit denen künftig die Konstruktion und Optimierung neuer entladungsbasierter Strahlerzeuger unterstützt werden sollte. Da kommerziell verfügbare Programme zur Simulation der Erzeugung und Führung von Elektronenstrahlen grundlegende Effekte plasma basierter Quellen, wie z. B. die Raumladung der Ionen oder die ioneninduzierte Sekundär elektronen-Freisetzung, nicht berücksichtigen, wurde für diese Arbeit eine neue Herangehensweise favorisiert: „Particle-in-Cell“ (PIC)-Algorithmen werden in der Plasma forschung üblicherweise zur Modellierung von Entladungen sowie zum Studium nichtlinearer Probleme, wie z. B. Instabilitäten, verwendet. Deshalb wurde nun eine PIC-Simulations umgebung zur Modellierung der HSGE und der damit verbundenen Strahlerzeugung entwickelt. Die Simulation reproduziert experimentelle Ergebnisse, wie etwa die Charakteristik der Entladung, die Emittanz des Strahls oder die Ausdehnung des Kathodendunkelraums, in befriedigender Weise.
Schließlich wurde im Rahmen dieser Arbeit eine entladungsbasierte Elektronenstrahlquelle neuen Typs entwickelt und charakterisiert, die die Einfachheit der bekannten Kaltkathoden-Strahler und vorteilhafte Leistungsparameter, z. B. eine hohe Strahlleistungsdichte und niedrige Arc-Rate, wie sie bisher nur mit traditionellen Glühkathodenstrahlern erreichbar waren, in sich vereinigt. Die Kathode bestand aus LaB6 - einem Material, das sowohl eine hohe Sekundärelektronen-Ausbeute als auch eine niedrige Austrittsarbeit aufweist - und wurde gegen die Halterung thermisch isolierend montiert. Dadurch kann sie von Ionen aus einer HSGE auf hohe Betriebstemperaturen geheizt werden und in erheblichem Maße thermisch freigesetzte Elektronen emittieren. Neben technisch nützlichen Gebrauchs eigenschaften weist diese so genannte „Hybrid-Kathode“ auch ein physikalisch interessantes Verhalten auf. Einige neuartige Effekte, die von Entladungen mit kalten Kathoden nicht bekannt waren, konnten beobachtet und erklärt werden, wie z.B. die auffällige „N-förmige“ Druck-Strom-Charakteristik, die bei plötzlicher Abschaltung der Entladung nur langsam und ungleichmäßig abklingende Elektronenemission, die Limitierung des erreichbaren Strahl stromes und eine Fülle von Kathodenverschleiß-Mechanismen. Physikalische Modelle zur Beschreibung verschiedener Aspekte der Hybridkathoden-Entladung wurden erarbeitet und mit den experimentellen Befunden verglichen. / Discharge-based, cold-cathode electron sources were routinely used as research tools at the
end of the 19th century and facilitated then the discovery of the electron and of the x-rays. In recent time, they experience a renewed interest in science and industry due to their capability of generating high power electron beams for production processes (like welding,
evaporation of materials for vapor deposition, and vacuum melt refining in metallurgy) relying on rugged mechanic designs as well as simple supply and control systems. Hence, discharge-based electron sources could provide an economically attractive alternative to the currently established electron beam guns with thermionic cathodes.
Despite the long history and many empirical trials to utilize electron beam generation by gas discharges in several applications, the mechanisms governing this kind of electron sources are far from being well understood. Therefore, it was the purpose of the theoretical and experimental work performed for this thesis not only to investigate in the technological potentials and limitations of discharge-based electron beam guns but also to improve the knowledge of physical basic effects.
At first, several cold-cathode beam sources existing at Fraunhofer FEP were analyzed. Regardless that they were designed for different applications, all were based on the same function principle: A high-voltage glow-discharge (HVGD) is sustained inside the device. Ions gain energy in the cathode fall, hit the cathode and release secondary electrons. These electrons will be accelerated towards the plasma then and can finally leave the beam source to perform the desired action at the process site.
In order to optimize stability of the ions generating discharge, efficiency of the beam generation, beam power density and longevity of the cathode, different combinations of cathode materials and plasma forming gases have been investigated experimentally. The dependence of the cathode dark space width on current and discharge voltage was measured and could be explained by an analytic model.
Emittance and brightness are important measures which quantify the quality of electron beams. In this work, both were determined for the beam originating from a HVGD based cold-cathode electron gun designed for welding following two approaches: First the emittance could be extracted from the envelope equation which analytically describes the evolution of the experimentally observed beam diameter along the propagation axis. Second the emittance was calculated from numerically simulated traces in the phase space.
It was a core purpose of this work to develop and validate software tools capable of simulating the beam formation in various geometric configurations. This task was aimed at supporting the design and optimization of new discharge-based beam sources. Since commercially available software for modeling electron beam generation and transport do not consider the key mechanisms of plasma-based sources like the ion space charge or the ion-dependent production of free electrons, a new attempt was favored for this work:
Particle-in-Cell (PIC) are being used in plasma research for studying nonlinear problems like instabilities. Therefore, a PIC simulation environment was utilized to numerically model the HVGD and the related beam generation. The simulation satisfactorily reproduces experimental findings, like the characteristics of the discharge, the emittance of the beam or the cathode dark space dimension.
Finally, a discharge-based electron-beam sources of a new type was developed and characterized in the frame of this work. It merges the simplicity of known cold cathode devices with beneficial performance parameters, like high beam power density and low arcing rate, which have been reached so far with traditional thermionic electron sources only. The cathode of the new beam source consists of LaB6 - a material with a high secondary electron yield and a low thermionic work function - and was mounted thermally insulated against the holder. Then, an elevated operation temperature resulting in considerable thermionic emission was maintained by ions extracted from a HVGD. Besides to technically advantageous features, this so called “hybrid“ cathode mode of beam generation shows a physically interesting behaviour. Several new effects - not known from traditional cold-cathode discharges - could be observed, like a peculiar “N-shaped“ appearance of the pressure-current characteristic, the slowly and irregularly decreasing electron emission after a sudden discharge cutoff, a limitation of achievable beam current, and a multitude of possible cathode wear mechanisms. Physical models describing various features of the hybrid cathode discharge were elaborated and compared with the experimental findings.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:14-qucosa-88973 |
Date | 19 June 2012 |
Creators | Feinäugle, Peter |
Contributors | Technische Universität Dresden, Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik, E-Prozesse, Professor Wolfhard Möller, Professor Eberhard Schultheiß, Dr. Gösta Mattausch, Professor Wolfhard Möller, Dr. Eberhard Schultheiß |
Publisher | Saechsische Landesbibliothek- Staats- und Universitaetsbibliothek Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
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