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Bewertung verschiedener Methoden des Schmerzmanagements anhand ethologischer Merkmale während der Behandlung von Klauenlederhaut - Läsionen bei weiblichen Merinofleischschafen

Einleitung
Der Evaluierung und Behandlung von Schmerzen beim Nutztier wird eine große Bedeutung für die Bewertung des Tierwohls zugeschrieben. Produktionsbedingt werden Schafe schmerzhaften zootechnischen Maßnahmen ausgesetzt. Zusätzlich können sie krankheitsbedingt schmerzhafte Zustände, wie die Dermatitis interdigitalis contagiosa (Dinco) entwickeln. Da sich Schmerz beim Tier nicht direkt erfassen lässt, werden seine Auswirkungen auf physiologische, biochemische und ethologische Prozesse ermittelt. Die Beurteilung von Verhalten durch erfahrene Beobachter liefert gute Ergebnisse für die Evaluierung von Schmerzen. Beim Schaf ist die Erkennung von Schmerz eine klinische Herausforderung, denn als potenzielles Beutetier tendiert es instinktiv dazu, diesen nicht zu zeigen. Wiederkäuer sind nicht für eine routinemäßige Applikation einer Allgemeinanästhesie geeignet. Techniken der Lokalanästhesie eignen sich auch aus ökonomischer Sicht besonders gut. Für Eingriffe an der distalen Gliedmaße beim Schaf ist die retrograde intravenöse Stauungsanästhesie (RIVA) eine beschriebene Methode, um die Zehe zu betäuben. Bisher hat sie beim Schaf noch keine breite Anwendung in der Praxis gefunden.
Ziel
Ziel der Studie war, Verhaltensmerkmale zu identifizieren, mit denen Schafe akute und chronische Schmerzen zum Ausdruck bringen. Zusätzlich wurde überprüft, welche der beobachteten Verhaltensmerkmale sich eignen, den durch Manipulationen am Tier verursachten Stress zu identifizieren. Darüber hinaus sollte die Durchführbarkeit, Sicherheit und Wirksamkeit der RIVA überprüft werden. Es sollte weiterhin ermittelt werden, ob das Schmerzmanagement durch die Kombination aus RIVA und Sedation verbessert werden kann und ob sich diese Methode positiv auf das postoperative Wohlergehen auswirkt.
Tiere, Material und Methoden
Die Tierversuchsanzeige der Studie wurde durch das Landesverwaltungsamt in Sachsen-Anhalt geprüft und unter AZ 42502-3-734 bestätigt. Es wurden 36 Merinofleischschafen mit Dinco und 12 gesunde Kontrolltiere eingeschlossen. Bei den Tieren wurde das Verhalten während der Behandlung der Läsionen unter verschiedenen Methoden des Schmerzmanagements (RIVA, Sedation mit Xylazinhydrochlorid + RIVA, Placebo) oder alleiniger Klauenpflege (Kontrolle) erfasst. Die Beurteilung schloss zusätzlich auch die Zeit prä- sowie postoperativ in der Herde ein. Die beobachteten Merkmale wurden mit numerischen Scores bewertet und die Ausprägung zwischen den Tieren der vier Gruppen verglichen. Die Auswertung erfolgte mit SAS, 2012 durch Nutzung eines generalisierten linearen gemischten Modells (GLMM) unter Annahme einer Bernoulli-Verteilung. Die numerische Umsetzung erfolgte innerhalb der Prozedur MCMC. Die Einhaltung der vorgegebenen Irrtumswahrscheinlichkeit (p=0,05) der multiplen Vergleiche wurde durch eine Bonferroni-Korrektur gesichert.
Ergebnisse
Die deutlichsten Hinweise auf das Vorliegen chronischer Schmerzen lieferten Merkmale wie Entlastungshaltung (p≤0,05), Trippeln (p≤0,05) und Veränderungen im Gangbild (p≤0,05). Erkrankte Schafe setzten häufiger Harn ab (p≤0,05). Vermehrtes Zähneknirschen trat bei diesen Tieren nur stressassoziiert vor der Behandlung auf (p≤0,05). Während der Behandlung konnten Merkmale wie Wedeln mit dem Schwanz (p≤0,05) und gesteigerte Abwehrbewegungen (p≤0,05) als Ausdruck akuten Schmerzes identifiziert werden. Das Schlagen mit dem Kopf schien vor allem stressassoziiert durch die Rückenlage aufzutreten. Die RIVA konnte erfolgreich durchgeführt werden. Bei zwei Tieren kam es zu lokalen Veränderungen im Bereich der Applikationsstelle und des Stauschlauches, die vollständig abheilten. Eine Reduktion (p>0,05) der Abwehrbewegungen während der Behandlung belegt die Wirksamkeit der RIVA. Es ist davon auszugehen, dass die RIVA-Tiere aufgrund des Handlings in Rückenlage vergleichbar viel Stress empfunden haben wie die Placebo-Tiere. Eine Sedation führte zusätzlich zur Reduktion der Ausprägung schmerz- und stressassoziierter Merkmale. Postoperativ entlasteten die Tiere der Behandlungsgruppen die betroffene Gliedmaße signifikant häufiger (p≤0,05) als die gesunden Tiere.
Schlussfolgerung
Die ausgewählten Merkmale erwiesen sich als geeignet, Schmerzen im Bereich der Gliedmaße beim Schaf zu identifizieren. Die Beurteilung erfordert allerdings die Beobachtung durch eine trainierte Person. Die RIVA ist eine einfach durchführbare und sichere Methode der Schmerzausschaltung an der Zehe von Schafen. Eine zusätzliche Sedation reduziert die Stress- und Schmerzantwort. Dieses Management hat zudem einen positiven Effekt auf das postoperative Wohlergehen der Tiere. Dennoch wurde deutlich, dass das überprüfte Management nicht ausreichend ist, um den postoperativen Schmerz vollständig zu behandeln. Eine weitere Komponente im multimodalen Schmerzmanagement ist daher erforderlich und muss Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.:1 Einleitung
2 Literaturübersicht
2.1 Schmerz bei Mensch und Tier
2.1.1 Nozizeption und Schmerzempfinden
2.1.1.1 Schmerzeigenschaften
2.1.1.2 Sensibilisierung
2.1.2 Schmerz und Stress
2.2 Erfassung von Schmerz und Stress beim Tier
2.2.1 Ethologie
2.2.1.1 Erfassung ethologischer Merkmale
2.2.1.2 Schmerzverhalten beim Schaf
2.3 Schmerzmanagement in der Nutztierhaltung
2.3.1 Anästhesie und Analgesie beim kleinen Wiederkäuer
2.3.1.1 Retrograde intravenöse Stauungsanästhesie
2.3.1.2 Arzneimittelrechtliche Aspekte
2.3.2 Multimodales Schmerzmanagement
2.4 Dermatitis interdigitalis contagiosa (Moderhinke) als Schmerzmodell
2.5 Schlussfolgerung aus der Literaturrecherche und Zielstellung
3 Publikation 1
4 Publikation 2
5 Diskussion
5.1 Ziel und Ergebnisse der Studie
5.2 Erfassung ethologischer Merkmale
5.2.1 Einfluss des Beobachters
5.2.2 Einfluss von Stress
5.2.3 Wertung der Merkmalserfassung
5.2.4 Fazit
5.3 Schmerzmanagement
5.3.1 Lokalanästhesie mit Procainhydrochlorid
5.3.2 Xylazinhydrochlorid
5.3.3 Kombination aus Sedation mit Xylazinhydrochlorid und Lokalanästhesie mit Procainhydrochlorid
6 Zusammenfassung
6.1 Einleitung
6.2 Ziel
6.3 Tiere, Material und Methoden
6.4 Ergebnisse
6.5 Schlussfolgerung
7 Summary
7.1 Introduction
7.2 Objective
7.3 Animals, Material and Methods
7.4 Results
7.5 Conclusion
8 Literaturverzeichnis
9 Danksagung

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:70909
Date05 June 2020
CreatorsFieseler, Helena
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/acceptedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relationhttp://dx.doi.org/10.15653/TPG-180029, http://dx.doi.org/10.1055/a-0947-8428

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