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Zwischen Politik und Fachlichkeit: Historiker und Archivare im Wissenschaftssystem der DDR

Die Arbeit soll einen Vergleich des Berufsalltags der DDR-Historiker mit dem der Berufsgruppe der DDR-Archivare darbieten. Dazu richtet sie ihren Blick auf zehn Fachvertreter. Um diese Repräsentanten biografisch in das Wissenschaftssystem der DDR einordnen zu können, wird ein Abriss der Lebensverläufe, unter Einteilung in drei Generationskategorien, vorangestellt (Kapitel 4.1.1. bis 4.1.4.).
Als Fachvertreter wurden die fünf Historiker Fritz Klein (1924–2011), Horst Bartel (1928–1984), Alfred Meusel (1896–1960), Jürgen Kuczynski (1904–1997) und Leo Stern (1901–1982) sowie die fünf Archivare Friedrich Beck (1927), Karlheinz Blaschke (1927), Heinrich Otto Meisner (1890–1976), Willy Flach (1903–1958) und Hellmut Kretzschmar (1893–1965) ausgewählt. Diese Personen verbindet ein hoher gesellschaftlicher Stellenwert innerhalb ihrer Zunft, sie waren an den meisten zentralen Forschungsprojekten der DDR-Geschichtswissenschaft bzw. Archivwissenschaft beteiligt und besaßen eine Vielzahl von gemeinsamen Arbeitsbereichen (vgl. Kapitel II).
Für die Arbeit werden zwei Fragestellungen leitend sein: Wie waren beide Berufsgruppen institutionell im politischen System der DDR verankert (Kapitel 4.2.) und inwieweit bestanden Beziehungsverflechtungen innerhalb und zwischen beiden Berufsgruppen (Kapitel 4.3.)? Die erste Forschungsfrage widmet sich der Problematik, inwiefern eine Privilegierung der einen Berufsgruppe gegenüber der anderen bestand und ob sich berufsgruppenspezifische Unterschiede ausmachen lassen. Zudem wird erörtert, in welchem Umfang die fachliche Organisation erfolgen konnte. Um die Politisierung beider Zünfte nachzuvollziehen, werden die Bildung und der Ausbau der zentralen Einrichtungen des jeweiligen Fachbereichs (4.2.1. und 4.2.2.) sowie die fachspezifischen Veränderungen in der Wissenschaftspolitik der SED erörtert. Die zweite Forschungsfrage (4.3.) vergleicht die Beziehungsverflechtungen beider Berufsgruppen für den Zeitraum von Mitte der 1950er Jahre, als die Einrichtung vieler wissenschaftlicher Institutionen als abgeschlossen galt, bis zur Friedlichen Revolution 1989 miteinander.
Dass ein Informationsaustausch zwischen den Vertretern beider Gesellschaftswissenschaften der DDR auf verschiedenen kommunikativen Ebenen vorzufinden ist, wird vorausgesetzt, da sich viele Biografien von Historikern mit denen der Archivare überschneiden. Es blieben vermutlich berufliche Kontakte aus der Vorkriegszeit, Freundschaften, die während der Ausbildungszeit geknüpft wurden, oder Verbindungen, die in Kriegsgefangenschaft entstanden sind, in der DDR bestehen und wurden gepflegt. Um diese Arten des Informationsaustauschs voneinander zu unterscheiden, werden für diese Forschungsfrage drei Kategorien analysiert: Die erste Unterteilung beschäftigt sich mit den Beziehungen im Hochschulbereich (4.3.1.). Darin werden die Auseinandersetzungen zwischen Hochschulmitarbeitern und dem Hochschulapparat der DDR in den Krisenjahren 1953, 1956 und 1961 (a–c) behandelt. Die zweite Kategorie wendet sich den beruflichen Verbindungen in den Redaktionskollegien wissenschaftlicher Fachblätter zu (4.3.2.). Dafür wurden die Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (a), die Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung (b) und die Archivmitteilungen (c) ausgewählt. Die letzte Kategorie beinhaltet die Bekanntschaften auf Kongressen und Tagungen (4.3.3.), die durch die Historikertage des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD) und der Historikergesellschaft der DDR (a) vertreten sind. Als Pendant werden die Archivtage des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA) und die archivischen Arbeitstagungen in der DDR (b) fokussiert. Einen eigenständigen Archivverband hat es in der DDR erst 1989, und nur für wenige Monate, gegeben.
Durch diese Einteilung erhofft sich die Autorin Rückschlüsse, ob in einem der beiden Berufszweige ein stärkerer oder schwächerer sozialer Austausch vorhanden war und ob engere Kontakte zwischen den Berufsgruppen bestanden. Anhand der gewonnenen Informationen kann bestenfalls der Berufsalltag der beiden Fachbereiche rekonstruiert und die Funktionsweisen politischer Steuerungsinstrumente am einzelnen Individuum aufgezeigt werden. Im Anschluss an die beiden Forschungsfragen erfolgt ein Resümee (Kapitel V), in dem eine Gegenüberstellung der Ergebnisse aus den Einzelanalysen vorgenommen wird.
Der zeitliche Rahmen der Studie umfasst drei Phasen:
die des Aufbaus des sozialistischen Staates (1949–1955), die der Konsolidierung des neuen Systems (1955–1961) und die stabilisierende Reformphase (1961–1971). Diese zeitlichen Abschnitte beinhalten gesellschaftliche und politische Umbrüche der DDR, welche die beiden Fachdisziplinen prägten.:Inhalt
Einleitung ..................................................................................................................1
I. Forschungsstand .............................................................................................7
II. Methodisches Vorgehen .....................................................................................13
III. Abriss über die Wissenschaftspolitik der DDR .................................................. 18

IV. Beziehungsstrukturen zwischen Historikern und Archivaren der DDR ............. 36
4.1. Generationsmodell und biografischer Überblick.............................................. 36
4.1.1. Einteilung der Berufsgruppen der Historiker und Archivare nach dem
Ordnungsmodell der Generation ........................................................................... 36
4.1.2. Biografien der Vertreter der ersten Generation – Alfred Meusel,
Hellmut Kretzschmar, Heinrich Otto Meisner ........................................................ 39
4.1.3. Biografien der Vertreter der zweiten Generation – Leo Stern,
Jürgen Kuczynski, Willy Flach ................................................................................47
4.1.4. Biografien der Vertreter der dritten Generation – Fritz Klein, Horst Bartel,
Karlheinz Blaschke, Friedrich Beck ........................................................................56

4.2. Institutionelle Einbindung beider Berufsgruppen in die
Gesellschaftsordnung der DDR ............................................................................ 64
4.2.1. Bildungseinrichtungen und hochschulpolitische Regularien in der
Geschichtswissenschaft ....................................................................................... 64
4.2.2. Bildungseinrichtungen und verwaltungspolitische Regularien im Archivwesen ............................................................................................................................... 75

4.3. Beziehungsstrukturen innerhalb und zwischen beiden Berufsgruppen ......... 91
4.3.1. Universitäts- und Hochschulbereich............................................................ 92
a) Auseinandersetzungen zwischen Hochschulmitarbeitern und dem
Hochschulapparat der SED während der Ausschreitungen im Juni 1953 ............ 94
b) Auseinandersetzungen zwischen Hochschulmitarbeitern und dem
Hochschulapparat der SED während der Debatten nach dem XX. Parteitag der
KPdSU 1956 ....................................................................................................... 106
c) Auseinandersetzungen zwischen Hochschulmitarbeitern und dem
Hochschulapparat der SED nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 ................ 116
4.3.2. Redaktionskollegien wissenschaftlicher Fachblätter ................................ 130
a) Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfG) .................................................. 132
b) Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung (BzG) ................................... 151
c) Archivmitteilungen (AM) .................................................................................. 161
4.3.3. Kongresse und Tagungen.......................................................................... 178
a) Historikertage des Verbandes der Historiker und Historikerinnen
Deutschlands (VHD) und der Historikergesellschaft der DDR ............................ 179
b) Archivtage des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA)
und die archivischen Arbeitstagungen in der DDR ............................................. 194

V. Resümee ......................................................................................................... 210
Anhang
Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................... 219
Verzeichnis ungedruckter Quellen ...................................................................... 221
Verzeichnis der zitierten Literatur ....................................................................... 224

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:84757
Date18 April 2023
CreatorsGleiniger, Bianca
ContributorsMatzerath, Josef, Schmeitzner, Mike, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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