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Bimanuelle Hemi-Intensiv-Therapie bei Kindern mit Unilateraler Cerebralparese und Spiegelbewegungen: Effekt und Konsequenzen für die Rehabilitation

Hintergrund: Viele Kinder mit Unilateraler Cerebralparese (USCP) zeigen unfreiwillige Mitbewegungen der jeweils anderen Hand, während intentionaler einhändiger Bewegungen der anderen Hand, die sogenannten Spiegelbewegungen. Diese Spiegelbewegungen haben unabhängig von dem Grad der einhändigen Beeinträchtigung einen negativen Effekt auf die Ausführung von beidhändigen Alltagsaktivitäten. Der Aspekt der Spiegelbewegungen wurde bisher in der Therapie der USCP jedoch wenig berücksichtigt.

Fragestellung/Hypothesen: Ziel des Studie war es eine zielgerichtete, beidhändige Therapie bei Kindern und Jugendlichen mit Spiegelbewegungen hinsichtlich ihres Effektes auf eine Reduktion der Spiegelbewegungen selbst sowie den negativen Einflusses dieser auf die Ausführung von Alltagstätigkeiten zu überprüfen. Dazu wurden folgende Hypothesen formuliert:
Hypothese 1:
Es kommt nach der Intervention zu einer signifikanten Verbesserung und erhöhten Zufriedenheit in der Ausführung von geübten beidhändigen Alltagsaktivitäten, die durch die Spiegelbewegungen negativ beeinflusst sind.
Hypothese 2:
Die Therapie führt zu einer generellen messbaren Reduktion des Ausmaßes der Spiegelbewegungen nach der Intervention.
Hypothese 3:
Die erreichten Verbesserungen bleiben auch sechs Monate nach der Intervention bestehen.

Material und Methode: Zwölf Kinder (Alter: 6-17 Jahre, Mittelwert 11,3 Jahre; SD 4,4 Jahre) mit USCP (MACS Level I-III) und Spiegelbewegungen nahmen an einer dreiwöchigen Hemi-Intensiv Therapie (60 Stunden Therapie inkl. täglicher Aufgaben zur Eigenübung) teil. Zu Beginn wurden gemeinsam mit dem Kind zwei beidhändige, von den Spiegelbewegungen negativ beeinflusste Aktivitäten ausgewählt, für die ein unabhängiges asymmetrisches Bewegen beider Hände nötig war. Die im Anschluss durchgeführt Therapie war strikt beidhändig mit Fokus auf dem unabhängigen Bewegen beider Hände. Es wurde ein multimodales Therapiekonzept mit folgenden Ansätzen angewandt: beidhändiges Shaping, Training von Fertigkeiten sowie der Alltagsaktivität selbst, modifiziertes beidhändiges Training mit dem Armeo Spring pediatric, modifizierte funktionelle Elektrostimulation, Cognitive orientation to daily occupational performance (CO-OP) sowie Hilfsmittel und Adaption. Zudem wurden beidhändige Aktivitäten in der Gruppe angeboten. Neben der Testung vor (T1) und nach der Intervention (T2) wurde sechs Monate (T3) nach der Intervention eine erneute Testung durchgeführt, um die Effekte zu evaluieren.

Ergebnisse: Es konnten zehn Teilnehmer in die Datenauswertung eingeschlossen werden. Sechs Monate nach der Intervention blieben erreichte Verbesserungen signifikant bestehen in der Ausführung der beiden beidhändigen Alltagsaktivitäten (Goal Attainment Scale (Wilcoxon T1-T3: p= 0.004)) und dem Canadian Occpuational Performance Measure (Wilcoxon T1-T3:p= 0.005). Ebenso konnte gezeigt werden, dass die generelle bimanuelle Performanz sich über den Messzeitraum statistisch signifikant verändert (rmMANOVA: AHA: T1=53 T3=58 logit-basierte units, p = 0.002, partielles η² = .664) wobei sich die unimanuelle Kapazität nicht signifikant ändern (JTHFT p = 0.110, partielles η² = 0.259) ebenso wie die Zeit, die benötigt wird um 5 definierte Alltagstätigkeiten auszuführen (p = 0.305 partielles η² = 0.166 ). Keine Veränderungen konnten in der Intensität der Spiegelbewegungen (T1: Median npH= 40% des Drucks der aktiven Hand. pH =9%; T2: Median npH =59 %, pH=11 % des Drucks der aktiven Hand), anhand einer künstlichen Testsituation bei der ein Gummiball mit der einen Hand gehalten werden sollte während ein identischer Ball repetitiv mit der anderen Hand gedrückt werden sollte, gemessen werden.

Schlussfolgerung: Zusammenfassend ergibt sich, dass eine beidhändige, zielgerichtete Therapie zu einer signifikanten Verbesserung der Ausführung der geübten asymmetrischen, beidhändigen Alltagsaktivitäten führt. Diese sind unabhängig von Veränderungen der unimanuellen Kapazität. Diese sehr deutlichen Verbesserungen lassen sich auch in zu einem gewissen Ausmaß auf anderen Alltagsaktivitäten als die beiden Beübten generalisieren, da sich eine signifikante Verbesserung in der bimanuellen Performanz (gemessen mit dem AHA) ergab. Hypothese 1 sowie Hypothese 3 für die Ausführung beidhändiger Alltagsaktivitäten wurden bestätigt. Jedoch konnte keine generelle Reduktion der Spiegelbewegungen in einer künstlichen Testsituation (Druckaufgabe analog zu Kuhtz-Buschbeck 2000) dargestellt werden. Die Hypothese 2 wurde mit den vorliegenden Ergebnissen nicht bestätigt. Die Verbesserungen in der Ausführung der bimanuellen Alltagsaktivitäten ergaben sich demnach nicht durch eine generalisierte Reduktion der Spiegelbewegungen sondern wahrscheinlich durch den erlernten Umgang der Kinder mit diesen. Es kann geschlussfolgert werden, dass Kinder mit Spiegelbewegungen möglicherweise von einem Training profitieren, welches den Fokus auf den Erwerb von Strategien zum Umgang mit den Spiegelbewegungen in der Ausführung von Alltagstätigkeiten legt, anstatt auf die generelle Reduktion der Spiegelbewegungen.

Kritisch zu betrachten ist die geringe Teilnehmerzahl sowie die Inhomogenität der Gruppe bzgl. des Alters sowie des Ausmaßes der Läsion. Eine TMS-Untersuchung war nur bei einem Teil der teilnehmenden Kinder möglich, so dass keine sichere Aussage über den Reorgnisationstyp aller Teilnehmer gemacht werden kann. Rückschlüsse der Wirksamkeit der Intervention bei unterschiedlichen Reorganisationstypen ipsilateral vs. kontralateral vs. bilateral können daher nicht gezogen werden. Nicht untersucht wurde in der vorliegenden Studie welche Strategien von den Teilnehmern genutzt wurden, um den Einfluss der Spiegelbewegungen zu hemmen und mit diesen während der Ausführung der Spiegelbewegungen umzugehen. Diese sowie die in dieser Pilotstudie gezeigten Ergebnisse sollten mit einer größeren Teilnehmergruppe unter Einbezug einer Kontrollgruppe mit einer herkömmlichen Intensiv-Therapie wie CIMT weiter untersucht werden.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:30838
Date05 March 2018
CreatorsHartl-Adler, Caroline
ContributorsMehrholz, Jan, von der Hagen, Maja, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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