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Beeinflussung der Phagozytose von Pneumokokken durch Mikrogliazellen mit Anticholinergika / Influence of Anticholinergics on Phagocytosis of Pneumococcus by Microglial Cells

Streptococcus pneumoniae ist der häufigste Erreger bakterieller Meningitiden. Eine Pneumokokken-Meningitis führt trotz Ausschöpfung aller heute verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten in 25 % der Fälle zum Tod. Steigende Antibiotikaresistenzen und die Limitation verfügbarer Vakzine auf einige Serotypen von S. pneumoniae erfordern neue Ansätze in der antimikrobiellen Therapie. Cholin-bindende Proteine (CBPs) sind gemeinsames Merkmal aller Pneumokokkenstämme und für die Virulenz dieses Bakteriums essenziell. Durch Zugabe potenter Anticholinergika können die CBPs von der Bakterienoberfläche abgelöst und damit inhibiert werden.
In dieser Arbeit wurde untersucht, ob durch Inhibition von CBPs während des Wachstums der Pneumokokken deren Phagozytose durch Mikrogliazellen in vitro gesteigert werden kann. Während ihres Wachstums wurden die Bakterien dazu mit potenten Anticholinergika inkubiert und am Ende ihrer exponentiellen Wachstumsphase auf murine Mikrogliazellen gegeben.
Nicht alle eingesetzten Anticholinergika konnten die Inhibition der CBPs – angezeigt durch die Bildung langer Kokkenketten – bewirken, obwohl für sie alle eine hohe Affinität zu den CBPs in früheren Arbeiten nachgewiesen worden war.
Ipratropium, das in höheren Konzentrationen das Pneumokokkenwachstum inhibiert, induzierte in den von uns eingesetzten niedrigen Konzentrationen weder die Bildung von Ketten noch führte es zu einer erhöhten Phagozytoseleistung.
Mit DMAE funktionalisiert zeigten PAMAM-Dendrimere der 1. Generation ebenfalls keine Inhibition der CBPs: Es bildeten sich weder Kokkenketten noch zeigte sich eine erhöhte Bakterienaufnahme der Mikroglia. Im Gegensatz dazu stellte sich unter Einfluss von PPI-g2-DMAE neben ausbleibender Kettenbildung ein dosisabhängiger phagozytosehemmender Effekt dar.
Einzig durch Co-Inkubation mit dem mit Cholin funktionalisierten PPI-Dendrimer der 2. Generation gelang die Inhibition der CBPs mit resultierender Bildung langer Ketten. Die Phagozytoseleistung zeigte eine dosisabhängige Steigerung sowohl für eine CoInkubation während der gesamten exponentiellen Wachstumsphase als auch nach Co-Inkubation während ihrer letzen 2 Stunden.
Dennoch konnte im Sepsismodell der Maus durch intraperitoneale Injektion dieses Dendrimers 15 min vor Infektion mit S. pneumoniae kein protektiver Effekt erzielt werden: Zwischen den mit Dendrimeren behandelten Tieren und denen der Kontrollgruppe zeigten sich keine Unterschiede in Überlebenszeit und Sterblichkeit, dem krankheitsbedingten Gewichtsverlust, dem klinischen Score und der durch Ausplattieren von Milzhomogenaten ermittelten Keimkonzentration im Blut infektionsbedingt verstorbener Tiere.
Die von uns eingesetzten Konzentrationen von Ipratropium scheinen für eine Inhibition der CBPs nicht ausgereicht zu haben. Der bislang nicht genau geklärte wachstumsinhibitorische Effekt, der sich in unseren Versuchen bereits ab 5 mM bemerkbar machte, könnte jedoch durch Inhalation von Ipratropium gezielt zur Prophylaxe von Pneumokokken-Pneumonien genutzt werden.
Bei an Dendrimere gekoppelten, eigentlich potenten Liganden der CBPs konnte beobachtet werden, dass sie als Teil des Dendrimers ihre Affinität gegenüber den CBPs nicht nur deutlich verändern, sondern auch unerwartete Effekte (Verminderung der Phagozytose) hervorrufen können. Wegen der raschen Elimination scheint die einmalige Gabe eines potenten Dendrimers zur Inhibition der CBPs in vivo nicht auszureichen und erklärt das Versagen im Sepsismodell. Neuere Untersuchungen zur Distribution im Hirnparenchym nach intraventrikulärer oder subarachnoidaler Injektion lassen hoffen, dass durch Gabe subtoxischer Dosen die von uns beobachtete Phagozytosesteigerung in vivo reproduzierbar ist.
Durch Inhibition der CBPs ist es möglich, die Virulenz aller Serotypen des Pneumokokkus stark zu reduzieren. Potente Inhibitoren könnten sowohl als Therapeutikum als auch zur Infektionsprophylaxe eingesetzt werden, ohne dass es dabei zur Ausbildung von Resistenzen kommt, da zeitgleich mehrere Virulenzfaktoren inhibiert werden. Es ist daher von großem medizinischen Interesse, Inhibitoren der CBPs zu entwickeln, die in subtoxischen Dosen eine hohe Affinität zu den CBPs aufweisen und diese inhibieren.

Identiferoai:union.ndltd.org:uni-goettingen.de/oai:ediss.uni-goettingen.de:11858/00-1735-0000-0022-6097-2
Date08 January 2014
CreatorsRiegelmann, Jörn
ContributorsNau, Roland Prof. Dr.
Source SetsGeorg-August-Universität Göttingen
Languagedeu
Detected LanguageGerman
TypedoctoralThesis

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