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Kristallzüchtung eisenbasierter Pniktidverbindungen

Die Entdeckung der eisenbasierten Supraleiter, eine neue Klasse der Hochtemperatur-Supraleiter, erregte weltweit große Aufmerksamkeit. Durch intensive Untersuchungen an dieser Materialklasse sehen viele Wissenschaftler die Möglichkeit, weitere Anhaltspunkte für mikroskopische Modelle der Hochtemperatur-Supraleitung zu erhalten, deren Ursprung auch nach intensiver Forschung in den letzten zwei Jahrzehnten noch nicht vollständig geklärt werden konnte. Voraussetzung dieser Untersuchungen ist die Züchtung reiner, möglichst defektfreier Kristalle. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, den Bereich der Kristallzüchtung eisenbasierter Supraleiter wissenschaftlich zu untersuchen.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit ausgewählten Kristallzüchtungsverfahren zur Herstellung eisenbasierter Supraleiter. Dabei waren neben der Optimierung von Prozessparametern zur reproduzierbaren Probenherstellung weitere Schwerpunkte, die Untersuchung von Schmelz- und Erstarrungsprozessen des Materials sowie die Charakterisierung gezüchteter Kristalle hinsichtlich ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften.
Der erste Teil dieser Arbeit führt wesentliche Ergebnisse der Kristallzüchtung von BaFe2As2 sowie der Cobalt-substituierten Verbindung Ba(Fe1-xCox)2As2 mit xNom = 0.025, 0.05, 0.07, 0.10 und 0.20 auf. Hierzu wurde eine Versuchsdurchführung für das vertikale Bridgman-Verfahren konzipiert, mit welcher erfolgreich Kristalle dieser Zusammensetzungen gezüchtet wurden. Das Erreichen einer hohen Probenqualität konnte durch verschiedene physikalische Untersuchungen nachgewiesen werden. In den Cobalt-substituierten Verbindungen wurden durch Messungen der Suszeptibilität sowie des spezifischen Widerstandes Supraleitung mit Sprungtemperaturen von bis zu 26.1 K bzw. 27.3 K für Kristalle mit xNom = 0.07 (xEDX = 0.09) beobachtet. Durch verschiedene Versuchsdurchführungen konnten optimale Prozessparameter für das Bridgman-Verfahren ermittelt werden. Dabei wurden unter anderem verschiedene Tiegelmaterialien hinsichtlich ihrer Eignung als Schmelztiegel getestet. Demnach sind Materialien aus Al2O3 vorzugsweise einzusetzen. Die durchgeführten EDX-Analysen an gezüchteten Kristallen belegten eine gute Übereinstimmung der Zusammensetzungen mit den nominalen Einwaagen sowie eine homogene Verteilung des Cobalt-Substituenten. Die rasterelektronenmikroskopischen sowie thermoanalytischen Untersuchungen zum Schmelz- und Erstarrungsverhalten von BaFe2As2 brachten neue Erkenntnisse hervor, welche in der bisher verfügbaren Literatur noch nicht diskutiert wurden. So konnte eine horizontale Schichtung des Materials im Schmelztiegel während des Aufschmelzens der Ausgangsmaterialien beobachtet werden. Dabei nimmt eine Fe-reiche Schmelze infolge einer Schwerkraftseigerung den unteren Tiegelbereich ein. Eine Ba-reiche Schmelze befi ndet sich aufgrund dessen im oberen Tiegelbereich. Die Erstarrungsbahnen dieser unterschiedlichen Schmelzbereiche müssen danach unabhängig voneinander betrachtet werden. Dabei setzt mit dem Absenken des Schmelztiegels aus der heißen Zone in den kühleren Bereich der Bridgman-Anlage zunächst in der Fe-reichen Schmelze des unteren Tiegelbereichs die Ausbildung höher schmelzender BaFe2As2-Primärphasen ein. Nach weiterem Absenken des Tiegels wird die Erstarrungstemperatur von BaFe2As2 bei T ~ 1330 °C auch im oberen Tiegelbereich erreicht, wodurch dort schlagartig die Keimbildung dieser Phase in der Ba-reichen Schmelze einsetzt und ein kongruentes Erstarrungsverhalten von BaFe2As2 bestätigt. Die Keimbildung findet dabei heterogen an verschiedenen Nukleationspunkten der Tiegelwand sowie an BaFe2As2-Primärphasen statt. Das Wachstum der Kristalle erfolgt daraufhin entgegen dem Temperaturgradienten, so dass diese schlussendlich mit ihrer ab-Ebene nahezu parallel orientiert zur Tiegelwand vorliegen. Bei weiterer Abkühlung kristallisiert schließlich die Fe-reiche Schmelze im unteren Tiegelbereich aus. Das dabei erstarrende Gefüge zeichnet sich durch primäre Fe2As-Mischkristalle sowie einem Eutektikum aus Fe2As und ff-Fe aus. Obwohl die Keimbildung und das Kristallwachstum der BaFe2As2-Phase nicht in der Tiegelspitze einsetzt, stellt das Bridgman-Verfahren eine vorteilhafte Methode dar, mittels des eingestellten Temperaturgradienten die Ba-reiche Schmelze im oberen Tiegelbereich gerichtet erstarren und die Kristalle weitestgehend orientiert im Tiegel wachsen zu lassen. Des Weiteren ist es mit dem Bridgman-Verfahren möglich, das Schmelz- und Erstarrungsverhalten des Materials zu analysieren. Hierzu bieten die in diesem Teil der Arbeit erzielten Ergebnisse eine gute Grundlage für weitere Untersuchungen.
Der zweite Teil dieser Arbeit enthält wesentliche Ergebnisse zur Kristallzüchtung von LiFeAs sowie der Nickel-substituierten Verbindung Li1-δFe1-xNixAs mit xNom = 0.015, 0.025, 0.05, 0.06, 0.075 und 0.10. Hierfür wurde erfolgreich eine Versuchsdurchführung für das Schmelz fluss-Verfahren entwickelt.
Untersuchungen bezüglich geeigneter Schmelztiegel belegten, dass Materialien aus Al2O3 zur Kristallzüchtung dieses Materialsystems geeignet sind, jedoch ist das Aufbringen einer inerten BN-Innenschicht für das Vermeiden heftiger Reaktionen unerlässlich. Mithilfe der ICP-OES-Analysen von gezüchteten Kristallen der Nickel-substituierten Verbindung konnten signi kante Abweichungen in den Lithium-Gehalten festgestellt werden. Dabei konnten drei Probentypen unterschieden werden, die sich je nach Lithium-Gehalt supraleitend (Li ~ 1.04), komplex paramagnetisch (Li ~ 0.97) oder ferromagnetisch (Li ~ 0.64) verhielten. Dieses Verhalten stellte sich dabei unabhängig vom Nickel-Gehalt ein.
In den ferromagnetischen Proben wurden mittels der ICP-OES-Analysen neben einem deutlichen Lithium-Unterschuss von ~ 0.64 auch höhere Eisen-Gehalte von ~ 1.22 ermittelt. Diese Beobachtungen wurden durch Analysen an ferromagnetischen Proben der Zusammensetzung Li1-yFe1+yAs mit yNom = 0.02, 0.20 und 0.25 unterstützt, bei denen gleichermaßen ein leichter Lithium-Unterschuss von ~ 0.94 sowie erhöhte Eisen-Gehalte von ~ 1.07, ~ 1.11 und ~ 1.12 festgestellt wurden. Ob diese Beobachtungen signi kant sind, ist in weiteren Untersuchungen zu klären. In den Nickel-substituierten Verbindungen wurde ferromagnetisches Verhalten für Proben mit einem deutlichen Lithium-Unterschuss (Li ~ 0.64) beobachtet. Hingegen führten in Li1-yFe1+yAs mit yNom = 0.02, 0.20 und 0.25 bereits geringfügige Abweichungen im Lithium-Gehalt (Li ~ 0.94) zu ferromagnetischem Verhalten. Möglicherweise sind mit der Substitution von Eisen durch Nickel höhere Abweichungen des Lithium-Gehalts von der stöchiometrischen Zusammensetzung nötig, um Ferromagnetismus im System LiFeAs zu induzieren. Genauere Interpretationen der bisherig gewonnenen Ergebnisse sind nur durch weiterführende chemische Analysen sowie Strukturuntersuchungen möglich.
In der vorliegenden Arbeit konnte aufgezeigt werden, dass mit den konzipierten Versuchsanordnungen eine erfolgreiche Kristallzüchtung eisenbasierter Supraleiter möglich ist. Jedoch sind die thermodynamischen Phasendiagramme, als unabdingbare Hilfsmittel für die Kristallzüchtung der untersuchten Materialsysteme, in ihrer Komplexität noch nicht eindeutig verstanden. Hierfür sowie für weitere Untersuchungen bietet die vorliegende Arbeit eine gute Grundlage.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:26294
Date15 November 2012
CreatorsNacke, Claudia
ContributorsWurmehl, Sabine, Büchner, Bernd, Skrotzki, Werner, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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