In der vorliegenden Dissertation werden medizintheoretische Aspekte einer Arzneimittelentwicklung aus Gold, Weihrauch und Myrrhe aufgearbeitet, wobei es sich um eine Heilmittelgruppe handelt, welche in den 1950er Jahren durch den anthroposophischen Arzt und Heilpädagogen Karl König (1902 – 1966) entwickelt und als „Substanz Thalamos“ bezeichnet wurde. Bemerkenswert ist hierbei der aufwändige pharmazeutische Herstellungsprozess, welcher zwischen König und dem anthroposophischen Pharmazeuten Rudolf Hauschka (1891 – 1969) gemeinsam entwickelt wurde. Die drei Ausgangsstoffe werden im Herstellungsverfahren mit Hilfe rhythmischer Wärmeprozesse ineinandergefügt, was Karl König bemerkenswerterweise als „Synthese“ bezeichnete. Außerdem wurden Variationen entwickelt, indem zum einen die „Ausgangssubstanz Thalamos“ in verschiedenen Potenzstufen und Darreichungsformen hergestellt wurde. Zum anderen wurden Kompositionen mit weiteren Ausgangsstoffen entwickelt: mit Belladonnawurzel als auch mit einem Zusatz aus dem Zwischenhirn des Kaninchens. Karl König und zwei seiner ärztlichen Mitarbeiter Hans Heinrich Engel und Hans Müller-Wiedemann veröffentlichten eine als vorläufig bezeichnete Darstellung dieser Heilmittelentwicklung im Jahre 1956 („Über schwere Kontaktstörungen im Kindesalter und deren Behandlung mit der Substanz Thalamos“). Eine geplante ausführlichere Publikation blieb durch die Autoren aus. Auch auf dem Gebiet der Anthroposophischen Medizin und Pharmazie fand bislang keine wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Arzneimittelentwicklung statt. Der Herstellungsprozess wird in dieser Arbeit detailliert beschrieben; hieran anknüpfend wird die Frage verfolgt, mit welcher Absicht dieses Verfahren genau so entwickelt wurde und was mit der metaphorischen Bezeichnung „Synthese“ gemeint ist. Die Beschreibung und Erläuterung dieses Herstellungsprozesses unter phänomenologischen Gesichtspunkten führt zur Untersuchung des von König genannten Indikationsspektrums kindlicher Kontaktstörungen. Den Hintergrund von Königs Forschungen beinhaltet das ganzheitliche Menschenbild Rudolf Steiners (1861 – 1925), Königs eigene Definition von „Heilpädagogik “ sowie das Konzept der Klassischen Homöopathie. Mit Hilfe von Texten aus dem Karl König Archiv wird Königs diagnostischer Ansatz geklärt, aus welchem sich das Indikationsspektrum der genannten Heilmittelgruppe ergibt. Dieses bezieht sich auf unterschiedliche Formen von Kontaktstörungen. Es handelt sich um eine breite Gruppe von Symptomen auf der körperlichen Ebene, im Bereich der Sinnesprozesse und -verarbeitung sowie im sozial-emotionalen Bereich. Die untersuchten Archivtexte zeigen auf, wie sich König von etablierten Diagnosebegriffen löste; er arbeitete mit einem beweglichen System an Symptomkomplexen bzw. er erstellte Syndrombegriffe. Die beiden von König verwendeten Termini „Post-Encephalitis“ und „Prä-Psychose“ werden von ihm als gegenläufige Syndrome mit Kontaktstörungen charakterisiert. In der Arbeit werden diese Termini aus ihrem historischen Kontext heraus geklärt und aus dem inhaltlichen Zusammenhang der Archivtexte heraus begrifflich neu definiert. Weiter wird Königs ideengeschichtlicher Hintergrund erläutert; hier werden an Hand von Archivtexten seine Rezeption der Ausführungen Rudolf Steiners zu den drei Weisen aus dem Morgenland und ihren Gaben sowie zur Weltentwicklung herausgearbeitet. In den hierzu untersuchten Archivtexten zeichnen sich weitere Inspirationsquellen Königs zu der vorgestellten Heilmittelentwicklung ab. Vor der Anwendung dieser Heilmittelgruppe an Kindern mit besonderen Bedarfen und multiplen Störungsbildern erfolgte durch Karl König und Kollegen ein mehrstufiges Prüfungsverfahren; dieses diente nicht einem „Arzneimittelzulassungsverfahren“ im modernen Sinne, sondern verfolgte die Absicht, das Indikationsspektrum und die Wirkungsweise näher einzugrenzen. Genannt wird von König und seinen Kollegen die Durchführung einer sog. „Homöopathischen Arzneimittelprüfung“; das Verfahren und die gemachten Schlussfolgerungen werden hier eingehend und kritisch untersucht. Es erfolgt weiter ein Vergleich des Herstellungsprozesses der „Substanz Thalamos“ mit den heute erhältlichen Nachfolgepräparaten „Myrrha comp.“ bzw. „Myrrha comp. D8/Belladonna, Radix D10 aa“ mit jenen anderer Arzneimittel aus Gold, Weihrauch und Myrrhe der Anthroposophischen Medizin („Aurum comp.“, „Olibanum comp.“) sowie den jeweils abweichenden Herstellungsverfahren und verschiedenen Indikationsgebieten. Es wird abschließend der Gedanke aufgegriffen, inwiefern unterschiedliche Herstellungsprozesse zu abweichenden Wirkungsweisen zu führen scheinen (und sich hieraus eine abweichende Indikation ergibt). Weitere Untersuchungen könnten hier zum tieferen Verständnis beitragen und die implizierte Hypothese auch im Blick auf die Abgrenzung gegenüber anderen Gold-Weihrauch-Myrrhe-Arzneimitteln erhärten, welche ein deutlich abweichendes Verarbeitungsfahren aufweisen.:I. Einleitung
Methodik
Einordnung der Arzneimittelentwicklung in die Biographie Karl Königs
II. Hauptteil
Theoretische Denkmodelle als Ausgangsbasis für die Heilmittelsuche
Königs von der Anthroposophie geprägtes Menschenbild
Königs Verständnis von Heilpädagogik
Diagnose und Krankheitsbild: Voraussetzung für eine spezifische Behandlung
Die Gestalt in der Heilpädagogischen Diagnose
Die Entwicklungszeit des Individuums in der Heilpädagogischen Diagnose
Die ‚nosologische Einheit‘ als Symptom-Spektrum
Medizinische Begriffe im Rahmen der Heilpädagogik
Das Gespräch zwischen Ich und Welt auf der Sinnesebene
Die Verbindung der ‚nosologischen Einheit‘ mit klinischen Diagnosen
„Post-Encephalitis“ bzw. „Königsches Syndrom“
„Prä-Psychose“
Der Verlust der Mitte – der „auseinandergerissene Atem“
Außermedizinische Impulse für die Medikamenten-Neuschöpfung
Die Gaben der Heiligen Könige im Neuen Testament und bei Rudolf Steiner
Goethes Märchen ‚von der grünen Schlange und der schönen Lilie‘
Die Ausgangsstoffe für die Medikamente
Gold – Mittler zwischen „Licht und Schwere“
Die Baumharze Weihrauch und Myrrhe – Erzeuger der Erwärmung
Weihrauch
Myrrhe
Zusammenspiel der beiden Harze
Der Herstellungsprozess der „Substanz Thalamos“
Pharmazeutische Prozesse
Gold, Weihrauch und Myrrhe in ihrer Beziehung zum Bild des Menschen
Die „Substanz Thalamos“ als Synthese
Thalamos I, II und III
Nachfolgepräparate der „Substanz Thalamos“: „Myrrha comp.“und
„Myrrha comp. D8/Belladonna, Radix D10 aa“
Weitere Arzneimittel aus Gold, Weihrauch und Myrrhe
Vergleich verschiedener Formen von Substanzgemeinschaften
Tabellarische Übersicht der heute erhältlichen
Gold-Weihrauch-Myrrhe-Arzneimittel
Prüfung und Anwendung der ‚Substanz Thalamos‘
‚in vitro‘-Verfahren
Beobachtungen an gesunden Probanden
Beobachtungen an Patienten
III. Diskussion
IV. Schlussbetrachtung und Ausblick
V. Zusammenfassung
VI. Summary
VII. Literaturverzeichnis
VIII. Verzeichnis der verwendeten Archivalien
IX. Danksagung
X. Erklärungen
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:92838 |
Date | 09 August 2024 |
Creators | Tobis, Almut |
Contributors | May, Christian Albrecht, Hildebrandt, Sven, Technische Universität Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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