Die supraleitenden Eigenschaften von komplexen Materialsystemen, wie den erst kürzlich entdeckten Eisen-Pniktiden oder den Strontium-Ruthenaten, sind oftmals durch das Zusammenspiel vieler elektronischer Orbitale bestimmt. Um die Supraleitung in derartigen Systemen besser zu verstehen, entwickeln wir in dieser Arbeit eine Multi-Orbital-Implementierung der funktionalen Renormierungsgruppe und untersuchen die Elektronenpaarung in verschiedenen charakteristischen Materialverbindungen. In den Eisen-Pniktiden finden wir hierbei mehrere Spinfluktuationskanäle, die eine Elektronenpaarung hervorrufen, sofern die Paarwellenfunktion einen Vorzeichenwechsel zwischen den verschiedenen genesteten Bereichen der Fermifläche aufweist. Abhängig von den spezifischen Materialeigenschaften, wie der Dotierung oder der Position des Pniktogenatoms, führen diese Spinfluktuationen dann zu $s_{\pm}$-wellenartiger Paarung mit durchgängiger Energielücke oder mit Knoten auf der Fermifläche. In manchen Fällen wird zudem auch $d$-wellenartige Paarung induziert, die in der Nähe des Übergangs zur $s_{\pm}$-Symmetrie einen gemischten $(s+id)$-Zustand mit gebrochener Zeitinversionssymmetrie aufweist. Diese neuartige Phase zeigt faszinierende Eigenschaften, wie zum Beispiel das spontane Entstehen von Supraströmen am Probenrand und um nichtmagnetische Störstellen. Auf Grund der durchgängigen Energielücke ist dieser $(s+id)$-Zustand energetisch begünstigt. Im Folgenden untersuchen wir zudem auch die elektronischen Instabilitäten eines weiteren außergewöhnlichen Materials -- dotiertes Graphen. Diese rein zweidimensionale Kohlenstoffverbindung ist schon seit mehreren Jahren im Fokus der Festkörperforschung und wurde mittlerweile auch durch neuartige experimentelle Verfahren dotiert, ohne die zugrundeliegende hexagonale Gittersturktur merklich zu stören. Eine theoretische Beschreibung dieses Systems erfordert die Berücksichtigung zweier nicht-equivalenter Gitterplätze, was wiederum effektiv als Zwei-Orbital-System aufgefasst werden kann. Durch die besondere Symmetrie der hexagonalen Gitterstruktur sind beide $d$-wellenartigen Paarungskanäle entartet und ahnlich der $(s+id)$-Paarung in den Pniktiden finden wir hier eine chirale $(d+id)$-Paarung in einem weiten Dotierungsbereich um van-Hove Füllung. Des Weiteren identifizieren wir Spin-Triplet-Paarung und eine exotische Form der Spindichtewelle, welche beide durch leichte Veränderung der langreichweitigen Hüpfamplituden und Wechselwirkungensparameter realisiert werden können. Als drittes Beispiel betrachten wir die Supraleitung in dem Strontium-Ruthenat Sr$_2$RuO$_4$. Die Besonderheit dieser Materialverbindung liegt in der möglichen Realisierung einer chiralen Spin-Triplet Paarung, die wiederum faszinierende Eigenschaften wie die Existenz von halbganzzahligen Flussvortizes mit nicht-Abelscher Vertauschungsstatistik aufweisen würde. Mittels eines mikroskopischen Drei-Orbital-Modells und der Berücksichtigung von Spin-Bahn-Kopplung finden wir hierbei, dass moderate ferromagnetische Spinfluktuationen immer noch ausreichen, um diesen speziellen Paarungszustand anzutreiben. Die berechnete Energielücke zeigt im Weiteren sehr starke Anisotropien auf dem $d_{xy}$-Orbital-dominierten Bereich der Fermifläche und verschwindet nahezu vollständig auf den anderen beiden Fermiflächen. / The superconducting properties of complex materials like the recently discovered iron-pnictides or strontium-ruthenate are often governed by multi-orbital effects. In order to unravel the superconductivity of those materials, we develop a multi-orbital implementation of the functional renormalization group and study the pairing states of several characteristic material systems. Starting with the iron-pnictides, we find competing spin-fluctuation channels that become attractive if the superconducting gap changes sign between the nested portions of the Fermi surface. Depending on material details like doping or pnictogen height, these spin fluctuations then give rise to $s_{\pm}$-wave pairing with or without gap nodes and, in some cases, also change the symmetry to $d$-wave. Near the transition from nodal $s_{\pm}$-wave to $d$-wave pairing, we predict the occurrence of a time-reversal symmetry-broken $(s+id)$-pairing state which avoids gap nodes and is therefore energetically favored. We further study the electronic instabilities of doped graphene, another fascinating material which has recently become accessible and which can effectively be regarded as multi-orbital system. Here, the hexagonal lattice structure assures the degeneracy of two $d$-wave pairing channels, and the system then realizes a chiral $(d+id)$-pairing state in a wide doping range around van-Hove filling. In addition, we also find spin-triplet pairing as well as an exotic spin-density wave phase which both become leading if the long-ranged hopping or interaction parameters are slightly modified, for example, by choosing different substrate materials. Finally, we consider the superconducting state of strontium-ruthenate, a possible candidate for chiral spin-triplet pairing with fascinating properties like the existence of half-quantum vortices obeying non-Abelian statistics. Using a microscopic three orbital description including spin-orbit coupling, we demonstrate that ferromagnetic fluctuations are still sufficient to induce this $\bs{\hat{z}}(p_x\pm ip_y)$-pairing state. The resulting superconducting gap reveals strong anisotropies on the $d_{xy}$-dominated Fermi-surface pocket and nearly vanishes on the other remaining two pockets.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-wuerzburg.de/oai:opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de:6696 |
Date | January 2012 |
Creators | Platt, Christian |
Source Sets | University of Würzburg |
Language | English |
Detected Language | German |
Type | doctoralthesis, doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
Rights | https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/deed.de, info:eu-repo/semantics/openAccess |
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