Parodontitis und rheumatoide Arthritis (RA) haben eine Vielzahl gemeinsamer pathologischer Merkmale. Bedingt durch die hohe Prävalenz der Parodontitis, ist davon auszugehen, dass beide Erkrankungen häufig gemeinsam auftreten. Zahlreiche Studien, darunter umfangreiche Übersichtsarbeiten, konnten bei RA-Patienten im Vergleich zu gesunden Patienten eine erhöhte Prävalenz parodontaler Erkrankungen nachweisen. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass RA-Patienten vermehrt unter schweren Formen der Parodontitis leiden und eine höhere Anzahl an fehlenden Zähnen aufweisen. Während bei der Parodontitis die Pathogenese inzwischen gut verstanden wird, sind die Ursachen der RA bis heute weiterhin unklar. Nach heutigen Erkenntnissen gelten Zusammenhänge zwischen Parodontitis und RA als nachgewiesen und sehr wahrscheinlich. Dabei scheint eine Wechselbeziehung vorzuliegen: Zum einen leiden RA-Patienten häufiger unter (schweren Formen der) Parodontitis. Zum anderen nimmt das parodontalpathogene Bakterium Porphyromonas gingivalis scheinbar eine wesentliche Rolle in der Pathogenese der RA ein. Allerdings ist noch unklar, welche pathobiologischen Mechanismen dieser Wechselbeziehung zu Grunde liegen.
Mögliche Zusammenhänge beider Erkrankungen werden zunehmend unter der Berücksichtigung mikrobiologischer Aspekte betrachtet. Besonders vielversprechend ist die Betrachtung des parodontalpathogenen Keims Porphyromonas gingivalis. Dieser besitzt die einzigartige Fähigkeit, eine bakterielle Peptidylarginin-Desaminase zu exprimieren, die es ihm erlaubt, Proteine des Wirts zu citrullinieren. Da Antikörper gegen solche citrullinierten Proteine als hoch spezifische Biomarker für das Vorliegen einer RA identifiziert werden konnten, wird angenommen, dass Porphyromonas gingivalis eine Schlüsselrolle bei der Assoziation beider Erkrankungen spielen könnte.
Folglich sollte im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Mundgesundheitssituation, insbesondere der parodontale Zustand, von Patienten mit RA erfasst und einer gesunden Kontrollgruppe gegenübergestellt werden. Darüber hinaus sollten rheumatologische Krankheitsparameter erfasst werden, um qualitative Zusammenhänge mit parodontalen und mikrobiologischen Befunden zu detektieren. Insbesondere standen das subgingivale Keimspektrum (u.a. Porphyromonas gingivalis) sowie der citrullin-spezifische Blutparameter aCCP im Fokus der Betrachtung.
Zu diesem Zwecke wurden Patienten mit RA und gesunde Probanden zahnärztlich untersucht. Hierbei wurden der zahnärztliche Befund (DMF-T), der Parodontalstatus mit Erfassung der Sondierungstiefe und Blutung auf Sondierung, dem Attachmentverlust sowie die gingivale Entzündung (PBI) erfasst. Zusätzlich erfolgte die Entnahme und mikrobiologische Untersuchung von Proben des subgingivalen Biofilms hinsichtlich elf ausgewählter (potenzieller) parodontalpathogener Bakterien. Aus den Krankenakten der RA-Patienten wurden spezifische Krankheitsparameter dokumentiert, z.B. Krankheitsdauer, Krankheitsaktivität und Rheumamedikation, sowie die Blutparameter Rheumafaktoren (RF) und Antikörper gegen citrullinierte Proteine (aCCP).
Im Vergleich zur Kontrollgruppe wiesen die Patienten mit RA eine signifikant schlechtere Mundgesundheitssituation hinsichtlich der Anzahl fehlender Zähne und der parodontalen Situation auf: Es wurden erhöhte Sondierungstiefen, erhöhter klinischer Attachmentverlust und vermehrt schwere Formen der Parodontitis nachgewiesen. Die erste Arbeitshypothese (RA-Patienten leiden häufiger und unter schwereren Formen der Parodontitis, als die Teilnehmer der Kontrollgruppe) konnte somit bestätigt werden. Die Untersuchung des subgingivalen Biofilms hingegen zeigte bei beiden Gruppen ähnliche Prävalenzen der elf untersuchten parodontalpathogenen Bakterien. Innerhalb der RA-Gruppe konnte gezeigt werden, dass der Nachweis von aCCP im Serum tendenziell mit höheren subgingivalen Konzentrationen von Porphyromonas gingivalis und Fusobacterium nucleatum einherging. Eine statistische Signifikanz hierfür war jedoch nicht festzustellen. Darüber hinaus konnten die Faktoren Alter, PBI und Anwesenheit von Treponema denticola als unabhängige Einflussgrößen des parodontalen Zustandes identifiziert werden. Die zweite Arbeitshypothese (Innerhalb der RA-Gruppe ist ein Zusammenhang der Konzentration von Porphyromonas gingivalis im subgingivalen Biofilm mit dem Nachweis von Antikörpern gegen zyklische citrullinierte Proteine (aCCP) im Serum festzustellen) konnte nicht abschließend bestätigt werden.
Die vorliegende Studie lässt folgende Schlussfolgerungen zu:
• Die in der Literatur beschriebenen Zusammenhänge zwischen Parodontitis und RA konnten durch die vorliegende Studie bestätigt werden: Die RA-Patienten wiesen im Vergleich zur Kontrolle eine schlechtere Mundgesundheit auf (höhere Anzahl fehlender und zerstörter Zähne, häufiger (schwere Formen der) Parodontitis).
• Die Vermutung, dass Porphyromonas gingivalis eine pathobiologische Verbindung zwischen beiden Erkrankungen darstellt, erscheint auf Grund der vorliegenden Ergebnisse weiterhin plausibel, konnte jedoch nicht abschließend nachgewiesen werden.
• Zur Klärung der kausalen Zusammenhänge zwischen Parodontitis und RA bedarf es weiterer Studien.
• Eine Verbesserung des Mundgesundheitszustandes von Patienten mit RA ist zwingend erforderlich. Mit einer meist unkomplizierten Parodontitistherapie kann die Entzündungslast, sowie die bakterielle Belastung u.a. mit Porphyromonas gingivalis deutlich reduziert werden, sodass verbesserte Voraussetzungen für eine medikamentöse Rheumatherapie geschaffen werden können. Patienten mit RA sollten daher routinemäßig einem parodontologisch tätigen Zahnarzt vorgestellt werden.:1 Einführung 1
1.1 Parodontitis - Ätiologie und Pathogenese 1
1.2 Parodontitis und Allgemeinerkrankungen - Zusammenhänge 3
1.3 Rheumatoide Arthritis (RA) 6
1.4 Assoziation von Parodontitis und rheumatoider Arthritis 9
1.5 Zielsetzung und Fragestellung der vorliegenden Studie 13
2 Publikationsmanuskript 14
3 Zusammenfassung der Arbeit 27
4 Ausblick 30
5 Literatur 34
6 Wissenschaftliche Präsentationen 42
7 Darstellung des eigenen Beitrags 43
8 Erklärung über die eigenständige Abfassung der Arbeit 45
9 Lebenslauf 46
10 Danksagung 47
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:16839 |
Date | 23 November 2017 |
Creators | Schmickler, Jan |
Contributors | Ziebolz, Dirk, Haak, Rainer, Hoffmann, Thomas, Remmerbach, Torsten W., Universität Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German, English |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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