Hintergrund: Das Mammakarzinom stellt weltweit die häufigste maligne Tumorerkrankung der Frau dar und wird immer noch größtenteils als primär systemische Krebsform angesehen. Nach Primärbehandlung werden 5-Jahresüberlebensraten von 80% erreicht. Jedoch überleben Patientinnen, bei denen ein Stadium IV vorliegt, im median nur 20-30 Monate. 5-15% dieser Patientinnen weisen dabei einen isolierten metastatischen Befall der Lunge auf, der als Oligometastasierung im Sinne eines stabilen Zwischenstadiums der Erkrankung angesehen werden kann und somit einer lokalen Therapie zugänglich ist. Etliche Studien weisen darauf hin, dass gerade diese Frauen von einer Resektion ihrer Lungenmetastasen deutlich mehr profitieren können, als von medikamentöser systemischer Therapie allein. Zudem kann das Rezeptorverhalten (Östrogen-, Progesteron-, HER2-Rezeptor) zwischen primärem Mammakarzinom und dessen Metastasen differieren, was in bisher noch nicht geklärtem Umfang Änderungen des Behandlungsschemas zur Folge hat.
Frage- und Zielstellung: Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das Outcome von Patientinnen mit pulmonal metastasiertem Mammakarzinom, deren Lungenmetastasen ausschließlich mit einer neuen parenchymsparenden 1318-nm-Lasertechnik reseziert wurden, im Verlauf zu untersuchen und unabhängige prognostische Faktoren zu identifizieren. Weiterhin soll der Nachweis einer Rezeptordiskordanz speziell für pulmonale Fernmetastasen erbracht und aufgezeigt werden, in welchen Größenordnungen mit solchen Rezeptorwechseln zu rechnen ist.
Patientinnen und Methoden: Im Rahmen dieser retrospektiven Studie wurde vom 01.01.1996 bis 31.12.2012 bei insgesamt 102 Patientinnen im Alter von 33 bis 78 Jahren und einem Durchschnittsalter von 58 Jahren eine kurative pulmonale Laser-Metastasenresektion mit systematischer Lymphadenektomie vorgenommen. Vorgegebene Einschlusskriterien waren die vollständige Resektion und Kontrolle des Primärtumors sowie das Fehlen von extrapulmonalen/-thorakalen Metastasen bzw. deren präoperative erfolgreiche Therapie. Eine Limitierung bezüglich der Zahl der Lungenmetastasen wurde nicht vorgegeben, allerdings mussten die technische Resektabilität und die funktionelle Operabilität aus der präoperativen Diagnostik ableitbar sein. Mit Hilfe der Kaplan-Meier-Methode wurde das Gesamtüberleben des Patientenkollektivs sowie ausgewählter Subgruppen analysiert. Das Cox-Proportional-Hazard-Modell wurde verwendet, um im uni- und multivariaten Verfahren prognostische Faktoren zu ermitteln. Zum Vergleich des Rezeptorstatus von Primärtumor und Metastasen kam der McNemare-Test zum Einsatz. Eine statistische Signifikanz wurde bei p-Werten von < 0,05 angenommen.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 936 Lungentumore entfernt, von denen sich nach histopathologischer Sicherung 716 als Metastasen des anamnestisch bekannten Mammakarzinoms erwiesen. Die Anzahl reichte von einer solitären Metastase bis zu 61 zweizeitig entfernten Metastasen (durchschnittlich 7 pro Patientin). Die Lobektomierate betrug 0,98% (n=1). In 7,8% (n=8) der Fälle waren zusätzlich lappensparende Laser-Segmentresektionen möglich. R0-Resektionen konnten bei 73,5% (n=75) der Patientinnen erreicht werden. Das mediane Gesamtüberleben betrug 43 Monate, die 5-Jahresüberlebensrate belief sich auf 46,1%. Als unabhängige prognostische Faktoren konnten der Resektionsstatus (p=0,02), der intrathorakale Lymphknotenbefall (p=0,001) und die Expression des Östrogenrezeptors (p=0,018) nachgewiesen werden. Das Risiko zu versterben war bei tumorbefallenen Lymphknoten und bei fehlender Ausprägung des Östrogenrezeptors 3,2- bzw. 2-fach erhöht. Die Anzahl der resezierten Metastasen, die Art des Lungenbefalls (uni-/bilateral), das krankheitsfreie Überleben nach Primär-Operation (</> 36 Monate) und die Expression des Progesteronrezeptors hatten keinen signifikanten Einfluss auf das Überleben. Angaben zum primären und metastatischen Hormonrezeptor- bzw. HER2-Status waren bei 88,2% (n=90) bzw. 62,7% (n=64) der Patientinnen verfügbar. Es fanden sich Diskordanzraten bzgl. des Östrogen-, Progesteron- und HER2-Rezeptors von 26,7%, 41,1% bzw. 28,1%. Eine Signifikanz der Abweichung zwischen Primärtumor und Metastasen konnte lediglich für den Östrogenrezeptor nachgewiesen werden (p=0,002). In einer Nebenbetrachtung der vorliegenden Arbeit konnten bei 157 Mammakarzinom-Patientinnen mit neu aufgetretenen, radiologisch detektierten Lungenrundherden in 65,6% der Fälle Metastasen des Mammakarzinoms histologisch gesichert werden. Bei den übrigen Befunden handelte es sich um andere therapiebedürftige maligne Tumore und zu etwa 20% um benigne Befunde.
Schlussfolgerungen: Die vorliegenden Ergebnisse bekräftigen den positiven Einfluss der Lungenmetastasektomie auf das Überleben ausgewählter Mammakarzinom-Patientinnen mit isolierter pulmonaler Oligometastasierung. Dabei können mit der Anwendung der parenchymsparenden 1318 nm -Lasertechnik, auch bei Vorhandensein von multiplen und beidseitigen Lungenmetastasen, in größerem Umfang als bisher berichtet, vollständige Resektionen ohne wesentlichen Funktionsverlust und somit guter Lebensqualität erreicht werden. Ungeachtet höherer Zahlen resezierter pulmonaler Metastasen werden gegenüber konventionellen Operationstechniken, auch beim pulmonal metastasierten Mammakarzinom, vergleichbare Überlebensraten erreicht. Die Anzahl der präoperativ diagnostizierten Lungenmetastasen sollte daher einen geringen Einfluss auf die Indikationsstellung zur Operation haben, weshalb diesbezüglich eine Erweiterung der Einschlusskriterien sinnvoll erscheint. Eine R0-Resektion konnte erneut als wichtigster prognostischer Parameter bestätigt werden und sollte deshalb stets oberstes Ziel des Operateurs sein. Das wesentlich schlechtere Outcome unvollständig operierter Patientinnen sowie der Vergleich mit der Literatur zur alleinigen systemischen Therapie zeigen, dass das analysierte Patientenkollektiv von einer Resektion der pulmonalen Mammakarzinom-Metastasen deutlich mehr profitieren kann, als von medikamentöser Behandlung allein. Ein intrathorakaler Lymphknotenbefall wurde, nach unserem Wissen, erstmals bei Patientinnen mit isolierten Lungenmetastasen eines Mammakarzinoms, trotz radikaler Ausräumung, als signifikante negative Einflussgröße auf das Überleben nachgewiesen. In Anlehnung an die Therapie des Lungenkarzinoms sollte trotz dessen, zumindest bis zum Vorliegen weiterführender Studien, standardmäßig eine intraoperative systematische Lymphadenektomie durchgeführt werden. Bei positivem Tumornachweis ist eine komplette Lymphknotendissektion zu erwägen, um keine Patientin von einer potenziell kurativen Therapie auszuschließen.
Den vorliegenden Ergebnissen zufolge, darf des Weiteren speziell bei Verdacht auf pulmonale Mammakarzinom-Metastasen nicht von einer Konstanz der Expression der Steroidhormon- bzw. HER2-Rezeptoren, insbesondere der des Östrogenrezeptors, ausgegangen werden. Änderungen zum primären Befund treten dabei in relevanten Größenordnungen auf. Die Bestimmung eines aktuellen Rezeptorstatus sollte nach Metastasektomie obligat durchgeführt werden. Bezüglich der Frage des Ursprungs pulmonaler Rundherde bei bekanntem Mammakarzinom kann darüber hinaus durch deren Resektion mit nachfolgender histopathologischer Analyse sicher zwischen Metastasen, Lungenkarzinomen und benignen Tumoren differenziert werden. Insgesamt ermöglicht dies konkrete Therapieentscheidungen zu treffen.
Um Patientinnen jedoch in zeitlich limitierter oligometastatischer Tumorausbreitung zu diagnostizieren und einer bestmöglichen Therapie, einschließlich der Resektion, zuzuführen, ist zufolge unserer Daten sowie der neueren Literatur eine konsequente, engmaschige und zudem apparative Nachsorge notwendig. Dieser Problematik wird gegenwärtig in den aktuellen Leitlinien nicht adäquat Rechnung getragen, da sich die Autoren auf ältere, heutzutage kritisch zu hinterfragende Analysen beziehen. Als Limitationen der vorgelegten Arbeit sind das retrospektive Studiendesign und die Form der Kohortenanalyse, die uneinheitliche Bestimmung des primären Rezeptorstatus sowie die Heterogenität der postoperativen Anschlusstherapien anzusehen.
Zukünftig sind größere, multizentrische und randomisierte Studien notwendig, um weiterführende Daten zu generieren und die pulmonale Lasermetastasektomie beim Mammakarzinom im Rahmen multimodaler Therapien möglicherweise weiter zu etablieren sowie den Wert einer erweiterten Nachsorge zu evaluieren. / Background: Breast carcinoma is the most common type of cancer in women worldwide and is still regarded as a systemic disease. After primary treatment five-year survival rates around 80% are reported. However, the mean survival time of stadium-IV classified patients is 20-30 months. 5-15% of patients appear with isolated metastases of the lungs which can be considered as an oligometastatic and, therefore, stable intermediate stage in disease process. Several studies point out that especially these women are more likely to benefit from resection of lung metastases than from systemic therapy alone. Furthermore, there is the possibility of a discordant expression of typical receptors (Estrogen-, Progesterone- and HER2-receptor) between primary breast cancer and its paired metastases. As a result a change in treatment regimen might be necessary.
Objective: The aim of the present study was to evaluate long-time survival of patients with lung metastases from breast cancer who have been operated exclusively with a new parenchyma-saving and lobe-sparing 1318-nm-lasertechnique. Additionally, the identification of independent prognostic factors was of interest. Furthermore, existence and magnitude of receptor discordance, specifically for distant pulmonary metastases, should be proved.
Patients and methods: Within this retrospective study between 1996 and 2012 102 patients (mean age 58; range 33-78 years) underwent curative laser metastasectomy and systematic lymphadenectomy. Inclusion criteria were complete resection of primary breast cancer and absence of extrapulmonary/-thoracal metastases or its previous total treatment. Although there were no limitations regarding the number of metastases, technical resectability and functional operability had to be assumed after the preoperative diagnostics. Kaplan-Meier-analysis was performed to assess overall survival in all patients and selected subgroups. Uni- and multivariate analyses of prognostic factors were performed using the Cox-proportional-hazard model. Comparison of the receptor status of primary breast cancer and paired lung metastases was assessed by the McNemare method. Significant results were assumed if p-values were <0.05.
Results: In total 936 intrapulmonary nodules had been resected, including 716 histopathologically confirmed breast cancer metastases. The amount reached from a single metastasis up to 61 two-staged removed pulmonary nodules (mean 7 per patient). The lobectomy rate was 0.98%. In 7.8% of all cases segment-resections, also performed by laser, were possible. Complete resection was achieved in 73.5% (n=75). The median overall survival time was 43 months and the five-year survival rate was 46.1%. As independent prognostic factors resection status (p=0.02), involvement of intrathoracal lymph nodes (p=0.001) and expression of estrogen receptor (p=0.018) were identified. The mortality rate in case of lymph node involvement and negative estrogen receptor status was increased by 3.2- and 2-fold, respectively. The number of resected metastases, type of lung affection (uni-/bilateral), disease free interval after primary breast surgery (</> 36 months), and expression of progesterone receptor had no significant influence on survival. Data concerning the primary and metastatic hormone receptor- and HER2-status were available in 88.2% (n=90) and 62.7% (n=64) of all cases, respectively. Discordant results appeared in 26.7%, 41.1%, and 28.1% regarding the estrogen-, progesterone- and HER2-receptor. Significance of these findings had only been proved for estrogen receptor (p=0.002). A subanalysis of the present study revealed that 65.5% of 157 breast cancer patients who presented with newly occurred radiologically detectable pulmonary nodules had histopathologically confirmed paired metastases. The remaining results showed malignancies other than known breast cancer, and in approximately 20% of all cases there were benign lesions.
Conclusions: The results of the present study emphasize the favorable effect of the lung metastasectomy on survival of selected breast cancer patients with isolated pulmonary oligometastatic disease. Via the use of the parenchyma-saving 1318nm-lasertechnique even in case of distinct and bilateral pulmonary metastatic involvement, increased rates of complete resection without substantial loss of lung function can be achieved. Therefore, an adequate quality of life is provided. In comparison with conventional surgery practices, this procedure creates similar survival rates despite higher numbers of resected lung metastases. That is why the number of preoperatively diagnosed metastases should have little influence on decision upon surgery. Thus, an extension of inclusion criteria seems reasonable. Again, complete resection appeared as one of the most important prognostic parameters and should, therefore, be the main objective of the surgeon. The poorer outcome for women with incomplete resections and the results of studies on systemic therapy implicate once more that breast cancer patients are more likely to benefit from the resection of their pulmonary metastases than from medical treatment alone.
Furthermore, for the first time according to our knowledge, despite radical excision intrathoracal lymph node involvement has been proved as a significant negative predictive determinant in a collective of patients with isolated pulmonary metastases of breast cancer. Nevertheless, an intraoperative systematic lymph node sampling should be considered, at least until further studies are presented. In reference to the surgical approach of lung carcinoma, as circumstances require, a complete lymph node dissection should be performed to provide potential curative treatment to those affected.
Moreover, according to the present findings, in case of the appearance of lung metastases the constancy of metastatic steroid hormone- and HER2 receptor expression, especially of the estrogen receptor, cannot always be assumed. Changes in comparison to the primary carcinoma appear in a relevant number of cases. Thus, the current metastatic receptor status should be evaluated obligatorily after pulmonary metastasectomy. Regarding the origin of pulmonary nodules of patients with history of breast cancer, their surgical resection with subsequent histopathological analysis can reliably differentiate between metastases, lung carcinoma or benign tumors. Altogether this facilitates specific and accurate treatment decisions.
However, to identify patients with a limited and stable oligometastatic state of disease and to introduce optimal treatment, including surgical resection, an early, continuous, and also instrument-based follow-up is necessary. This matter is still only slightly taken into account, while the authors of the current guidelines refer to out of date studies, which have to be seen critically. As limitations of the present investigation, the retrospective study design, inconsistent evaluation of the primary receptor status, and also heterogeneity of postoperative medical therapy must be mentioned.
In the future larger, multicentric, prospective, randomized trials are necessary to acquire further data, to conceivably continue to establish the pulmonary laser metastasectomy in multimodal therapy settings and also to determine the value of an extended follow-up.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:14-qucosa-232601 |
Date | 30 January 2018 |
Creators | Kunath, Tobias |
Contributors | Technische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Prof. Dr. med. Axel Rolle, Prof. Dr. med. Axel Rolle, Prof. Dr. med. Uwe Eichfeld |
Publisher | Saechsische Landesbibliothek- Staats- und Universitaetsbibliothek Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
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