Die humane Mundhöhle beheimatet als hoch komplexes Ökosystem eines der vielfältigsten Mikrobiome des gesamten Körpers. Das Vorhandensein diverser Nischen wird durch abiotische und biotische Parameter wie mikrogeographische Charakteristiken, die Verfügbarkeit von Nahrung und Sauerstoff, spezifische pH-Werte und Temperaturen, Abwehrsysteme und Essgewohnheiten des Wirtes sowie molekulare und bakterielle Interaktionen bedingt. Zum derzeitigen Kenntnisstand umfasst das orale Mikrobiom etwa 700 bakterielle Phylotypen, die zum Teil als orts- und/oder wirtsspezifisch klassifiziert werden können. Aufgrund kurzer Generationsfolgen innerhalb des bakteriellen Wachstums adaptieren die mikrobiellen Kompartimente schnell an sich verändernde Umweltbedingungen. Dabei ist ein dynamisches Gleichgewicht zwischen der residenten Mikroflora und dem Wirt ohne die Prädominanz potenziell pathogener Spezies für die Mundgesundheit elementar.
Dem Erhalt dieser oralen Homöostase dient u.a. der Speichel mit seinen vielfältigen Funktionen. Als globales Reservoir der Mikrobiota der Mundhöhle in ihrer planktonischen Phase reflektiert er zudem Veränderung innerhalb der bakteriellen Zusammensetzung, welche mit oralen Erkrankungen wie Karies, Gingivitis und Parodontitis assoziiert sind. Die einfache, non-invasive und kostengünstig durchführbare Entnahme gestaltet den Speichel zum attraktiven Analysemedium. Derzeit stellen hierfür Sequenzierungstechniken den Goldstandard zur Untersuchung der phylogenetischen Vielfalt des oralen Mikrobioms dar. Allerdings sind diese Methoden mit einem hohen finanziellen, zeitlichen und laboratorischen Aufwand verbunden. Ein bereits in der Umweltmikrobiologie etabliertes Verfahren zur Betrachtung komplexer Ökosysteme ist die Durchflusszytometrie. Sie ermöglicht - gemäß eines Screenings - die Visualisierung und Bewertung sich schnell verändernder Gemeinschaftsstrukturen. Außerdem können quantitative Analysen im Sinne von Zellzahlmessungen der betrachteten Proben durchgeführt werden.
Die vorliegende Arbeit verfolgte das Ziel, die Anwendbarkeit der Durchflusszytometrie auf Untersuchungen bakterieller Kompartimente im humanen Speichel zu evaluieren. Dafür sollten im Rahmen des Teilprojektes der vorliegenden Dissertationsschrift zunächst intra- und interindividuelle Unterschiede der bakteriellen Zusammensetzung innerhalb eines dreimonatigen Entnahmezeitraums untersucht werden. In einem weiteren Teilprojekt verfolgte Frau van Gelder die Reaktion der Bakteriengemeinschaften auf verschiedene extrinsische Stresseinflüsse (Zucker, Säure und antibakterielle Mundspüllösungen).
Für die geplante Untersuchung erfolgte die Auswahl von zehn oral und allgemein gesunden Probanden beider Geschlechter im Alter über 18 Jahren. Alle Teilnehmer der Studie erhielten eine einheitliche Zahnbürste (Elmex InterX mittel) und die Zahnpasta Meridol (beides CP GABA Hamburg, Deutschland). Die standardisierten Mundhygieneartikel sollten während des gesamten Zeitraums der Untersuchungen verwendet werden. Die Probanden wurden angewiesen, zweimal täglich ihre Zähne zu putzen. Für die Analyse zeitabhängiger intra- und interindividueller Unterschiede der Speichelmikrobiome erfolgten 11 Probenentnahmen in festgelegten Intervallen: 0 Stunden (h), 8h, 24h, 3 Tage (d), 7d, 2 Wochen (w), 4w, 6w, 8w, 10w und 12w nach Beginn der Untersuchung. An den Tagen der Speichelgewinnung wurden die Probanden angehalten, ihre Zähne bis zur Entnahme nicht zu putzen. Das letzte Zähneputzen sollte spätestens bis 24 Uhr des Vortages erfolgt sein. Ferner sollte eine Stunde vor Probengewinnung keine Nahrungs- oder Getränkeaufnahme stattfinden.
Die Gewinnung unstimulierten Speichels wurde gemäß eines standardisierten und validierten Protokolls durchgeführt: Hierfür spülten die Probanden nach einer fünfminütigen Adaptationszeit für 30 Sekunden mit destilliertem Wasser und sammelten dann innerhalb weiterer fünf Minuten den unstimulierten Speichel im Mund. Im Anschluss an die Speichelprobengewinnung erfolgten die Fixierung des Gesamtspeichels mit Glycerol, eine Schockgefrierung in flüssigem Stickstoff und die Lagerung bei -80°C. Für die weiterführende laboranalytische Auswertung wurden die Speichelproben aufgetaut und ihre Zellen entsprechend eines definierten Färbeprotokolls mit dem DNA-Farbstoff DAPI (Di-Amidino-2-Phenyl-Indol) behandelt bzw. gefärbt. Nachfolgend konnten die Proben im Durchflusszytometer (MoFlow Legacy cell sorter) vermessen und bezüglich der optischen Parameter Zellgröße (Vorwärtsstreulicht, „Forward Scatter“) und DNA-Gehalt (DAPI-Fluoreszenz) analysiert werden. Mit Hilfe der Programme Summit Ver. 4.3, FlowJo und flowCyBar erfolgte die bioinformatische Auswertung der zytometrischen Daten.
Die Profile der Speichelmikrobiome zeigten über den untersuchten Zeitraum intra-individuelle Stabilitäten, aber unterschieden sich zwischen den Probanden, mit Ausnahme partieller Überlappungen. Personenspezifische Muster waren nachweisbar. Dabei stellten sich die Mikrobiomstrukturen einiger Probanden sehr beständig dar, während die bakteriellen Kompartimente anderer Probanden größere Schwankungen aufwiesen. Die zytometrischen Messungen wurden exemplarisch mittels Illumina®Sequenzierung verifiziert. Die phylogenetischen Unterschiede (Anzahl und Verteilung der operational taxonomic units) der Proben einer Versuchsperson zu unterschiedlichen Entnahmezeitpunkten waren hierin geringer als die der Proben zweier Teilnehmer zur selben Entnahme.
Die unter Teilprojekt I formulierte Arbeitshypothese wurde durch die Ähnlichkeitsanalysen der Longitudinalstudie bestätigt.
Auf dieser Basis können folgende Schlussfolgerungen getroffen werden:
Die Durchflusszytometrie ermöglicht eine schnelle Detektion komplexer bakterieller Kompartimente und deren Veränderungen im Speichel mundgesunder Probanden. Dabei sind individuelle, personenspezifische Bakterienprofile innerhalb der untersuchen Probanden graphisch darstellbar. Diese Profile weisen eine hohe innergemeinschaftliche Beständigkeit auf. Als qualitative Analyse bestätigt die Illumina®-Sequenzierung die Messung typischer Vertreter des Speichelmikrobioms im Zytometer sowie das Vorliegen intraindividueller Stabilitäten. Zur Verifizierung der Ergebnisse ist eine Ausweitung der Studie auf einen größeren Probandenpool erforderlich.:1. Einführung
1.1 Das orale Mikrobiom
1.2 Entwicklung des adulten oralen Mikrobioms und
Einflüsse auf die mikrobielle Homöostase
1.3 Untersuchungsmethoden der oralen Mikrobiota
1.4 Durchflusszytometrie
1.5 Speichel
1.6 Zielsetzung und Fragestellung der vorliegenden Studie
2. Publikationsmanuskript
3. Zusammenfassung der Arbeit
4. Ausblick
5. Literaturverzeichnis
6. Wissenschaftliche Präsentationen
7. Darstellung des eigenen Beitrags
8. Erklärung über die eigenständige Abfassung der Arbeit
9. Lebenslauf
10. Danksagung
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:34362 |
Date | 27 June 2019 |
Creators | Röhrig, Nicola |
Contributors | Rodloff, Arne C., Hanning, Christian, Universität Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/updatedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
Relation | 10.1016/j.ymeth.2017.08.009 |
Page generated in 0.0029 seconds