Return to search

Die Morphologie des Nervus Vagus im Ultraschall und im nativen Präparat: Ein Vergleich der Methoden zur Ermittlung der Nervenquerschnittsfläche

Seit drei Jahrzehnten eröffnet die elektrische Stimulation des Nervus vagus (N. X) neue Möglichkeiten in der Therapie chronischer Erkrankungen wie Epilepsie oder rheumatoider Arthritis. Hierfür erfolgt die chirurgische Implantation einer Elektrode am cervicalen Anteil des N. X. Therapeutische Nebenwirkungen treten bei zwei von drei Patienten auf (Giordano et al. 2017), während bei einem Viertel der behandelten Patienten kein therapeutischer Nutzen messbar ist (Englot et al. 2011). Ultraschall wird zur Beurteilung der Morphologie und zur Messung der Nervenquerschnittsflächen des N. X eingesetzt. Bis heute ist jedoch unklar, wie präzise der Ultraschall den N. X im Kontext der Stimulationstherapie beschreiben kann. Ziel dieser Arbeit war es daher, die im Ultraschall ermittelte Nervenquerschnittsfläche des N. X kritisch im Hinblick auf ihre Bedeutung für die klinische Stimulationstherapie zu beurteilen.

Die Abformung mit Epineurium des N. X mit zeichnungsscharfen dentalen Abformmaterialien ermittelt Messwerte, die der Nervenquerschnittsfläche im klinischen Kontext am ehesten entsprechen (Reid 1990; Spuck et al. 2010; Giordano et al. 2017; González et al. 2019; Patil et al. 2001). Bei 12 nativen Körperspendern wurde deshalb die Nervenquerschnittsfläche des N. X im Ultraschall und in der Histologie dargestellt und mit Messwerten aus einer manuellen Abformung des Nervs verglichen. Die Kombination dreier Methoden zur Ermittlung der Nervenquerschnittsfläche des N. X stellt einen neuen und bisher nicht praktizierten Untersuchungsansatz dar und ist Alleinstellungsmerkmal dieser Arbeit.

Die Nervenquerschnittsfläche des N. X im Ultraschall war kleiner als in der Abformung mit Epineurium und in der Histologie (1,5±0,4 vs. 3,1±0,9 vs. 2,3±0,7 mm2). Die Berücksichtigung des Epineuriums ergab signifikante Unterschiede in der gemessenen Nervenquerschnittsfläche. Die Messung der Nervenquerschnittsfläche des N. X im Ultraschall führte zu einer systematischen Unterschätzung, während die Ultraschallmessung mit Epineurium zu einer systematischen Überschätzung der Querschnittsfläche im Vergleich zur Messung in der Abformung mit Epineurium führte. Der Ultraschall ist somit wahrscheinlich keine geeignete Messmethode zur präoperativen Einschätzung der Nervenquerschnittsfläche des N. X.

In der klinischen Praxis könnte durch eine zu kleine Elektrode die Gefäßversorgung des N. X unterbrochen und die folgende Hypoxie mit partialer axonaler Degeneration die häufig auftretenden Nebenwirkungen erklären. Stimmbandlähmungen wurden in diesem Kontext bereits als Folge der resultierenden Hypoxie beschrieben (Robinson und Winston 2015; Révész et al. 2016). Eine zu große Elektrode könnte in einer insuffizienten Überleitung elektrischer Impulse von der Elektrode auf den Nerv resultieren und erklären, weshalb die Stimulationstherapie bei einigen Patienten keine messbare Wirkung entfaltet.

Die Magnetresonanztomographie (MRT) bildet möglicherweise eine Alternative in der Darstellung der Nervenquerschnittsfläche des N. X zum Ultraschall. Zukünftige Arbeiten könnten die Nervenquerschnittsfläche des N. X in der MRT mit Messergebnissen aus einer mechanischen Abformung mit Epineurium vergleichen, um Aussagen über die Anwendung der MRT zur präoperativen Einschätzung der Nervenquerschnittsfläche des N. X treffen zu können.

Die Nervenquerschnittsfläche des N. X ist abhängig von der Körperseite (rechts signifikant größer als links). Ursächlich sind wahrscheinlich die Innervationsgebiete des N. X, die sich ebenfalls in Abhängigkeit der Körperseite unterscheiden und seitenspezifische Effekte in der Stimulationstherapie hervorrufen (Howland 2014). Der Body-Mass-Index korreliert signifikant mit der Nervenquerschnittsfläche des N. X und beeinflusst den Anteil des Epineuriums und den Anteil der Axone an der gesamten Nervenquerschnittsfläche. Die Nervenquerschnittsfläche des N. X steht in enger Verbindung mit dem Alter der Probanden. Ursächlich könnten die axonale Degeneration oder die an Häufigkeit zunehmenden pathologischen Prozesse mit steigendem Alter sein.

Limitiert werden die Ergebnisse dieser Arbeit durch die geringe Fallzahl und die spezifische Altersgruppe (ø 88,4±8,5 Jahre) der Körperspender. Während der Ultraschall die Nervenquerschnittsfläche des N. X in corpore bestimmt, misst die Methode Abformung mit Epineurium die Struktur nach Verletzung der nervalen Integrität. Abschließend handelt es sich bei der histologischen Untersuchung um eine in vitro Messung.:Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 1
1.1 Problemstellung 1
1.2 Klinische Bedeutung der Stimulationstherapie 3
1.2.1 Wirkungsweise der Nervenstimulation für ausgewählte Erkrankungen 3
1.2.2 Implantationsmethodik 5
1.3 Embryologie 6
1.3.1 Entwicklung des N. vagus 6
1.3.2 Entwicklung der Vagina carotica 8
1.4 Morphologie 8
1.4.1 Verlauf des N. X innerhalb der Vagina carotica 8
1.4.2 Relative Position des N. X in der Vagina carotica 10
1.4.3 Durchmesser und NQF des N. X 10
1.4.4 Vaskularisation des N. X 14
1.4.5 Qualitäten und Innervationsgebiete des N. vagus 16
2. Material und Methoden 17
2.1 Untersuchungsmaterial 17
2.2 Das Körperspendewesen des Instituts für Anatomie der Universität Leipzig 19
2.3 Übersicht über den Versuchsaufbau 19
2.3.1 Versuchsprotokoll 21
2.4 Ultraschalluntersuchung 22
2.4.1 Vorbereitungen des Schallgerätes 22
2.4.2 Darstellung des N. X 22
2.4.3 Digitale Dokumentation der NQF 26
2.4.4 Messung der NQF mittels der Software ImageJ 26
2.4.5 Bestimmung der morphologischen Zusammensetzung des N. X 30
2.4.6 Bestimmung der Position des N. X 30
2.4.7 Bestimmung der Nervenform 30
2.5 Makroskopische Präparation des N. X 33
2.6 Die Abformung mit Epineurium des N. X 37
2.6.1 Digitalisierung und Messung der NQF mittels der Software ImageJ 39
2.7 Die histologische Untersuchung des N. X 40
2.7.1 Probenentnahme 40
2.7.2 Fixierung mit Paraformaldehyd 40
2.7.3 Einbettung der Gewebeprobe 40
2.7.4 Herstellung der Gewebeschnitte 43
2.7.5 Färbung der histologischen Schnitte 44
2.7.6 Mikroskopische Untersuchung und digitale Analyse 46
2.8 Literaturrecherche 48
2.9 Statistische Auswertung 49
3. Ergebnisse 52
3.1 Ultraschall, Abformung, Histologie – Gibt es Unterschiede in der ermittelten NQF? 52
3.1.1 Unterschiede zwischen der NQF im Ultraschall und in der Abformung 56
3.1.2 Korrekturfaktor 57
3.1.3 Das Epineurium im Ultraschall – eine Messmethode Abseits der Norm 59
3.1.4 Welchen Einfluss hat die Fixierung des N. X mit Paraformaldehyd? 61
3.2 Morphologische Beobachtungen zum N. vagus 62
3.2.1 Ist die Querschnittsfläche des N. X abhängig von der Körperseite? 63
3.2.2 Ist der N. X eine kreisrunde Struktur? 64
3.2.3 Vaskularisation und Nervenfaszikel 67
3.2.4 Die Position des N. X im Halsbereich 68
3.2.5 Welchen Einfluss hat der BMI auf die Morphologie des N. X? 70
3.2.6 Die Veränderung des N. X im Alter 71
3.3 Wie variabel ist die NQF des N. X? 73
3.4 Die Konsistenz der Bestimmung der NQF – Intraklassen-Koeffizient 73
4. Diskussion 76
4.1 Warum treten signifikante Unterschiede zwischen Ultraschall, Abformung mit Epineurium und Histologie auf? 76
4.1.1 Welche Rolle hat das Epineurium in der Bestimmung der NQF? 77
4.1.2 Ist die Fehleinschätzung der NQF des N. X eine mögliche Ursache für Nebenwirkung bei der Stimulationstherapie? 77
4.1.3 Können Ultraschallmessungen zur NQF des N. X korrigiert werden? 79
4.1.4 Die NQF im Ultraschall in Referenz zur Literatur 79
4.1.5 Alternative bildgebende Verfahren zur Darstellung der NQF des N. X 81
4.2 Die NQF des N. X ist auf der rechten Körperseite größer als links 81
4.3 Einfluss des BMI auf die morphologische Zusammensetzung der NQF des N. X 83
4.4 Der Einfluss des Alters auf die NQF des N. X 84
5. Zusammenfassung 86
6. Literaturverzeichnis 88
7. Abbildungsverzeichnis 95
8. Tabellenverzeichnis 98
9. Anlagen 99
9.1 Ausführliche Informationen zu allen untersuchten Körperspendern 99
10. Eigenständigkeitserklärung 100
11. Lebenslauf 101
12. Publikation 102
13. Danksagung 103

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:87787
Date30 October 2023
CreatorsDörschner, Johann
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/acceptedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

Page generated in 0.0017 seconds