Neben den vielfältigen Problemen im Bereich der Verkehrssicherheit werfen Elektrokleinstfahrzeuge (E-Kfz), insbesondere auch deren wohl am häufigsten anzutreffende Unterfahrzeugart der Elektroroller (E-Scooter) vielfältige verkehrsjuristische Fragen auf, die bislang nur unzureichend geklärt wurden. Auch der vorliegende und hier zu überprüfende Referentenentwurf einer Elektrokleinstfahrzeuge- Verordnung (eKFV) vermag es nicht, alle sich aufdrängenden Fragen zu klären. Dieses Gutachten soll dazu beitragen, einige Fragen zu klären sowie die notwendige fachliche Diskussion in Richtung des Bedenkens von Erwägungen der Verkehrssicherheit zu beeinflussen. Auch beim Bedenken der tatsächlichen Folgen dieser neuen Verordnung ist keine exakte Trennung zwischen Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht vorhanden. Vielmehr kommunizieren beide vom verkehrspolitischen Gesetzgeber wie auch dem Verordnungsgeber stets im direkten Zusammenhang zu berücksichtigende Bereiche notwendigerweise miteinander. Nur eine kombinierte Sichtweise aus beiden Blickwinkeln kann nämlich dem gemäß Artikel 1 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) an alle Staatsgewalten adressierten Schutzauftrag aus Artikel 2 Absatz 1 GG gerecht werden, das Leben und die körperliche Unversehrtheit aller Verkehrsteilnehmer auf deutschen Straßen vor möglicherweise auch durch die neu zu integrierenden E-Kfz entstehenden Gefahren zu schützen. Auch die Frage der Technikfolgenabschätzung einer Markteinführung von E-Kfz ist ungeklärt. Weder das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), noch das Karlsruher Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) beschäftigen sich mit der hier zu untersuchenden Thematik. Der Hauptgegenstand des ersten Teiles dieses Gutachtens ist das Verkehrsvölkerrecht der Europäischen Union (EU) sowie das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr (WÜK). Beide vorgenannten Bereiche des Völkerrechts sind von Völkerrechtssubjekten, den jeweiligen Vertragsstaaten vereinbart worden. Das Völkerrecht funktioniert demnach von seinem Grundgedanken her stets nach dem Konsensprinzip (näher Ipsen, S. 15, Epping, in: Ipsen, S. 52 ff.), wobei grundsätzlich zwischen direkter und indirekter Geltung völkerrechtlicher Vereinbarungen unterschieden werden muss. Beide Aspekte der Geltungskraft spielen im Rahmen des ersten Teiles dieser Begutachtung ebenso eine Rolle wie der Verzicht auf völkerrechtlich verbindliche Regelungen, der dem zweiten Grundprinzip folgt, nämlich dem Subsidiaritätsprinzip (näher Oppermann/Classen/Nettesheim, S. 173 ff.). Ein solcher Verzicht kann auf sowohl durch ein unbewusstes Normsetzungsdefizit erklärt werden wie andererseits durch ein bewusstes Laissezfaire, das in der Hoffnung praktiziert wird, es werde durch den Verzicht schon kein bedeutender Schaden entstehen. Sollte es nämlich zu einer völkerrechtlichen Regelung eines Sachverhaltes kommen, gilt international wie national der in dem römischen Recht tief verwurzelte universelle Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten). Im zweiten Teil dieser Begutachtung werden die vorgesehenen Regelungen der §§ 9 ff. eKFV mit dem geltenden Verhaltensrecht der StVO auf deren Kompatibilität bzw. Dissonanzen hin abgeglichen. Dabei ist notwendigerweise auch die Frage einer gerechten Verteilung des Verkehrsraumes auf die verschiedenen Gruppen von Verkehrsteilnehmern (Fußgänger, Fahrzeugführer muskelkraftgetriebener Fahrzeuge und Kraftfahrzeugführer) durch die StVO aufzuwerfen, die dem Schutzgedanken Rechnung trägt. Zudem beinhaltet dieser Teil auch einen Blick auf die Ressourcen und Möglichkeiten der kommunalen Straßenverkehrsbehörden sowie der Landespolizei, die diese neuen Regelungen schließlich gemeinsam praktisch einplanen, umsetzen, überwachen und ggf. im Rahmen der Unfallaufnahme und Sachbearbeitung bewerten müssen.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:74605 |
Date | 26 April 2021 |
Creators | Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. |
Publisher | Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:book, info:eu-repo/semantics/book, doc-type:Text |
Source | Unfallforschung kompakt / Unfallforschung der Versicherer, GDV |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
Relation | https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-744978 |
Page generated in 0.0034 seconds