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Einfluss von ionisierender Strahlung und Resveratrol auf das Überleben neuraler Stammzellen am murinen Hippokampus-Gewebekulturmodell

ZNS-Tumore stellen im Kindesalter die häufigsten soliden sowie die zweithäufigsten Tumorerkrankungen insgesamt nach den Leukämien dar.
Sie bedürfen in aller Regel einer multimodalen Therapie, bestehend aus möglichst vollständiger Resektion, Chemo- und Strahlentherapie. Besonders bei Kindern unter drei Jahren kann die kraniale Bestrahlung jedoch zu erheblichen kognitiven Einbußen führen, was unter anderem anhand der Messung des Intelligenzquotienten objektiviert werden kann. Bisher existieren jedoch kaum experimentelle Daten, die belegen, inwieweit Bestrahlung zu einer Reduktion neuraler Vorläuferzellen im Gyrus dentatus führt beziehungsweise die sowohl Kurzzeit- also auch Langzeiteffekte der Bestrahlung dosisabhängig untersuchen. Hinsichtlich der Prävention bestrahlungsinduzierter kognitiver Defizite konnten experimentelle Studien zeigen, dass die Veränderung von Bestrahlungsparametern, der Bestrahlungstechnik, die Gabe neuroprotektiver Substanzen sowie die Wiederherstellung des neuralen Stammzellpools zu einer Verbesserung der kognitiven Eigenschaften führen können. Obwohl Resveratrol als neuroprotektive Substanz bei ischämischen Läsionen des Gehirns sowie einigen neurodegenerativen Erkrankungen bekannt ist, wurde sein neuroprotektives Potential bei radiogen verursachten Läsionen des Gehirns bisher noch nicht näher untersucht. Daher bleibt es offen zu klären, ob die neuralen Vorläuferzellen des Hippokampus, die für komplexe Denkleistungen sowie die Regeneration geschädigter Zellen nötig sind, durch die Gabe dieser Substanz vor dem Zelltod durch Bestrahlung gerettet werden können.
In der hier vorliegenden Arbeit war es das Ziel, den Einfluss verschiedener Dosiskonzepte auf das Überleben der neuralen Vorläuferzellen des Gyrus dentatus sowie die Möglichkeit einer Protektion dieser Zellen vor bestrahlungsinduziertem Zelluntergang durch Resveratrol zu untersuchen. Die Experimente wurden mit drei bis sechs Tage alten transgenen Nestin-CFPnuc C57BL/J6 Mäusen durchgeführt, von denen Gewebekulturscheiben, welche die entorhino-hippokampale Formation enthielten, angelegt wurden.

Um mit Gewebekulturscheiben arbeiten und reproduktive sowie valide Ergebnisse erzielen zu können, war es von Bedeutung, dass während des gesamten Präparierprozesses die entorhino-hippokampale Formation in den Gehirnen erhalten bleibt. Die Hämytoxylinfärbung zeigte, dass die Zytoarchitektur einer Hirnscheibe in vitro der eines Ganzhirnpräparates entspricht. Insbesondere der Tractus perforans bleibt intakt (Kluge et al., 1998). Die Messung der Zytokine (IL-6, KC, MCP-1) nach Entnahme der Hirne und Präparation ergab 14 Tage nach Gewebepräparation konstante Messwerte, sodass von einem Abschluss der Wundheilung ausgegangen werden konnte.

Verhalten Nestin-positiver Zellen in Kultur
Der Zeitverlauf Nestin-positiver Zellen in unbestrahlten und unbehandelten Kontrollen über 49 Tage zeigte eine mehrphasische Entwicklung, die in dieser Form bisher noch nie beschrieben worden ist. Bis etwa zur Hälfte der Zeit gab es einen deutlichen Abfall Nestin-positiver Zellen. Dieser schien sich jedoch innerhalb der nächsten zehn Tage zu erholen und ab dem 35. Tag in vitro einen konstanten Verlauf zu zeigen. Diese Beobachtungen beweisen, dass die Gewebekulturscheiben in vitro ähnlich einer Maus in vivo altern (Fukuda et al., 2005).

Effekte der Bestrahlung
Die Bestrahlung führte über den Zeitraum von sechs Wochen zu einer signifikanten, irreversiblen und dosisabhängigen Reduktion Nestin-positiver Zellen innerhalb aller Bestrahlungsdosen (4,5 Gy, 8 Gy, 12 Gy und 16 Gy). Eine Erklärung für die Abnahme Nestin-positiver Zellen ist der bestrahlungsinduzierte Zelltod, welcher, gemessen an Propidiumiodid-positiven Zellen, einen dosisabhängigen Anstieg zeigte.
Aufgrund der geringen absoluten Anzahl Propidiumiodid-positiver Zellen 96 Stunden nach Bestrahlung ist es denkbar, dass der Zelltod womöglich auch zu einem späteren Zeitpunkt einsetzt, wenn sich die durch die Bestrahlung entstandenen Aberrationen und nicht mehr reparablen Schäden über mehrere Zellzyklen manifestiert haben und dann zum Tod der Zelle führen. Entsprechend unseren Ergebnissen führt Bestrahlung ebenso zu einem Einbruch der Neurogenese (NeuN/BrdU) sowie der Proliferation (BrdU/ Ki-67). Diese Beobachtungen machten auch andere Arbeitsgruppen, die ebenfalls negative Langzeiteffekte auf die Neurogenese (Mizumatsu et al., 2003) sowie die Proliferation (Rola et al., 2004) beschrieben.
Die Ausdifferenzierung der Stammzellen zu GFAP-positiven Zellen kann durch die Induktion von NF- κB (Ozeki et al., 2012), STAT-3 (Bonni et al., 1997) oder die Aktivierung der Mikroglia im Sinne einer reaktiven Gliosis (Hwang et al., 2006) hervorgerufen werden. Entgegen der Annahme, dass es auch zu einem bestrahlungsinduzierten Abfall ausgereifter Neurone kommen müsste, führte Bestrahlung bis 12 Gy nach 42 Tagen eher zu einer Zunahme. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass es unmittelbar nach Bestrahlung zu einem Abfall gekommen ist, der sich aber nach 42 Tagen vollständig erholt hat. Dies könnte auch den Abfall bei einer Dosis von 16 Gy erklären, da in diesem Dosisbereich eben keine Regeneration mehr erwartet werden kann.

Effekt von Resveratrol
Da es bereits bei einer Einzeldosis von 4,5 Gy zu einem irreversiblen Abfall neuronaler Stammzellen sowie einem Einbruch der Proliferation und Neurogenese kam, sollten neben technischen Maßnahmen zur Neuroprotektion auch andere Möglichkeiten in Betracht gezogen werden. Eine Einzeldosis von 4,5 Gy entspricht in etwa einer Dosis von 10 Gy, die im Rahmen des „hippocampal sparing“ während der fraktionierten Behandlung typischerweise im Bereich des Hippokampus erreicht wird (Gondi et al., 2010b).
Die Gabe von Resveratrol führte in unbestrahlten Gewebekulturscheiben zu einer Abnahme Nestin-positiver Zellen im Vergleich zu unbehandelten Kontrollen. In Kombination mit Bestrahlung zeigte sich jedoch, dass die Anzahl Nestin-positiver Zellen durch die Gabe von Resveratrol zum Teil signifikant erhöht werden konnte. Das neuroprotektive Potential von

Resveratrol konnte bereits bei 4 Gy bestrahlten hippokampalen Neuronen demonstriert werden (Li et al., 2014). Bei einer Bestrahlungsdosis von 8 Gy, nicht jedoch bei 16 Gy beobachteten wir über den gesamten Zeitraum einen neuroprotektiven Effekt. Es ist anzunehmen, dass die durch 16 Gy hinterlassenen Schäden derart stark ausgeprägt sind, dass Resveratrol, welches nur 48 Stunden verabreicht wurde, nicht in der Lage war, die Stammzellen zu schützen. In der Praxis könnte man Resveratrol über längere Zeit im Rahmen fraktionierter Behandlungen verabreichen, was auch eine Reduktion der Resveratroldosis ermöglichen könnte. In den unbestrahlten Kontrollen führte die Gabe von Resveratrol möglicherweise durch die Aktivierung von Sirt-1 sowie von AMPK zu einer Inhibition der Entwicklung von Stammzellen (Ma et al., 2014; Park et al., 2012).
In weiteren Studien sollte geprüft werden, inwieweit Resveratrol auch in vivo Potential besitzt, die neurokognitiven Fähigkeiten durch einen Schutz der Stammzellen vor Bestrahlung zu verbessern.:Inhaltsverzeichnis


Abkürzungsverzeichnis II

1. Einführung
1.1 Hintergrund
1.2 Primäre ZNS-Tumore im Kindesalter
1.2.1 Entstehung und Ätiologie
1.2.2 Symptome und Diagnostik
1.2.3 Therapiemodalitäten
1.3 Der Hippokampus
1.3.1 Anatomie der hippokampalen Formation
1.3.2 Funktion des Hippokampus
1.3.3 Neurogenese im Hippokampus
1.4 Beschreibung des Mausmodels sowie der Zellkultur
1.5 Biologische Wirkung ionisierender Strahlung auf Gewebe
1.6 Neuroprotektion vor ionisierender Strahlung
1.7 Zielsetzung der Arbeit
2. Publikation
3. Zusammenfassung
4. Literaturverzeichnis
5. Darstellung des eigenen Beitrags

6. Anhang 36
6.1 Selbstständigkeitserklärung 36
6.2 Lebenslauf 37
6.3 Publikationen 39
6.4 Danksagung 40

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:16674
Date02 November 2017
CreatorsPrager, Isabell
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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