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Der Langzeitverlauf unbehandelter Angststörungen: Wie häufig sind Spontanremissionen?

Der Langzeitverlauf und die Häufigkeit sogenannter spontaner Remissionen wurde anhand von 77 Fallen mit einer Lifetime-Diagnose einer Angststörung untersucht. Die 77 Angstfälle wurden als Teil der Münchner Follow-up-Studie im Rahmen einer allgemeinen Bevölkerungsuntersuchung im Jahre 1974 identifiziert und wurden über einen Zeitraum von sieben Jahren (bis 1981) weiter untersucht. Die Diagnosen wurden einerseits durch ein standardisiertes diagnostisches Instrument (den DIS), andererseits über eine klinisch-psychiatrische Nachuntersuchung (1981) abgesichert. In Ergänzung hierzu wurde der Verlauf der psychopathologischen Symptome sowie die psychologische und psychosoziale Integration der Versuchspersonen beurteilt. Ergebnisse: Die Lebenszeit-Prävalenz, irgendeine Anststörung zu entwickeln, betrug 13,9%. Einfache und soziale Phobien wiesen eine Prävalenz von 8,0%, Agoraphobie von 5,7%, Zwangsstörungen von 2,0% und Panikstörungen von 2,4% auf. Die Inzidenz, d.h. das Auftreten neuer Fälle im Zeitraum zwischen der Erst- und Zweituntersuchung war niedrig, mit Ausnahme für Panikstörungen (1,2%, bei einer Gesamtprävalenz von 2,4%) und Agoraphobie (1,3% bei einer Gesamtprävalenz von 5,7%). Die Komorbidität war sowohl innerhalb der Angststörungen wie auch bezüglich anderer psychischer Störungen erhöht. 62% hatten mehr als eine Angstdiagnose, Major Depression und Abhängigkeit von Alkohol oder Medikamenten waren die häufigsten komorbiden Störungen, die in der überwiegenden Mehrzahl deutlich nach dem Beginn der Angststörung auftraten. Spontanremissionen wurden auf drei unterschiedlichen Ebenen definiert, von denen ein Kombinationsmaβ als Hauptergebnis interpretiert wurde. Danach war die symptomatische Remission in alien Angstgruppen niedrig, während die psychosoziale Remissionsrate ein günstigeres Bild mit Remissionsraten zwischen 28,6% für Panikstörung und 53,1% für einfache und soziale Phobien ergab. Das kombinierte spontane Remissionsmaβ ergab für keine der Zwangsstörungen, nur 14,3% der Panikstörungen, 19,2% der Agoraphobien und 18,8% der einfachen und sozialen Phobie eine voile Remission. Die Ergebnisse unterstreichen, daβ Angststörungen zumeist in der Kindheit oder frühen Adoleszenz beginnen und dazu neigen, chronisch über den Groβteil des Lebens zu persistieren und nur selten zu remittieren.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:26257
Date January 1991
CreatorsWittchen, Hans-Ulrich
PublisherKarger
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:article, info:eu-repo/semantics/article, doc-type:Text
SourceVerhaltenstherapie 1991, Bd. 1, Nr. 4, S. 273-282, ISSN 1016-6262
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relation10.1159/000257989

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