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Die Rolle von Fettgewebemakrophagen beim Adipozytenabbau

Die Adipositasepidemie hat sich in den letzten Jahrzehnten, vor allem in westlichen Ländern, weiter ausgebreitet. Eine chronische Fettgewebeentzündung stellt eine pathophysiologische Schnittstelle von Übergewicht mit den zahlreichen adipositasassoziierten Krankheiten dar. Diese Entzündung ist zwar bereits ausführlich beschrieben, ihr genauer Auslöser allerdings ungeklärt. Das gehäufte Auftreten von crown-like structures (CLS, kronenartige Strukturen) gilt als guter Indikator für eine Fettgewebeentzündung. Diese Strukturen zu untersuchen, gestaltet sich aber, mangels Methoden zur Induktion von CLS, schwierig.

In dieser Arbeit verwendeten wir eine transgene Mauslinie, die grün fluoreszierendes Protein (GFP) in Makrophagen und über die Cre-ERT2 induzierbar das rot fluoreszierende tdTomato in Adipozyten exprimiert. Zunächst nutzten wir dieses Modell, um die Induzierbarkeit über Tamoxifen (TAM)-Applikation in unserem Organkultursystem von intaktem Fettgewebe zu verifizieren. Drei Tage nach einmaliger Zugabe von TAM ins Kulturmedium exprimierten nahezu alle Adipozyten tdTomato. Die in anderen Arbeiten beschriebene, fast vollständige Induzierbarkeit bleibt also in unserem Organkulturmodell erhalten. Auffällig war allerdings, dass vereinzelt Adipozyten bereits vor der Zugabe von TAM tdTomato exprimierten. Weitere Untersuchungen enthüllten verschieden Faktoren, die die spontane Rekombination in vivo beeinflussen. Weibliche Mäuse wiesen mehr tdTomato exprimierende Adipozyten auf als männliche und homozygote deutlich mehr als heterozygote Tiere. Exprimierten in heterozygoten Männchen ca. 9 % der Adipozyten tdTomato ohne TAM-Applikation, waren es 70% in homozygoten Weibchen. Außerdem stieg der Anteil tdTomato exprimierender Adipozyten mit dem Alter der Mäuse an. Diese nicht induzierte Rekombinaseaktivität kann zu einem hohen Hintergrundsignal in Kontrollgruppen führen und vermindert die TAM-vermittelte Induzierbarkeit vor allem in homozygoten Tieren deutlich. Bei Verwendung von induzierbaren Cre-Rekombinasen ist es daher wichtig, zunächst an Kontrolltieren mit passendem Alter, Geschlecht und Genotyp auf nicht induzierte Rekombinaseaktivität zu testen.

Ziel dieser Arbeit war es, das erste Modell zu entwickeln, um gezielt die Formation von CLS in intaktem Fettgewebe zu induzieren. Die Hypothese dafür war, dass die Bildung von CLS kein Artefakt der Fettgewebeentzündung ist, sondern der natürliche Abbaumechanismus von toten Adipozyten, die zu groß für klassische Phagozytose sind. Aus diesem Grund kultivierten wir Fettgewebe von dünnen Mäusen und nutzten die Laser eines Konfokalmikroskops um Adipozyten gezielt zu depletieren. Der verwendete lichtmikroskopische Ansatz erlaubte anschließend, die Makrophagenbewegung in Echtzeit zu dokumentieren. Zwölf Stunden nach induziertem Adipozytentod kam es bereits zur Migration von Makrophagen zur Stelle des Laserschadens. Ab 24 Stunden nach Adipozytentod bildeten diese Makrophagen CLS. Die Präzision des verwendeten Laserschadens erlaubt hierbei die gezielte Depletion einzelner Adipozyten ohne größeren Gewebeschaden, um die Bildung von CLS zu induzieren.

Die so induzierten CLS untersuchten wir mittels post hoc Immunfluoreszenzfärbungen auf die Expression verschiedener Marker. Makrophagen in CLS exprimierten die proinflammatorischen Marker CD11c, CD86 und CD9, während die im Gewebe verteilten Makrophagen die antiinflammatorischen Marker CD301 und CD206 exprimierten. Diese Ergebnisse verifizierten wir mit Färbungen von in vivo gebildeten CLS im Fettgewebe dünner Mäuse und beobachteten hier eine vergleichbare Expression der pro- und antiinflammatorischen Marker. Des Weiteren analysierten wir die Art des durch den Laserschaden induzierten Adipozytentods genauer. Die Membran der bestrahlten Adipozyten war gut mit Annevin V anfärbbar, was auf die Externalisierung von membranständigem Phosphatidylserin schließen lässt, während die Kerne keine DAPI-Färbung aufwiesen. Die Phosphatidylserinexternalisierung bei Erhalt der Membranintegrität ist bei apoptotischem Zelltod, in der Regel aber nicht bei nekrotischem Zelltod, zu beobachten. Die induzierte CLS-Bildung scheint also eine Reaktion auf apoptotischen Adipozytentod zu sein.

Ein klassisches Modell unterscheidet zwischen proinflammatorischen (M1) und antiinflammatorischen (M2) Makrophagen. Mit fortschreitender Fettgewebeentzündung steigt der Anteil der M1-Makrophagen immer weiter an. Für diesen Anstieg wurden sowohl die Rekrutierung von Blutmonozyten, als auch ein „phenotpical switch“ von residenten Makrophagen postuliert. Da Makrophagen in unseren induzierten CLS die entsprechenden M1-Marker exprimieren und residente Makrophagen außerhalb von CLS stattdessen M2-Marker, liefert unser Modell erstmals direkte Nachweise für den „phenotypical switch“ von Makrophagen in CLS. Die Rekrutierung dagegen ist in unserem ex vivo Organkulturmodell ausgeschlossen. Um sicherzustellen, dass auch CLS in vivo durch residente Makrophagen gebildeten werden, analysierten wir das Fettgewebe von Wildtypmäusen, die sich einen Blutkreislauf mit GFP exprimierenden Parabiosepartnern teilten. So konnten wir zeigen, dass die Makrophagenpopulation im Fettgewebe zwar teilweise durch Monozytenrekrutierung erhalten wird, CLS jedoch nicht verstärkt durch rekrutierte Makrophagen gebildet werden.

Auch freie Fettsäuren gelten allgemein als proinflammatorisch. Weder Stimulierung mit Palmitat noch Kontakt zu bei der Kultivierung entstehenden kleineren Fetttröpfen führte in unseren Experimenten zu einer vergleichbaren Änderung des Phänotyps der Makrophagen wie nach Adipozytentod in unserem Modell. Der beobachtete „phenotypical switch“ scheint also direkt mit der Bildung von CLS zusammenzuhängen. Im Fettgewebe von Mäusen, die eine hochkalorische Diät erhielten, konnten wir eine CLS-Bildung mit einem vergleichbaren zeitlichen Ablauf und vergleichbarer Häufigkeit induzieren. Dies ist ein weiterer Hinweis dafür, dass CLS der biologische Abbauweg für tote Adipozyten sind und kein Entzündungsartefakt.
Unsere Ergebnisse zeigten, dass sich CD11c gut als Marker eignet, um Makrophagen in induzierten CLS von interstitiellen Makrophagen zu unterscheiden. Dieses Ergebnis nutzten wir, um die Makrophagen zu sortieren und mittels RNA-Sequenzierung den Phänotyp der CLS- bildenden Makrophagen über die verwendeten Marker hinaus zu untersuchen. Dabei zeigte sich eine erhöhte Expression vieler weiterer M1-Markerproteine in CD11c positiven Makrophagen, während M2-Gene vermindert exprimiert wurden. Außerdem zeigten die Makrophagen in CLS eine erhöhte Expression von Genen, wie sie laut Literatur durch metabolische Aktivierung (Stimulierung mit Palmitat, Insulin und Glukose) induziert wurde, sowie eine erhöhte Expression verschiedener Gene des Lipidmetabolismus. Zusätzlich zeigten sich Veränderungen in der Expression einiger Chemokine oder ihrer Rezeptoren, was ein Hinweis auf einen gezielten Mechanismus zur Rekrutierung von Makrophagen zur CLS-Bildung sein könnte.

Zusammenfassend zeigen unsere Ergebnisse, dass Adipozytentod die CLS-Bildung in gesundem Fettgewebe ohne Dysfunktion induziert. Damit einher geht der „phenotypical switch“ der Makrophagen in diesen CLS zu einem metabolisch aktivierten Phänotyp. Dieser Phänotyp ist assoziiert mit erhöhter Exozytose von lysosomalen Proteinen und beschleunigtem Lipidstoffwechsel zum Verdau des toten Adipozyten. Andere Gruppen konnten außerdem zeigen, dass metabolisch aktivierte Makrophagen verstärkt proinflammatorische Zytokine, wie TGFβ, TNFα und IL-1β, sezernieren. Der langsame Abbau von Adipozyten in CLS führt also zur Aktivierung von Signalwegen in Makrophagen, wie sie auch bei ineffektiver Phagozytose und sekundärer Nekrose anderer Zellarten zu beobachten ist. Gehemmte Phagozytose führt in anderen Geweben zu einer chronischen Entzündung, vergleichbar mit der adipositasassoziierten Entzündung in dysfunktionalem Fettgewebe.

In dieser Arbeit konnten wir weiterhin zeigen, dass Alter, Genotyp und Geschlecht einen großen Einfluss auf die nicht induzierte Aktivität der untersuchten Cre-Rekombinase haben. Außerdem haben wir ein Modell etabliert, um gezielt CLS-Bildung zu induzieren. Mit Hilfe dieses Modells konnten wir zeigen, dass Adipozytentod auch im Fettgewebe von dünnen Mäusen ohne zu Grunde liegende Fettgewebeentzündung zu CLS-Bildung führt. Makrophagen in CLS weisen zudem einen anderen Phänotyp auf als im Gewebe verteilte Makrophagen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Adipozytentod im Fettgewebe dünner Mäuse lokal einen proinflammatorischen, metabolisch aktivierten Phänotyp induziert, wie er im Fettgewebe von Mäusen nach einer hochkalorischen Diät oder nach Stimulierung mit Palmitat, Insulin und Glukose beobachtet werden konnte. Diese Arbeit liefert damit Hinweise, dass vermehrter Adipozytentod und durch Fettzellhypertrophie länger bestehende CLS die treibenden Kräfte hinter der chronischen Fettgewebeentzündung sind, die verantwortlich für die diversen, mit Übergewicht vergesellschafteten Krankheiten ist.:1 Einführung
1.1 Fettgewebe
1.2 Adipositas und adipositasassoziierte Krankheiten
1.3 Die Fettgewebeentzündung
1.4 Funktionen von Makrophagen
1.5 Fettgewebemakrophagen
1.6 Crown-like structures
1.7 Efferozytose apoptotischer und nekrotischer Zellen
1.8 Das Cre-loxP-System
1.9 Zielsetzung
2 Publikationen
2.1 Unspecific DNA recombination in AdipoqCre-ERT2 – mediated knockout approaches in transgenic mice is sex-, age- and genotype-dependent
2.2 Adipocyte death triggers a pro inflammatory response and induces metabolic activation of resident macrophages
3 Zusammenfassung der Arbeit
4 Literaturverzeichnis
5 Darstellung des eigenen Beitrags des Promovierenden zu den Publikationen
5.1 Unspecific DNA recombination in AdipoqCre-ERT2 – mediated knockout approaches in transgenic mice is sex-, age- and genotype-dependent
5.2 Adipocyte death triggers a pro inflammatory response and induces metabolic activation of resident macrophages
6 Erklärung über die eigenständige Abfassung der Arbeit
7 Publikationen im Rahmen der Promotion
8 Danksagung

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:80837
Date28 September 2022
CreatorsLindhorst, Andreas
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/acceptedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relation10.1080/21623945.2019.1701394, 10.1038/s41419-021-03872-9, 10.1038/s41419-021-03872-9, 10.1080/21623945.2019.1701394

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