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Gentechnische Optimierung der Hefe Yarrowia lipolytica zur biotechnologischen Produktion von Succinat

Das Interesse an biotechnologisch hergestellter Bernsteinsäure als ein potenzielles intermediäres Ausgangsmaterial und als Alternative zu petrochemischen Produktionsprozessen in der Industrie steigt stetig. Für industrielle Zwecke wird Succinat derzeit noch hauptsächlich petrochemisch aus Maleinsäureanhydrid ausgehend von Butan gewonnen. Aufgrund ihrer Struktur als lineare, gesättigte Dicarbonsäure hat Bernsteinsäure allerdings das Potenzial als sogenannte Building-Block-Chemikalie zu fungieren und das als Ausgangssubstanz für viele Prozesse dienende Maleinsäureanhydrid zu verdrängen. Wichtige Vorstufen für die chemische Synthese, Polyesterproduktion und andere Prozesse können aus Succinat gewonnen werden, eine preiswerte und zu Maleinsäureanhydrid günstigere Bereitstellung von Succinat vorausgesetzt. Aufgrund der zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten und der mit der petrochemischen Herstellung verbundenen Nachteile, wie z. B. hohe Kosten und der Einsatz umweltschädlicher Substanzen, ist die Forschung an succinatproduzierenden Organismen durch den voraussichtlichen ökologischen Nutzen und der besseren Kosteneffizienz einer biobasierten Succinatproduktion motiviert. Bernsteinsäure wird natürlicherweise durch viele Mikroorganismen, Pflanzen und Tiere als Intermediat im zentralen Stoffwechsel oder als Stoffwechselendprodukt gebildet. Die Mehrheit der natürlichen und optimierten Produzenten stellen Bakterienstämme dar, die Succinat unter anaeroben Bedingungen akkumulieren.

In den letzten Jahren rückten auch Hefen immer stärker in den Fokus der Untersuchungen zur Entwicklung von biotechnologischen Verfahren zur Succinatproduktion. Neben der konventionellen Hefe Saccharomyces cerevisiae, mit der bisher trotz gentechnischer Veränderungen nur maximal 6,3 g Succinat je Liter produziert werden konnte, ist besonders die als Säureproduzent bekannte Hefe Yarrowia lipolytica von Bedeutung. Yarrowia lipolytica ist einzigartig in ihrer Fähigkeit zur Produktion und Sekretion von großen Mengen verschiedener organischer Säuren, wie Citrat, Isocitrat, α-Ketoglutarat und Pyruvat. Aufgrund dieser hohen Sekretionskapazität für Metabolite und Proteine und einer effizienten Verwertung eines breiten Substratspektrums, aber auch wegen ihrer Apathogenität und der guten molekularbiologischen und verfahrenstechnischen Handhabbarkeit ist diese Hefe schon seit einigen Jahren von hohem industriellen Interesse. Neben den bereits genannten organischen Säuren ist Yarrowia lipolytica unter geeigneten Bedingungen auch zur Produktion und Sekretion von Succinat fähig. In der vorliegenden Arbeit sollte das Potenzial dieser Hefe als Succinatproduzent untersucht werden.

Der Fokus der Untersuchungen lag dabei vor allem auf dem succinat-metabolisierenden Enzym Succinatdehydrogenase, das im Tricarbonsäurezyklus die Oxidation von Succinat zu Fumarat katalysiert. Zu Beginn der Arbeiten wurden die Auswirkungen einer Reduktion der Aktivität der Succinatdehydrogenase durch das Antibiotikum Carboxin untersucht. Carboxin bewirkt in verschiedenen Organismen eine Hemmung der Succinatdehydrogenase. Dabei bindet Carboxin wahrscheinlich an die Ubichinon-Bindestelle der Succinatdehydrogenase und verhindert so eine Reduktion von Ubichinon. Die Wirkung von Carboxin auf die Succinatdehydrogenase und die Succinatproduktion der Hefe Yarrowia lipolytica wurde bisher allerdings nicht untersucht. Im Rahmen dieser Arbeit wurde jedoch nachgewiesen, dass Carboxin nicht nur auf das Wachstum des Wildtypstamms Yarrowia lipolytica H222, sondern auch auf die spezifische Aktivität der Succinatdehydrogenase hemmend wirkte.

Es wurde außerdem gezeigt, dass eine Reduktion der Succinatdehydrogenaseaktivität zu einer deutlichen Steigerung der maximalen Succinatmengen und der Produktbildungsraten führte. So wurden mit 150 μg L-1 Carboxin maximale Succinatmengen von 31,6 ± 5,4 g L-1 mit durchschnittlichen Produktivitäten von 65,5 ± 7,6 mg L-1 h-1 und 4,3 ± 1,7 μg OD-1 h-1 im Vergleich zur Kultivierung ohne Carboxin mit 2,0 ± 0,7 g L-1, 4,3 ± 0,9 mg L-1 h-1 und 0,2 ± 0,1 μg OD-1 h-1 nachgewiesen. Um auf das für großtechnische Verfahren ungeeignete Antibiotikum Carboxin zu verzichten, sollte die Aktivität der Succinatdehydrogenase anschließend durch gezielte gentechnische Veränderungen reduziert werden. Um dies zu erreichen, wurde das Gen SDH2, das für die Eisen-Schwefel-Untereinheit der Succinatdehydrogenase kodiert, unter die Kontrolle ausgewählter Promotoren (des Isocitratlyasegens ICL1 oder des 3-Oxo-Acyl-Thiolasegens POT1) gesetzt, die unter bestimmten Bedingungen, z. B. bei Einsatz von Glycerol als Kohlenstoffquelle nur schwach expremiert werden. Die spezifische Aktivität der Succinatdehydrogenase konnte dadurch um 40 (pICL1-SDH2) bzw. 64 % (pPOT1-SDH2) herabgesetzt werden. Die so konstruierten Yarrowia lipolytica Stämme H222-AZ1 (pICL1-SDH2) und H222-AZ2 (pPOT1-SDH2) produzierten maximal 15,3 ± 0,5 g L-1 bzw. 30,0 ± 3,7 g L-1 Succinat.

Die Untersuchungen mit Carboxin und gentechnisch bedingter verringerter Expression zeigten, dass es offenbar einen Zusammenhang zwischen Reduktion der Aktivität der Succinatdehydrogenase und Steigerung der Succinatproduktion gibt. Weiterhin waren die Produktbildungsraten bei beiden Stämmen im Vergleich zum Wildtyp signifikant erhöht. Eine Reduktion der Aktivität der Succinatdehydrogenase – sei es durch Carboxin oder Promotoraustausch – bewirkte außerdem eine Reduktion der Malat- und Fumaratbildung und eine Erhöhung der detektierbaren α-Ketoglutaratgehalte. Auf Basis dieser Ergebnisse wurde geschlussfolgert, dass die Succinatdehydrogenase das Schlüsselenzym zur Beeinflussung der Succinatproduktion zu sein scheint. Diese Schlussfolgerung wurde außerdem durch die Arbeiten von Yuzbashev et al. (2010) unterstützt.

Parallel zu diesen Arbeiten wurden außerdem die Effekte der Überexpression der α-Ketoglutaratdehydrogenase, der Isocitratlyase und der Pyruvatcarboxylase untersucht. Trotz einer signifikanten Steigerung der spezifischen Aktivitäten hatten weder eine Überexpression der α-Ketoglutaratdehydrogenase noch der Isocitratlyase eine Steigerung der Succinatproduktion zur Folge. Nur die erhöhte Kopienzahl des Pyruvatcarboxylase kodierenden Gens und eine damit einhergehende Steigerung der Aktivität resultierte in einer geringen Erhöhung der gebildeten Succinatgehalte im Vergleich zum Wildtyp. Bei gleichzeitiger Reduktion der Succinatdehydrogenaseaktivität durch Carboxin wurde diese Tendenz eindeutig bestätigt. Aufgrund dieses Befunds wurde ausgehend von H222-AZ2 ein Stamm konstruiert, in dem zusätzlich zum Austausch des DH2-Promotors mehrere Kopien des Pyruvatcarboxylase-kodierenden Gens PYC1 eingeführt wurden. Die Überexpression von PYC1 resultierte nicht nur in einer gesteigerten Aktivität der Pyruvatcarboxylase, sondern auch in einer weiteren Steigerung der Succinatproduktion im Vergleich zu H222-AZ2. So wurden maximale Succinatmengen von 43,9 ± 7,9 g L-1 mit durchschnittlichen Produktivitäten von 129,4 ± 13,0 mg L-1 h-1 und 8,2 ± 1,5 μg OD-1 h-1 nachgewiesen. Im Vergleich zum Wildtyp entspricht dies einer Steigerung der detektierbaren Succinatmengen um das 34fache.

Die in der vorliegenden Arbeit erzielten Ergebnisse verdeutlichen das große Potenzial der Hefe Yarrowia lipolytica für die biotechnologische Herstellung von Succinat. Es wurde gezeigt, dass eine Reduktion der Succinatdehydrogenaseaktivität allein oder kombiniert mit der gesteigerten Pyruvatcarboxylaseaktivität zu einer drastischen Steigerung der Succinatproduktion sowie zu einer Reduktion der Nebenprodukte Fumarat und Malat führte. Es wird davon ausgegangen, dass eine weitere Steigerung durch eine Optimierung der Kultivierungsbedingungen bzw. durch zusätzliche gentechnische Veränderungen möglich ist. So sollte durch nachfolgende gentechnische Veränderungen, z. B. eine erhöhte Expression der Gene der am Glyoxylatzyklus beteiligten Enzyme Malatsynthase und Isocitratlyase, vor allem die weitere Reduktion der Nebenprodukte, besonders eine Reduktion der α-Ketoglutaratgehalte angestrebt werden. Des Weiteren sollten auch die Transportprozesse der organischen Säuren, insbesondere durch die Membranen, untersucht und gegebenenfalls zugunsten der Succinatproduktion manipuliert werden.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:14-qucosa-81072
Date11 December 2017
CreatorsHolz, Martina
ContributorsTechnische Universität Dresden, Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, Prof. Dr. Gerold Barth, Prof. Dr. Gerold Barth, Prof. Dr. Thomas Bley
PublisherSaechsische Landesbibliothek- Staats- und Universitaetsbibliothek Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf

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