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Literaturstudium zur sagittalen Balance der Wirbelsäule und Validierung der Reliabilität eines neuen vereinfachten Messverfahrens

Das Konzept der spinopelvinen sagittalen Balance beruht auf der Wechselwirkung und dem Abhängigkeitsprinzip zwischen Einstellung der Wirbelsäulenkrümmungen zueinander sowie Einstellung der Wirbelsäule zum Becken in der Sagittalebene (Koller et al. 2009). Die sagittale Balance der Wirbelsäule wird beschrieben durch Winkel und Abstände. Sie definieren einerseits die optimale Ausrichtung der Wirbelsäule im Verhältnis zum Becken in der Sagittalebene. Andererseits werden sie zur Beschreibung von Pathologien genutzt. In den beiden letzten Jahrzehnten sind unterschiedliche, teils konkurrierende Konzepte zur sagittalen Balance entstanden (Duval-Beaupère et al. 1992, During et al. 1985, Jackson & McManus 1994, Jackson et al. 1998). Das französische Modell der Autorengruppe um Duval-Beaupère und Legaye (Duval-Beaupère et al. 1992, Legaye & Duval-Beaupère 1998) gilt in der heutigen wissenschaftlichen Diskussion als maßgeblich (Harding 2009). Die Parameter dieses Modells sind der individuell konstante, anatomische Parameter Pelvic Incidence und die positionalen Parameter Pelvic Tilt und Sacral Slope. Dem Konzept von Duval-Beaupère et al. liegen biomechanische Untersuchungen zur Verteilung der Schwerkraft mit dem Barycentremeter zugrunde (Duval-Beaupère et al. 1992). Der wesentliche Parameter im Konzept nach During et al. (1985) ist der pelvisakrale Winkel. Jackson und Co-Autoren definieren die spinopelvine Balance in der Sagittalen mittels des Beckenradius-Methode mit dem namensgebenden Parameter PR, einer Längenangabe, und dem Winkel PR-S1 (Jackson et al. 1998, Jackson & Hales 2000). Letztgenannte Parameter wurden durch Korrelations- und Reliabilitätsanalysen erhoben.
Die vorliegende Arbeit stellt im Rahmen eines Literaturstudiums die konkurrierenden Konzepte und ihre Weiterentwicklungen vor. Das Verhalten der unterschiedlichen Parameter während Wachstum und Alter wird beschrieben. Ihr Verhalten bei und ihr potentieller Einfluss auf die Entwicklung von Pathologien der Wirbelsäule wird anhand des Beispiels der Spondylolisthese beleuchtet.
Den vorangestellten Konzepten und insbesondere ihrer Anwendung zur Berechnung der optimalen sagittalen Balance, zur Berechnung der optimalen Lordose und zur Distinktion des physiologischen vom pathologischen Zustand ist eine zunehmende Komplexität gemeinsam. Es werden komplizierte mathematische Gleichungen (Legaye & Duval-Beaupère 2005; Boulay et al. 2006) und aufwendige wie teure Computersoftware bei der Anwendung der Konzepte benötigt (Berthonnaud et al. 2005b).

Baig et al. schlugen 2010 ein alternatives Verfahren zur Beschreibung eines Teilaspekts der spinopelvinen Balance in der Sagittalen vor. Anhand des Parameters hüftsakraler Abstand soll die Vorhersage der lumbalen Lordose erfolgen. Die eigenen Untersuchungen prüfen das Konzept nach Baig et al. mittels einer Reliabilitätsuntersuchung. Ermittelt wird die Intrarater- und die Interrater-Reliabilität für lumbale Lordose und hüftsakralen Abstand. Die lumbale Lordose wird dabei mittels des gebräuchlichen Verfahrens nach Cobb (Cobb 1948) vom ersten Sakral- bis zum ersten Lendenwirbelkörper gemessen. Der hüftsakrale Abstand bezeichnet den Abstand zwischen Mittelpunkt beider Femurköpfe und Promontorium auf einer Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule im lateralen Strahlengang (Baig et al. 2010). Bei der Konstruktion des hüftsakralen Abstandes und seiner Festlegung als morphologischer Parameter, wird die bicoxofemorale Achse (Achse durch das Zentrum beider Femurköpfe) (Jackson & McManus 1994; John & Fisher 1994) als Fixpunkt gewählt. Die bicoxofemorale Achse stellt das Zentrum der Beckenrotation dar (John& Fisher 1994). Vermessen wurden die Röntgenaufnahmen von 30 rückengesunden Freiwilligen zu je zwei unterschiedlichen Zeitpunkten von jeweils drei unabhängigen Untersuchern. Die eigenen Untersuchungen verfolgen zur Hypothesenprüfung eine Reliabilitätsanalyse (Intrarater und Interrater-Reliabilität). Man folgt bei der Festlegung des Parameters „hüftsakraler Abstand“ als konstantem, durch die Beckenanatomie vorgegebenen Parameter damit der Methodik Jacksons, nach der die Festlegung der anatomischen Parameter durch hohe Übereinstimmung in longitudinalen Untersuchungen erfolgte (Jackson & Hales 2000).
Das Ergebnis der Reliabilitätsanalyse zeigt hohe Werte für die Intrarater und Interrater-Reliabilität. Das Ergebnis der anschließend durchgeführten Regressionsanalyse für hüftsakralen Abstand (unabhängige Variable) und den Winkel der lumbalen Lordose (abhängige Variable) zeigt einen negativen Zusammenhang. Zusammenfassend weisen die Ergebnisse der statistischen Auswertung darauf hin, dass das vorgestellte Verfahren nach Baig et al. (2010) eine zuverlässige Methode zur Bestimmung der lumbalen Lordose ist und unabhängig von der Erfahrung des Untersuchers replizierbare Ergebnisse liefert.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-149920
Date04 August 2014
CreatorsStavenhagen, Anna
ContributorsUniversität Leipzig, Orthopädische Klinik und Poliklinik, Prof. Dr. med. Christoph-Eckhard Heyde, Prof. Dr. Christoph Josten, PD Dr. Ralph Kayser
PublisherUniversitätsbibliothek Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf

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