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Wirkung von östrogenen Substanzen auf Veränderungen des Stoffwechsels im Tiermodell der Aromatase knockout MausBader, Manuela 07 May 2012 (has links)
In den letzten Jahren wurden die westlichen Industrienationen vermehrt mit Wohlstandserkrankungen konfrontiert, welche durch Überernährung und gleichzeitigem Bewegungsmangel hervorgerufen werden. Dabei gilt es besonders die Fettsucht und das meist damit vergesellschaftete Metabolische Syndrom (MetS) zu nennen. Bei dem MetS handelt es sich um eine multifaktorielle Erkrankung, die laut „International Diabetes Foundation" (IDF) unter anderem durch erhöhte Triglyceride, ein niedrigeres HDL-Cholesterin, einen erhöhten Blutdruck und einen pathologischen Nüchternblutzucker gekennzeichnet ist.
Eine wichtige Subpopulation von Betroffenen des MetS sind Frauen in den Wechseljahren, von denen ca. 40 % Symptome des MetS zeigen. In Studien zeigte sich, dass die Hormonersatztherapie (HRT) Parameter des Stoffwechsels in postmenopausalen Frauen unterschiedlich beeinflusst, je nachdem, ob sie gleichzeitig Symptome des MetS zeigen oder nicht. So werden z. B. Probleme der Insulinresistenz durch HRT von postmenopausalen Frauen zwar prinzipiell verbessert, aber nur, wenn diese Frauen nicht gleichzeitig weitere Symptome des MetS aufweisen wie z. B. Adipositas. Um sowohl die Folgen für die Gesundheit des betroffenen Individuums zu minimieren als auch die sozioökonomischen Folgen in Schranken halten zu können, sollten präventive Behandlungsmaßnahmen den kurativen deutlich zu bevorzugen sein. Voraussetzung für eine effektive chemische Prävention des MetS und seiner Folgen für die Gesundheit ist die genaue Kenntnis der molekularen Grundlagen der pathophysiologischen Veränderungen, die als Folge der Östrogendefizienz zur verstärkten Ausprägung der Symptome des MetS bzw. der Adipositas führen. Ein erster plausibler mechanistischer Ansatzpunkt schien dabei durch das Wechselspiel von Östrogenen und Leptin gegeben zu sein. So ist z. B. der Leptin-Spiegel in Frauen gegenüber Männern dreifach höher. Ein „cross-talk“ zwischen den beiden Hormonen im Hypothalamus gilt als nachgewiesen.
Die Aromatase-knockout (ArKO)-Maus ist ein Mausmodell, das als Phänotyp die Östrogendefizienz mit den Symptomen des MetS vergesellschaftet. Durch die Deletion des Cyp19-Gens (Aromatase-Gen) sind diese Tiere nicht in der Lage, Östrogene zu synthetisieren. Dies äußert sich phänotypisch durch eine Infertilität beider Geschlechter und im zunehmenden Lebensalter durch die Ausprägung einer exzessiven Adipositas. Durch diese Eigenschaft scheint die ArKO-Maus ein adäquates Modell zur Erforschung von Folgen der Östrogendefizienz einschließlich des MetS zu sein.
Aus diesem Grund war es interessant zu prüfen, ob und in welchem Umfang die ArKO-Maus a) ein adäquates Modell für hormonelle Prüfungen bei Zuständen der Östrogendefizienz im Allgemeinen und b) im Zusammenhang mit der Östrogendefizienz vergesellschaftete Fettsucht darstellt.
Symptome der Wechseljahre sind ein Problem des alternden Organismus. Diese Tatsache wird in vielen tierexperimentellen Studien zu Erscheinungen der Östrogendefizienz nicht berücksichtigt. Deshalb war es weiterhin interessant, den Einfluss des Alters zu Beginn der Behandlung der ArKO-Maus zu untersuchen. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit lag in der Prüfung östrogenähnlicher Substanzen im ArKO-Mausmodell. Hier war es zusätzlich von Interesse neben dem Einfluss der östrogenen Substanzen auf ausgewählte Gewebe in der ArKO-Maus auch die Bedeutung der Behandlungsdauer zu untersuchen. Zur Beantwortung der ersten Frage die östrogene Empfindlichkeit betreffend wurden ArKO-Mäuse mit der ihren Wildtyp (WT)-Wurfgeschwister verglichen. Dabei wurden jeweils die östrogendefizienten Tiere, ArKO-Maus und ovariektomierte (ovx) WT-Maus, sowie die unter Östrogeneinfluss stehenden Tiere, E2-supplementierten ArKO-Mäuse und intakte WT-Mäuse miteinander verglichen. Basierend auf den physiologisch, biochemisch und molekularbiologisch erhobenen Daten ist das Fazit der ersten tierexperimentellen Studie: Die ArKO-Maus scheint anders als die ovx WT-Maus kein adäquates experimentelles Modell für reine Östrogenprüfungen zu sein. Sie scheint aber geeignet für molekulare Untersuchungen im Zusammenhang von Östrogendefizienz und MetS zu sein. Zwischen den beiden Mausmodellen ArKO und WT fand sich auf physiologischer und molekularer Ebene eine Vielzahl von Unterschieden. Die ArKO-Mäuse waren signifikant schwerer und auch der Verfettungsgrad war bei den ArKO-Mäusen stärker ausgeprägt als bei den ovx WT-Mäusen. Bei der Regulation Genexpression durch Östrogene zeigte ein Teil der untersuchten Gene sogar ein entgegengesetztes Expressionsmuster.
Zur Untersuchung, inwiefern das Lebensalter Einfluss auf physiologische und molekulare Eigenschaften der Östrogenwirkung nimmt, wurden weibliche ArKO-Mäuse aus zwei unterschiedlichen Altersgruppen untersucht. Mit der zweiten tierexperimentellen Studie konnte eine Reihe von Parametern identifiziert werden, die in ihrer östrogenen Regulation eine Abhängigkeit vom Alter aufweisen. So unterscheidet sich die Regulation des Körpergewichts signifikant zwischen beiden Altersgruppen, ebenso wie die des Uterusfeuchtgewichts. Auf molekularer Ebene konnte gezeigt werden, dass diese sich altersabhängig verändert und zum Teil im Vergleich der beiden untersuchten Lebensalter sogar entgegengesetzte Muster der östrogenabhängigen Regulation der Genexpression ausbildeten. Als Resümee der zweiten Studie kann daher festgehalten werden, dass bei den ArKO-Mäusen das Lebensalter der Tiere eine entscheidende Determinante für die Östrogensensitivität ist. Dies scheint insofern wichtig, wenn die Endpunkte auf Ebene von Geweben und Genen betrachtet werden, die besonders dem Alterungsprozess unterliegen bzw. die für gealterte Populationen relevant sind.
Bei der HRT wird oft die Verwendung von Phytoöstrogenen als sichere „Alternativtherapie“ propagiert. Um zu überprüfen welche Effekte E2, Raloxifen und pflanzliche Sekundärmetaboliten auf physiologische Parameter und die Regulation der Expression ausgewählter Gene in relevanten Zielgeweben der ArKO-Mäuse haben, wurde eine Tiergruppe für drei Tage und eine andere Tiergruppe für 21 Tage mit Raloxifen, Genistein und 8-Prenylnaringenin behandelt. Raloxifen ist eine in der HRT verwendete synthetisch hergestellte östrogene Substanz, die ein bekannter Selektiver-Östrogenrezeptor-Modulator (SERM) ist. Das Soja-Isoflavonoid Genistein und das im Hopfen vorkommende Flavanon 8-Prenylnaringenin (8-PN) sind dagegen natürlich vorkommende sekundäre Pflanzenmetabolite. In den durchgeführten Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass es zu einer Verringerung des Fettgewebes durch alle östrogene Substanzen kam. Für die Regulation der Expression östrogener Zielgene kann zusammenfassend festgestellt werden, dass sich nach einer 21-tägigen Behandlungszeit ein anderes Muster der Regulation der Genexpressionsmuster im Uterus ergab als nach einer dreitägigen Behandlung. Dies bestätigt die Annahme, dass auch die Dauer der Behandlung einen großen Einfluss auf die Genexpression und die dadurch vermittelten Veränderungen der Physiologie und des Stoffwechsels hat. Weiter konnte belegt werden, dass Raloxifen, Genistein und 8-PN auf den Uterus und die beiden Fettgewebe ähnliche Effekte zeigten wie E2. In der Expression der untersuchten Gene konnte dies allerdings nicht so deutlich nachgewiesen werden.
Schlussfolgernd kann anhand dieser Studien festgehalten werden, dass die ArKO-Maus kein adäquater Ersatz der ovx WT-Maus zur hormonellen Prüfung östrogener Substanzen ist. Sie scheint aber ein geeignetes, ergänzendes experimentelles Modell für Fragestellungen zu sein, die sich mit Untersuchungen der Zusammenhänge von Östrogendefizienz und MetS beschäftigen. Ebenso zeigten die Daten, dass das Lebensalter zu Beginn des Experiments eine entscheidende Determinante für die Qualität der östrogenen Wirkung ist. Darüber hinaus konnte im Rahmen dieser Arbeit gezeigt werden, dass die verwendeten östrogenen Substanzen keine eindeutigen SERM-Eigenschaften, sondern eher östrogene Wirkeigenschaften in den ArKO-Mäusen aufweisen.
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