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Challenges and perspectives of the North Frisian Halligen Hooge, Langeness and Nordstrandischmoor / Marshland accretion and adaptation capacity to sea-level-riseSchindler, Malte 14 November 2014 (has links)
Die Anpassung von Küstenniederungen, Seemarschen und Inseln an klimatische Veränderungen und einen steigenden Meeresspiegel ist eine der großen Herausforderungen des
21. Jahrhunderts. Im Gegensatz zu eingedeichten Küstenmarschen und Inseln besitzen tidebeeinflusste Seemarschen ein natürliches Anpassungspotential an sich verändernde hydrologische Rahmenbedingungen. Überflutungsabhängige Sedimenteinträge führen zu einem Anwachsen der Marschoberfläche und kompensieren somit einen Anstieg des Meeresspiegels. Die 10 verbliebenen nordfriesischen Halligen (Schleswig-Holstein, Deutschland) (Kapitel 1) sind bewohnte Inselmarschen, welche aufgrund ihrer anthropogenen Überprägung von naturbelassenen Seemarschen unterschieden werden müssen. Diese umfasst z.B. den Bau von flachen Sommerdeichen und Sielanlagen. Inwiefern sich diese Veränderungen auf die Sedimentdynamik der Marschen auswirken, ist bislang unzureichend belegt, was eine fundierte Diskussion bezüglich zukünftiger Entwicklungsperspektiven der Halligmarschen verhindert. Die vorliegende Arbeit ist dazu angelegt, diese Wissenslücke zu schließen. Sie untersucht das vertikale Marschwachstum exemplarisch auf den Halligen Hooge, Langeneß und Nordstrandischmoor und beurteilt deren Anpassungsvermögen an einen steigenden Meeresspiegel. Darüber hinaus werden zukünftige Entwicklungsperspektiven diskutiert.
Um Faktoren und Prozesse, welche maßgeblich die Sedimentdynamik der Halligen beeinflussen, messbar zu machen, musstengeeignete Methoden entwickelt und angewendet werden. Zur Berechnung jährlicher Überflutungshäufigkeiten wurden Pegelschwellenwerte für Überflutungsereignisse auf Basis von digitalen Geländemodellen (DGMs) und d-GPS (differential global positioning system) Messungen errechnet und auf die verfügbaren, regionalen Pegeldaten angewendet (Kapitel 2). Sedimentfallen, bestehend aus LDPE (low density polyethylene) Flaschen (1 Liter) und Kunstrasenmatten (20 x 30 cm), bilden die Grundlage einer dreijährigen (November 2010 – März 2013) Feld- und Laborstudie zur zeitlichen und räumlichen Erfassung der sturmflutabhängigen Sedimentdeposition (Kapitel 3). Durch die Verwendung regionaler bodenphysikalischer Parameter (Lagerungsdichte und Gehalt an organischer Bodensubstanz) können Depositionsraten in eine vertikale Wachstumskomponente transformiert werden. Dazu werden Ergebnisse einer Rammkernsondierung genutzt, welche 12 Sedimentkerne mit einer Länge von maximal 100 cm umfasst. Die Sedimentbohrkerne sind weiterhin die Grundlage für eine 137Cs- und 210Pb-Datierung. Die Kombination beider Datensätze (Kapitel 4) ermöglicht einen schlüssigen Vergleich der Marschentwicklung seit dem Jahr 1915 mit regionalen Pegeldaten und Projektionen des zukünftigen Meeresspiegelanstiegs.
Die Analyse der verfügbaren Pegeldaten (Kapitel 2) zeigt eine hohe Variabilität der jährlichen Überflutungshäufigkeiten. Das zehnjährige Mittel eintretender Ereignisse beträgt 2 Überflutungen auf Hooge, 9 – 10 Überflutungen auf Langeneß und 15 Überflutungen auf Nordstrandischmoor. Aufgrund der künstlichen Überhöhung der Marschkante durch Sommerdeiche mit + 1.54 m ü. mittlerem Tidehochwasser (MThw) auf Hooge und + 0.98 m ü. MThw auf Langeneß werden die betreffenden Halligen lediglich bei selten eintretenden Sturmflutereignissen überflutet. Die Höhe des wasser- und sedimentundurchlässigen Steinpflasters auf Nordstrandischmoor beträgt lediglich + 0.7 m ü. MThw.
Die methodischen Untersuchungen bezüglich der Nutzung von Sedimentfallen (Kapitel 3) zeigen, dass beide Typen von Sedimentfallen vergleichbare Ergebnisse liefern. Oberhalb einer Depositionsrate von ~ 2.0 kg/m2 sinkt das Rückhaltevermögen der Kunstrasenmatte im Vergleich zur LDPE Flasche deutlich ab. Die parallele Nutzung beider Fallentypen, insbesondere wenn die Depositionsraten den Schwellenwert (~ 2.0 kg/m2) nicht überschreiten, erlaubt:
(1) Die Überprüfung, ob beide Datensätze konsistent sind. (2) Die Identifizierung von Ausreißern. (3) Eine Abschätzung, ob Sediment auf oder in der Sedimentfalle nach der Überflutung remobilisiert wird. Um die Sedimentdeposition in eine vertikale Wachstumsrate zu übersetzen, muss die mittlere Bodendichte als auch der Gehalt an organischer Bodensubstanz des Marschbodens berücksichtigt werden. Die Bohrkernuntersuchungen zeigen, dass diese bodenphysikalischen Parameter auf den unterschiedlichen Halligen stark variieren. Marschen, die häufig überflutet werden lagern weniger organisches Material im Oberboden ein als selten überflutete Marschen. Niedrige Gehalte an leichten organischen Materialien geringer Dichte resultieren wiederum in einer höheren Lagerungsdichte des Marschbodens (Hooge 0.64 g/cm3, Langeneß 0.67 g/cm3, Nordstrandischmoor 0.83 g/cm3). Autochthones organisches Material (welches primär von der Halligvegetation stammt) trägt mit einem Anteil von 9.0 ± 1.4 % (Hooge) bis 21.4 ± 6.6 % (Nordstrandischmoor) zum Marschwachstum bei.
Die Ergebnisse der Sedimentfallenuntersuchungen als auch der Datierungen zeigen deutlich ein Ungleichgewicht zwischen Marschwachstum und Meeresspiegelanstieg seit Beginn des
20. Jahrhunderts. Die langjährigen Wachstumsraten, basierend auf der 210Pb-Datierung, liegen mit
1.0 ± 0.3 mm/a auf Hooge, 1.2 ± 0.3 mm/a auf Langeneß und 2.6 ± 0.9 mm/a auf Nordstrandischmoor deutlich unterhalb des MThw-Anstiegs von 5.0 ± 0.3 mm/a (1951 – 2011, Wyk auf Föhr). Projektionen des Meeresspiegelanstiegs bis zum Jahr 2100 (Berechnet durch das fwu, Siegen) weisen darauf hin, dass extreme Wasserstände (höchste, jährliche Tidehochwasserstände, HThw, 6.6 ± 3.8 mm/a) deutlich schneller ansteigen werden als das MThw oder der mittlere Meeresspiegel (2.6 ± 0.4 mm/a). Aufgrund dieser Beobachtungen ist von einem zukünftigen Anstieg des Gefährdungspotentials für die Halligen auszugehen, wenn es nicht gelingt, ein sedimentologisches Gelichgewicht zwischen Meeresspiegel und Marschwachstum herzu stellen. Der Anstieg der Wellenhöhe und Periode, aufgrund von steigender Wassertiefe und einer geringeren Wellentransmissionsrate an den Sommerdeichen, resultiert in einer steigenden hydrodynamischen Belastung der Warften und der Marschoberfläche. Das sedimentäre Ungleichgewicht, besonders auf Hooge und Langeneß, kann eindeutig auf das hydrologische Management der Halligen zurückgeführt werden. Aus sedimentologischer Sicht sind die beiden Hauptkritikpunkte (1) die geringe Anzahl an Überflutungen aufgrund der Deichanlagen und (2) der eingeschränkte Transport suspendierter Feststoffe über die Binnenpriele. Letzteres resultiert aus der Blockade der Binnenpriele durch Sielanlagen und führt zu einer Abnahme der Sedimentdeposition mit zunehmender Entfernung zur Uferlinie.
Um dem Ungleichgewicht zwischen Marschwachstum und Meeresspiegelanstieg entgegenzuwirken, ist es dringend erforderlich, neue Managementstrategien für die Halligen zu entwickeln (Kapitel 6), welche sedimentologische/geomorphologische Aspekte sowie die speziellen Bedürfnisse der Halligbevölkerung gleichermaßen berücksichtigen. Letztere beinhalten die Minimierung ökonomischer Schäden wie etwa Einschränkungen der landwirtschaftlichen Nutzung oder des Tourismus. Mögliche Szenarien können ein Abflachen der bestehenden Deiche oder deren Rückbau und Erneuerung durch wasser- und sedimentdurchlässige Rauhstreifen
(z.B. Elastocoast®, BASF) beinhalten. Weiterhin erscheint die Reaktivierung der blockierten Binnenpriele eine plausible Maßnahme zu sein. Erste Freilandexperimente auf Hallig Langeneß (Kapitel 5) belegen einen erhöhten Sedimenttransport in die Binnenmarsch aufgrund geöffneter Sielanlagen in Verbindung mit Windstau (Thw-Ereignisse über Springtideniveau). Ob die generelle Umsetzung derartiger Maßnahmen möglich ist, ist in erster Linie davon abhängig, ob die Halligbevölkerung derartigen Veränderungen ihrer Umwelt aufgeschlossen gegenübersteht und diese lokalpolitisch getragen werden. Auf jeden Fall ist ein Umdenken dahingehend erforderlich, die halligtypischen Überflutungen (Land-Unter) nicht ausschließlich als Bedrohung zu verstehen. Sie sind ein natürliches Phänomen, welches notwendig ist, um das Gleichgewicht zwischen Meeresspiegelanstieg und Sedimentdeposition aufrechtzuerhalten.
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