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Absolutes und nichtabsolutes HörenSchlemmer, Kathrin B. 04 January 2006 (has links)
In der vorliegenden Arbeit wurde mit einer Reihe von Experimenten geprüft, ob sich die Tonarterinnerung von Nichtabsoluthörern durch aus der Gedächtnisforschung abgeleitete Einflussfaktoren erklären lässt. Zunächst erfolgte eine theoretische Betrachtung des Tonartgedächtnisses sowohl aus musikpsychologischer als auch aus gedächtnispsychologischer Perspektive. Die Analyse von Befunden zum „latenten“ und „echten“ absoluten Gehör zeigte, dass eine Reihe von potenziellen Einflussfaktoren auf die Tonarterinnerung betrachtet werden muss, um herauszufinden, ob es sich bei diesen beiden Phänomenen um unterschiedliche Ausprägungen derselben Fähigkeit handelt. Um den Einfluss von Faktoren der Melodien, der Melodie-Lernenden und der Art des Melodie-Lernens auf die Tonarterinnerung zu prüfen, wurden insgesamt 268 Probanden gebeten, vertraute Melodien aus dem Gedächtnis zu singen. Unabhängige Variablen waren die musikalische Expertise der Probanden, ihre Fähigkeit Töne zu benennen, die Form und die Intensität des dem Experiment vorangegangenen Melodie-Lernens sowie verschiedene Charakteristika der Melodien. Abhängige Variable war die Genauigkeit, mit der die Originaltonarten der Melodien produziert wurden. Es konnten Effekte der Hör-Häufigkeit, der musikalischen Expertise, der Tonbenennung, der Melodie-Eingängigkeit sowie ein Effekt motorischer Kontextinformationen auf die Genauigkeit der Tonarterinnerung nachgewiesen werden. Um den Häufigkeitseffekt mit einer weiteren Anforderung zu untersuchen, wurde in einem weiteren Experiment die Tonbenennungsleistung von Absoluthörern und Nichtabsoluthörern verglichen. Dabei kam die Methode der Pupillometrie zum Einsatz, um Unterschiede in der mentalen Beanspruchung beim Benennen von Tönen unterschiedlicher Klangfarbe und Tonklasse nachweisen zu können. Die Ergebnisse stützen die Annahme, dass das häufige Hören bestimmter Töne sowohl bei Absoluthörern als auch bei Nichtabsoluthörern die Tonbenennung erleichtert. Dies verweist darauf, dass auch bei der musikspezifischen Aufgabe der Tonbenennung ein so grundlegendes Prinzip des menschlichen Gedächtnisses wie die Stabilisierung von Gedächtnisinhalten durch Wiederholung zum Tragen kommt. Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, dass Tonarterinnerung ein komplexes Phänomen ist, für das eine alleinige Erklärung als „latentes absolutes Gehör“ zu kurz greift. Statt einer schwachen Ausprägung einer hochspezialisierten Fähigkeit scheint es sich eher um eine eigene Form des Erinnerns, die auf allgemeingültigen Gedächtnisprinzipien beruht, zu handeln. / In this thesis, memory for musical keys among absolute pitch nonpossessors, which is often referred to as “latent” absolute pitch, is examined. A theoretical analysis focused on existing research about “latent” and “manifest” absolute pitch. Evidence from music-psychological and general memory research as well as neuropsychological evidence was considered. The review of existing research revealed that several factors are potentially relevant for the memory of musical keys and should be considered in trying to determine whether “latent” and “manifest” absolute pitch can be described as different levels of the same ability on an “absolute pitch continuum”. To examine whether characteristics of learned melodies, of melody-learners, and of melody-learning influence memory for musical keys among absolute pitch nonpossessors, 268 participants were asked in a series of experiments to sing familiar melodies from memory. Independent variables were the musical expertise of participants, their ability to label pitches, type and intensity of melody-learning, and characteristics of the learned melodies. The accuracy with which learned melodies could be produced in the original key was the dependent variable. Results revealed that frequency of melody-learning as well as participants’ musical expertise and ability to label pitches influence the accuracy of key production. Whether or not a melody is catchy as well as the existence of different types of motor imagery are further influencing factors for the accuracy of key production. To examine the frequency-of-hearing effect in more detail, another experiment compared the pitch labeling performance of absolute pitch possessors and nonpossessors. Pupillary responses were measured in order to show differences in mental resource allocation when labeling pitches of different key colors or timbres. Results support the assumption that frequent exposure to pitches of certain key colors or timbres facilitate their labeling among both absolute pitch possessors and nonpossessors. This suggests that basic principles of human memory such as learning by frequency of exposure affect also very specific tasks such as pitch labeling. Taken together, the results suggest that memory for musical keys is a complex phenomenon which can not adequately be described as being simply a “latent” or weak form of absolute pitch. Instead, memory for musical keys can be described as a “normal” memory mechanism, influenced by factors known to influence numerous other forms of human memory.
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