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Revitalisierung in Polen / Handlungsmöglichkeiten kommunaler Verwaltungen in den Revitalisierungsprozessen städtischer Altbaugebiete am Beispiel von Stettin (Szczecin)Bielawska-Roepke , Patrycja 13 January 2010 (has links) (PDF)
Problemstellung, Forschungsfrage, Ziel und Aufbau der Dissertation
In den Altbaugebieten mit Wohnsubstanz in polnischen Städten, welche im zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurden, herrschen oft städtebauliche Missstände. Obwohl oft zentral gelegen und mit denkmalgeschützter Substanz bebaut, werden diese Gebiete aufgrund des baulichen, sozialen, wirtschaftlichen und des Umweltzustandes als Problemgebiete bezeichnet. Deren Revitalisierung ist jedoch von wesentlicher Bedeutung für die Entwicklung der Gesamtstadt und für die städtischen Akteure. Revitalisierungsprozesse können nur auf lokaler Ebene angestoßen und durchgeführt werden. Die Gemeinde als lokale Selbstverwaltung ist dabei ein Schlüsselakteur. Allerdings spielen dabei die Gesetzeslage und sonstige Rahmenbedingungen eine wesentliche Rolle. Vor diesem Hintergrund suchte die Dissertation Antworten auf folgende Forschungsfrage:
Welche Spielräume und Einschränkungen für die Handlungen polnischer kommunaler Selbstverwaltungen im Bereich der Revitalisierung städtischer Problemgebiete mit Altbausubstanz resultieren aus dem institionellen Kontext?
Unter dem institutionellen Kontext werden nach Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus sowohl formelle, rechtliche Regeln als auch informelle Regeln verstanden. Die Forschungsfrage wurde durch folgende Teilfragen präzisiert:
□ Welche Handlungsmöglichkeiten und Instrumente werden den Kommunalverwaltungen bei der Gestaltung und Umsetzung der Revitalisierungsprozesse vom polnischen Raumplanungssystem gegeben?
□ Welche Handlungsmöglichkeiten und Instrumente werden durch die polnischen kommunalen Selbstverwaltungen in den Prozessen der Revitalisierung genutzt?
□ Welche Hindernisse bei der Revitalisierung in den Problemgebieten mit Altbausubstanz in Polen resultieren aus dem institutionellen Kontext?
Ziel der Arbeit war die Erläuterung der Möglichkeiten kommunaler Selbstverwaltungen, Prozesse zur Revitalisierung der Alt¬bau¬sub¬stanz in den polnischen Städten im Hinblick auf den institutionellen Kontext zu beeinflussen und zu steuern.
Die Arbeit wurde in 7 Kapitel aufgeteilt. Kapitel 1 stellt das Problem und die Forschungsfrage vor und erklärt die wichtigsten Begriffe. Im Kapitel 2 wurden theoretische Grundlagen der Arbeit diskutiert. Das Ergebnis dieses Kapitels bildet das theoretische Fundament für weitere Analysen und die empirische Untersuchung. Im Kapitel 3 wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für Revitalisierung in Polen analysiert. Im Kapitel 4 wurden die angewendeten Methoden und das Design der empirischen Untersuchung beschrieben. Kapitel 5 beschäftigt sich mit der empirischen Fallstudie in Stettin, durch welche anhand der Analyse tatsächlicher Entwicklungen im Revitalisierungsprozess die Ergebnisse des Kapitels 3 eine neue Dimension und Konkretisierung erhalten. In diesem Kapitel wurden auch die informellen Regeln beschrieben, die einen wesentlichen Einfluss auf die Revitalisierungsprozesse haben. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus allen Analysen und empirischen Untersuchungen wurden im Kapitel 6 vorgestellt. Die Arbeit schließt mit Empfehlungen für die nationale Ebene bezüglich der Änderungen in den Vorschriften und für die lokale Ebene bezüglich der Gestaltung der Revitalisierungsprozesse in Kapitel 7 ab.
Theoretische Grundlagen für die Analyse der Revitalisierungsprozesse
Auf der Grundlage der Theorien zum Verfall der städtischen Gebiete und der Ansätze zur Vorbereitung und Durchführung der Revitalisierungsprozesse, welche anhand der Erfahrungen westeuropäischer Länder entwickelt wurden, konnten folgende fünf Schwer¬punkte zur Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Revitalisierungsprozesse in Polen identifiziert werden:
□ Ideelle und finanzielle nationale Unterstützung der Revitalisierung als wesentlicher Erfolgs- oder Hemmnissfaktor der Aufwertungsprozesse,
□ Suburbanisierung als negativer Faktor in den Verfallsprozessen des Altbaubestandes und als Gefahr für die Revitalisierungsprozesse,
□ Beteiligung der Bürger und anderer Akteure an den Revitalisierungsprozessen als ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität, der Legitimierung, der Akzeptanz und der erfolgreichen Umsetzung der Revitalisierungsprozesse,
□ Integrierte und strategische Planung als eine Erfolgsbedingung der Revitalisierung mit Berücksichtigung der sozialen, ökonomischen, baulichen und ökologischen Faktoren,
□ Sanierungen der Wohnsubstanz als ein wesentliches Element der Revitalisierungs¬prozese, welche teilweise von lokalen Bewohnern realisiert werden und die über die Art der Gebietsaufwertung entscheiden.
Der Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus diente als theoretische Strukturierung der empirischen Untersuchung. Die empirische Untersuchung liefert eine Begründung für die Handlungen der lokalen Verwaltung durch die Analyse der:
□ in die Revitalisierungsprozesse eingebundenen Akteure, deren Fähigkeiten und Handlungs-orientierungen,
□ Akteurskonstellationen und Interaktionsformen,
□ nicht-institutionellen Rahmenbedingungen, die aus der lokalen Situation resultieren,
□ zustande gekommenen Entscheidungen.
Rechtliche Rahmenbedingungen für die Revitalisierung in Polen
Mit der Revitalisierung sind die Gemeinden in Polen indirekt beauftragt durch die Pflicht, alle öffentlichen Angelegenheiten mit lokaler Bedeutung zu regeln. Dafür haben sie eine absolute planerische Souveränität und das Recht zur Selbstbestimmung ihrer Politiken oder Entwicklungsstrategien zugesprochen bekommen.
Die Begrenzungen dieser Planungsmacht erfolgen nicht durch übergeordnete Planung, sondern durch allgemeine Instrumente zur Durchführung der räumlichen Politik. Die Gemeinden haben keine Instrumente zur Verfügung, welche dem Umgang mit dem bebauten Raum dienen.
Darüber hinaus haben auf die Revitalisierungsprozesse, neben den Vorschriften des Raumplanungssystems, auch andere Vorschriften, wie jene über das Wohnungswesen, die öffentlichen Finanzen oder öffentlich-private Partnerschaften einen wesentlichen Einfluss. Die EU-Förderrichtlinien sind, aufgrund fehlender nationaler Programme zur Revitalisierung, entscheidend bei der Bestimmung und Struktur der Revitalisierungshandlungen in den polnischen Gemeinden.
Informelle Regeln als weitere Faktoren der Nutzung des Handlungsspielraums
In der Fallstudie wurden die Spielräume und Hemmnisse für Revitalisierungsprozesse der Altbausubstanz, welche aus dem gesetzlichen Rahmen resultieren, anhand von reellen Beispielen in Stettin (Szczecin) überprüft. Die Analyse der Revitalisierungsprozesse in den Jahren 1989-2008 ergab einen zusätzlichen Einfluss der informellen Regeln, welche zu Konflikten bei den Revitalisierungsprozessen und zur Blockade oder Verlangsamung dieser führen.
Schlussfolgerungen: Handlungsspielraum lokaler Selbstverwaltungen bei der Revitalisierung und seine Nutzung
Der Handlungsspielraum lokaler Verwaltungen bei der Gestaltung und Durchführung der Revitalisierungsprozesse ist gesetzlich breit definiert. Nur die Entscheidungen der Gemeinde sind bindend für die nicht-öffentlichen lokalen Subjekte. Die Gemeinden dürfen ihre lokalen Politiken eigenständig und souverän bestimmen. Die Vorschriften des Raumplanungs¬systems tragen jedoch nicht zur integrierten und strategischen räumlichen Planung der Gemeinde bei. Die Bestimmungen dieser Gesetze haben überwiegend zum Ziel, Investitionen in den Neubau zu erleichtern und haben den Umgang mit bebautem Raum nicht zum Gegenstand. Es gibt auch keine speziellen Instrumente, rechtliche Lösungen oder nationale Programme, welche die Revitalisierung oder den Stadtumbau zum Gegenstand haben. Die vorhandenen Programme wie der Nationale Wohnungsfonds oder der Thermoisolationsfonds beziehen sich auf ausgewählte physische Aspekte der Revitalisierung und haben keinen strategischen oder integrierten Charakter.
Die lokalen Verwaltungen haben einen beschränkten Einfluss auf die Höhe ihrer Einnahmen. Aufgrund der vielen Aufgaben, mit denen sie betraut sind und der dabei geringen Ausstattung mit finanziellen Mitteln für deren Erfüllung, haben sie grundsätzlich einen engen finanziellen Spielraum. Die Vorschriften für Zuwendungen aus dem Nationalen Wohnungs¬fonds bestimmen, welche Aufgaben durch welche öffentlichen Subjekte zuschussfähig sind. Somit beeinflussen diese die Verteilung der Aufgaben zwischen verschiedenen Subjekten und auch die Entstehung dieser Subjekte mit, wie das bei den verschiedenen kommunalen Gesellschaften der Fall ist. Die Vorschriften des Wohnungswesens wiederum schützen überwiegend die Interessen der Mieter und durch die bis 2007 gültigen Beschränkungen der Miethöhe, auch in privaten Beständen, beeinflussten sie wesentlich die Investitions¬bereitschaft der Besitzer und somit die Länge und das Ausmaß der Sanierungsprozesse. Aufwendige und kostspielige Prozeduren bei der Vertragsgestaltung der öffentlich-privaten Partnerschaften haben zur Folge, dass es bis heute so gut wie keine solchen Partnerschaften bei den Revitalisierungsmaßnahmen gibt.
Da die lokalen Verwaltungen praktisch weder finanzielle noch ideelle Unterstützung von der nationalen Ebene bei der Führung ihrer Raumpolitik erhalten, sind sie bei der Revitalisierung auf eigene Ideen und Eigenfinanzierung, auf private Investitionen und Finanzierung aus verschiedenen europäischen Programmen angewiesen. Die Förderung vom Integrierten operationellen Programm der Regionalentwicklung 2004-2006 führte zur Entstehung vieler Initiativen in Form von Revitalisierungsprogrammen. Auf die Abschöpfung dieser Mittel ist auch die nationale Politik eingestellt, wo die meisten Dokumente mit Bezug zur Raumplanung vor dem Hintergrund der EU-Finanzierung erstellt wurden.
Bei der Nutzung der Handlungsmöglichkeiten durch die lokale Verwaltung in Stettin dominieren die direkten Instrumente und direkte Einflussnahme auf die Revitalisierungs¬prozesse, wie kommunale Investitionen in die technische und soziale Infrastruktur, die Bildung von kommunalen Gesellschaften zur Sanierung oder Revitalisierung der Bestände. Die indirekten Handlungen dienen überwiegend der Gewinnung von EU-Fördermitteln und dem Anreiz für Investitionen nicht-öffentlicher Subjekte. Es handelt sich hierbei überwiegend um Strategien zur lokalen Entwicklung oder Revitalisierung. Die strukturierende Handlungs¬weise ist erst im Entstehen und wird wesentlich von der Politik-Umwelt und von informellen Regeln geprägt.
Zur Einschränkung der Nutzung des gegebenen Handlungsspielraumes tragen, neben den gesetzlichen Bestimmungen auch die in der Fallstudie identifizierten informellen Regeln bei. Es wurden drei Regeln identifiziert, die einen Einfluss auf die Revitalisierungsprozesse haben: 1. die Bestandswahrung der Bewohner, 2. das Misstrauen der Bewohner der lokalen Verwaltung gegenüber und 3. das niedrige Image der Bewohner vernachlässigter Gebiete bei den Vertretern der Stadtverwaltung. Die Bestandswahrung eines Teils der Bewohner bezieht sich auf die Wahrung von Privilegien wie niedrige Mieten, große Wohnungen praktisch ohne Kündigungsgefahr, Pseudoeigentumsrechte und vor allem die Abdeckung der Instandhaltungskosten der Wohnungen und Häuser durch die Gemeinde. Diese Bestands¬wahrung führt zu Forderungspositionen eines Teils der Bewohner, zu Protesten gegen die Sanierungsmaßnahmen, die mit Umzügen oder Erhöhung der Mieten verbunden sind und zur fehlenden Bereitschaft der Wohnungsbesitzer, die Sanierungen in den ehemals kommuna¬len Wohnungen, welche an die bisherigen Bewohner verkauft wurden, ganz oder anteilig zu finanzieren. Wiederum führt das mangelnde Vertrauen gegenüber der Stadt¬verwaltung und gleichzeitig das schlechte Image der Bewohner von Problemgebieten bei den Vertretern der Stadtverwaltung zu einer niedrigen Bereitschaft der Vertreter der Verwaltung, mit den Bewohnern zu sprechen oder mit ihnen zu kooperieren und in der Konsequenz zu Konflikten und teilweise zur Blockade der Vorhaben.
Vorschläge zur Änderung der Vorschriften
Die eigenen Vorschläge der Autorin zur Änderung der Vorschriften, welche einen Einfluss auf die Revitalisierungsprozesse in Polen haben, ergänzen die Diskussion, welche in der polnischen Fachliteratur geführt wird. So sind in erster Linie Änderungen notwendig, welche die faktische Handlungsfähigkeit der Gemeinde innerhalb des bestehenden Raum¬planungs¬systems sichern würden, wie die Stärkung der Rolle der obligatorischen und gemeinde¬übergreifenden „Studie der Rahmenbedingungen und Richtlinien der Raumbewirtschaftung“ oder die Beschränkung der Erstellungskosten der fakultativen lokalen Pläne räumlicher Bewirtschaftung. Des Weiteren ist die Präzisierung und der Ausbau der Vorgänge zur Akteur¬partizipation an den Planungsprozessen bei der Revitalisierung notwendig. Die Einführung des lokalen Revitalisierungsprogrammes als ein gesetzlich definiertes Instrument, welches der Integration der Politiken und einer strategischen Ausrichtung der Handlungen der Gemeinde im Bereich der Revitalisierung dienen soll, wird nach den Ergebnissen der Arbeit, als eine Voraussetzung für erfolgreiche Revitalisierungsprozesse gesehen.
Darüber hinaus sind Änderungen in anderen als den direkt mit dem Raumplanungssystem verbundenen Vorschriften, wie z. B. in den Gesetzen zum Wohnungswesen, der öffentlichen Finanzen oder öffentlich-privaten Partnerschaften erforderlich. Notwendig für die Revitalisierung ist auch die ideelle und finanzielle Unterstützung durch die nationale Ebene in Form von Leitlinien, Steuervergünstigungen oder Programmen. Diese sollen das gewünschte städtebauliche Modell der räumlichen Entwicklung darstellen und fördern sowie die aktive Einbindung aller öffentlichen und nicht-öffentlichen Akteure in die Revitalisierungsprozesse unterstützen.
Verbesserungsvorschläge für die Revitalisierungsprozesse in Stettin
Im theoretischen Exkurs wurde die städtische Regimetheorie für die Abschätzung der zukünftigen Entwicklung und die Formulierung der Empfehlungen für die Verbesserung der Revitalisierungsprozesse in Stettin angewandt.
Eine Entstehung eines neuen Regimes ist nur dann möglich, wenn das alte Regime von den Wählern nicht mehr für legitim gehalten wird oder wenn in der Stadt eine Koalition entsteht, die einen Meinungswechsel der Bewohner herbeiführt. Für die Revitalisierung, die nur im symbolischen Regime erfolgreich möglich ist, ist auch das gegenseitige Vertrauen der Akteure eine Grundvoraussetzung für den Erfolg.
Das Vertrauen der nicht-öffentlichen Akteure kann u. a. durch Planungssicherheit und Unabhängigkeit der kommunalen Vorhaben von den Legislaturperioden erlangt werden. Diese können wiederum im gegenwärtigen polnischen Raumplanungssystem durch eine hohe Abdeckung mit lokalen Plänen räumlicher Bewirtschaftung als kommunale Rechtsakte erreicht werden. Zusätzlich könnte eine mit den Akteuren gemeinsam vorbereitete und abgestimmte Stadtentwicklungsstrategie und darauf basierende Politiken diese Sicherheit und Unabhängigkeit stärken.
Als Anstoß der Zusammenarbeit wird eine mehrtägige Veranstaltung „Stadt-Tage“ vorgeschlagen, an der sowohl das Fachpublikum als auch die Bewohner Stettins teilnehmen und die aus Ausstellungen, Konferenz, Werkstätten und Wettbewerben bestehen sollte. Der Nutzen dieser Veranstaltung läge vor allem in der Stärkung des Themas der Revitalisierung gegenüber anderen Themen im Stadtrat und der Möglichkeit der Einbringung eigener Ideen der Akteure in die Stettiner Stadtentwicklung.
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Revitalisierung in Polen: Handlungsmöglichkeiten kommunaler Verwaltungen in den Revitalisierungsprozessen städtischer Altbaugebiete am Beispiel von Stettin (Szczecin)Bielawska-Roepke, Patrycja 30 October 2009 (has links)
Problemstellung, Forschungsfrage, Ziel und Aufbau der Dissertation
In den Altbaugebieten mit Wohnsubstanz in polnischen Städten, welche im zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurden, herrschen oft städtebauliche Missstände. Obwohl oft zentral gelegen und mit denkmalgeschützter Substanz bebaut, werden diese Gebiete aufgrund des baulichen, sozialen, wirtschaftlichen und des Umweltzustandes als Problemgebiete bezeichnet. Deren Revitalisierung ist jedoch von wesentlicher Bedeutung für die Entwicklung der Gesamtstadt und für die städtischen Akteure. Revitalisierungsprozesse können nur auf lokaler Ebene angestoßen und durchgeführt werden. Die Gemeinde als lokale Selbstverwaltung ist dabei ein Schlüsselakteur. Allerdings spielen dabei die Gesetzeslage und sonstige Rahmenbedingungen eine wesentliche Rolle. Vor diesem Hintergrund suchte die Dissertation Antworten auf folgende Forschungsfrage:
Welche Spielräume und Einschränkungen für die Handlungen polnischer kommunaler Selbstverwaltungen im Bereich der Revitalisierung städtischer Problemgebiete mit Altbausubstanz resultieren aus dem institionellen Kontext?
Unter dem institutionellen Kontext werden nach Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus sowohl formelle, rechtliche Regeln als auch informelle Regeln verstanden. Die Forschungsfrage wurde durch folgende Teilfragen präzisiert:
□ Welche Handlungsmöglichkeiten und Instrumente werden den Kommunalverwaltungen bei der Gestaltung und Umsetzung der Revitalisierungsprozesse vom polnischen Raumplanungssystem gegeben?
□ Welche Handlungsmöglichkeiten und Instrumente werden durch die polnischen kommunalen Selbstverwaltungen in den Prozessen der Revitalisierung genutzt?
□ Welche Hindernisse bei der Revitalisierung in den Problemgebieten mit Altbausubstanz in Polen resultieren aus dem institutionellen Kontext?
Ziel der Arbeit war die Erläuterung der Möglichkeiten kommunaler Selbstverwaltungen, Prozesse zur Revitalisierung der Alt¬bau¬sub¬stanz in den polnischen Städten im Hinblick auf den institutionellen Kontext zu beeinflussen und zu steuern.
Die Arbeit wurde in 7 Kapitel aufgeteilt. Kapitel 1 stellt das Problem und die Forschungsfrage vor und erklärt die wichtigsten Begriffe. Im Kapitel 2 wurden theoretische Grundlagen der Arbeit diskutiert. Das Ergebnis dieses Kapitels bildet das theoretische Fundament für weitere Analysen und die empirische Untersuchung. Im Kapitel 3 wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für Revitalisierung in Polen analysiert. Im Kapitel 4 wurden die angewendeten Methoden und das Design der empirischen Untersuchung beschrieben. Kapitel 5 beschäftigt sich mit der empirischen Fallstudie in Stettin, durch welche anhand der Analyse tatsächlicher Entwicklungen im Revitalisierungsprozess die Ergebnisse des Kapitels 3 eine neue Dimension und Konkretisierung erhalten. In diesem Kapitel wurden auch die informellen Regeln beschrieben, die einen wesentlichen Einfluss auf die Revitalisierungsprozesse haben. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus allen Analysen und empirischen Untersuchungen wurden im Kapitel 6 vorgestellt. Die Arbeit schließt mit Empfehlungen für die nationale Ebene bezüglich der Änderungen in den Vorschriften und für die lokale Ebene bezüglich der Gestaltung der Revitalisierungsprozesse in Kapitel 7 ab.
Theoretische Grundlagen für die Analyse der Revitalisierungsprozesse
Auf der Grundlage der Theorien zum Verfall der städtischen Gebiete und der Ansätze zur Vorbereitung und Durchführung der Revitalisierungsprozesse, welche anhand der Erfahrungen westeuropäischer Länder entwickelt wurden, konnten folgende fünf Schwer¬punkte zur Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Revitalisierungsprozesse in Polen identifiziert werden:
□ Ideelle und finanzielle nationale Unterstützung der Revitalisierung als wesentlicher Erfolgs- oder Hemmnissfaktor der Aufwertungsprozesse,
□ Suburbanisierung als negativer Faktor in den Verfallsprozessen des Altbaubestandes und als Gefahr für die Revitalisierungsprozesse,
□ Beteiligung der Bürger und anderer Akteure an den Revitalisierungsprozessen als ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität, der Legitimierung, der Akzeptanz und der erfolgreichen Umsetzung der Revitalisierungsprozesse,
□ Integrierte und strategische Planung als eine Erfolgsbedingung der Revitalisierung mit Berücksichtigung der sozialen, ökonomischen, baulichen und ökologischen Faktoren,
□ Sanierungen der Wohnsubstanz als ein wesentliches Element der Revitalisierungs¬prozese, welche teilweise von lokalen Bewohnern realisiert werden und die über die Art der Gebietsaufwertung entscheiden.
Der Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus diente als theoretische Strukturierung der empirischen Untersuchung. Die empirische Untersuchung liefert eine Begründung für die Handlungen der lokalen Verwaltung durch die Analyse der:
□ in die Revitalisierungsprozesse eingebundenen Akteure, deren Fähigkeiten und Handlungs-orientierungen,
□ Akteurskonstellationen und Interaktionsformen,
□ nicht-institutionellen Rahmenbedingungen, die aus der lokalen Situation resultieren,
□ zustande gekommenen Entscheidungen.
Rechtliche Rahmenbedingungen für die Revitalisierung in Polen
Mit der Revitalisierung sind die Gemeinden in Polen indirekt beauftragt durch die Pflicht, alle öffentlichen Angelegenheiten mit lokaler Bedeutung zu regeln. Dafür haben sie eine absolute planerische Souveränität und das Recht zur Selbstbestimmung ihrer Politiken oder Entwicklungsstrategien zugesprochen bekommen.
Die Begrenzungen dieser Planungsmacht erfolgen nicht durch übergeordnete Planung, sondern durch allgemeine Instrumente zur Durchführung der räumlichen Politik. Die Gemeinden haben keine Instrumente zur Verfügung, welche dem Umgang mit dem bebauten Raum dienen.
Darüber hinaus haben auf die Revitalisierungsprozesse, neben den Vorschriften des Raumplanungssystems, auch andere Vorschriften, wie jene über das Wohnungswesen, die öffentlichen Finanzen oder öffentlich-private Partnerschaften einen wesentlichen Einfluss. Die EU-Förderrichtlinien sind, aufgrund fehlender nationaler Programme zur Revitalisierung, entscheidend bei der Bestimmung und Struktur der Revitalisierungshandlungen in den polnischen Gemeinden.
Informelle Regeln als weitere Faktoren der Nutzung des Handlungsspielraums
In der Fallstudie wurden die Spielräume und Hemmnisse für Revitalisierungsprozesse der Altbausubstanz, welche aus dem gesetzlichen Rahmen resultieren, anhand von reellen Beispielen in Stettin (Szczecin) überprüft. Die Analyse der Revitalisierungsprozesse in den Jahren 1989-2008 ergab einen zusätzlichen Einfluss der informellen Regeln, welche zu Konflikten bei den Revitalisierungsprozessen und zur Blockade oder Verlangsamung dieser führen.
Schlussfolgerungen: Handlungsspielraum lokaler Selbstverwaltungen bei der Revitalisierung und seine Nutzung
Der Handlungsspielraum lokaler Verwaltungen bei der Gestaltung und Durchführung der Revitalisierungsprozesse ist gesetzlich breit definiert. Nur die Entscheidungen der Gemeinde sind bindend für die nicht-öffentlichen lokalen Subjekte. Die Gemeinden dürfen ihre lokalen Politiken eigenständig und souverän bestimmen. Die Vorschriften des Raumplanungs¬systems tragen jedoch nicht zur integrierten und strategischen räumlichen Planung der Gemeinde bei. Die Bestimmungen dieser Gesetze haben überwiegend zum Ziel, Investitionen in den Neubau zu erleichtern und haben den Umgang mit bebautem Raum nicht zum Gegenstand. Es gibt auch keine speziellen Instrumente, rechtliche Lösungen oder nationale Programme, welche die Revitalisierung oder den Stadtumbau zum Gegenstand haben. Die vorhandenen Programme wie der Nationale Wohnungsfonds oder der Thermoisolationsfonds beziehen sich auf ausgewählte physische Aspekte der Revitalisierung und haben keinen strategischen oder integrierten Charakter.
Die lokalen Verwaltungen haben einen beschränkten Einfluss auf die Höhe ihrer Einnahmen. Aufgrund der vielen Aufgaben, mit denen sie betraut sind und der dabei geringen Ausstattung mit finanziellen Mitteln für deren Erfüllung, haben sie grundsätzlich einen engen finanziellen Spielraum. Die Vorschriften für Zuwendungen aus dem Nationalen Wohnungs¬fonds bestimmen, welche Aufgaben durch welche öffentlichen Subjekte zuschussfähig sind. Somit beeinflussen diese die Verteilung der Aufgaben zwischen verschiedenen Subjekten und auch die Entstehung dieser Subjekte mit, wie das bei den verschiedenen kommunalen Gesellschaften der Fall ist. Die Vorschriften des Wohnungswesens wiederum schützen überwiegend die Interessen der Mieter und durch die bis 2007 gültigen Beschränkungen der Miethöhe, auch in privaten Beständen, beeinflussten sie wesentlich die Investitions¬bereitschaft der Besitzer und somit die Länge und das Ausmaß der Sanierungsprozesse. Aufwendige und kostspielige Prozeduren bei der Vertragsgestaltung der öffentlich-privaten Partnerschaften haben zur Folge, dass es bis heute so gut wie keine solchen Partnerschaften bei den Revitalisierungsmaßnahmen gibt.
Da die lokalen Verwaltungen praktisch weder finanzielle noch ideelle Unterstützung von der nationalen Ebene bei der Führung ihrer Raumpolitik erhalten, sind sie bei der Revitalisierung auf eigene Ideen und Eigenfinanzierung, auf private Investitionen und Finanzierung aus verschiedenen europäischen Programmen angewiesen. Die Förderung vom Integrierten operationellen Programm der Regionalentwicklung 2004-2006 führte zur Entstehung vieler Initiativen in Form von Revitalisierungsprogrammen. Auf die Abschöpfung dieser Mittel ist auch die nationale Politik eingestellt, wo die meisten Dokumente mit Bezug zur Raumplanung vor dem Hintergrund der EU-Finanzierung erstellt wurden.
Bei der Nutzung der Handlungsmöglichkeiten durch die lokale Verwaltung in Stettin dominieren die direkten Instrumente und direkte Einflussnahme auf die Revitalisierungs¬prozesse, wie kommunale Investitionen in die technische und soziale Infrastruktur, die Bildung von kommunalen Gesellschaften zur Sanierung oder Revitalisierung der Bestände. Die indirekten Handlungen dienen überwiegend der Gewinnung von EU-Fördermitteln und dem Anreiz für Investitionen nicht-öffentlicher Subjekte. Es handelt sich hierbei überwiegend um Strategien zur lokalen Entwicklung oder Revitalisierung. Die strukturierende Handlungs¬weise ist erst im Entstehen und wird wesentlich von der Politik-Umwelt und von informellen Regeln geprägt.
Zur Einschränkung der Nutzung des gegebenen Handlungsspielraumes tragen, neben den gesetzlichen Bestimmungen auch die in der Fallstudie identifizierten informellen Regeln bei. Es wurden drei Regeln identifiziert, die einen Einfluss auf die Revitalisierungsprozesse haben: 1. die Bestandswahrung der Bewohner, 2. das Misstrauen der Bewohner der lokalen Verwaltung gegenüber und 3. das niedrige Image der Bewohner vernachlässigter Gebiete bei den Vertretern der Stadtverwaltung. Die Bestandswahrung eines Teils der Bewohner bezieht sich auf die Wahrung von Privilegien wie niedrige Mieten, große Wohnungen praktisch ohne Kündigungsgefahr, Pseudoeigentumsrechte und vor allem die Abdeckung der Instandhaltungskosten der Wohnungen und Häuser durch die Gemeinde. Diese Bestands¬wahrung führt zu Forderungspositionen eines Teils der Bewohner, zu Protesten gegen die Sanierungsmaßnahmen, die mit Umzügen oder Erhöhung der Mieten verbunden sind und zur fehlenden Bereitschaft der Wohnungsbesitzer, die Sanierungen in den ehemals kommuna¬len Wohnungen, welche an die bisherigen Bewohner verkauft wurden, ganz oder anteilig zu finanzieren. Wiederum führt das mangelnde Vertrauen gegenüber der Stadt¬verwaltung und gleichzeitig das schlechte Image der Bewohner von Problemgebieten bei den Vertretern der Stadtverwaltung zu einer niedrigen Bereitschaft der Vertreter der Verwaltung, mit den Bewohnern zu sprechen oder mit ihnen zu kooperieren und in der Konsequenz zu Konflikten und teilweise zur Blockade der Vorhaben.
Vorschläge zur Änderung der Vorschriften
Die eigenen Vorschläge der Autorin zur Änderung der Vorschriften, welche einen Einfluss auf die Revitalisierungsprozesse in Polen haben, ergänzen die Diskussion, welche in der polnischen Fachliteratur geführt wird. So sind in erster Linie Änderungen notwendig, welche die faktische Handlungsfähigkeit der Gemeinde innerhalb des bestehenden Raum¬planungs¬systems sichern würden, wie die Stärkung der Rolle der obligatorischen und gemeinde¬übergreifenden „Studie der Rahmenbedingungen und Richtlinien der Raumbewirtschaftung“ oder die Beschränkung der Erstellungskosten der fakultativen lokalen Pläne räumlicher Bewirtschaftung. Des Weiteren ist die Präzisierung und der Ausbau der Vorgänge zur Akteur¬partizipation an den Planungsprozessen bei der Revitalisierung notwendig. Die Einführung des lokalen Revitalisierungsprogrammes als ein gesetzlich definiertes Instrument, welches der Integration der Politiken und einer strategischen Ausrichtung der Handlungen der Gemeinde im Bereich der Revitalisierung dienen soll, wird nach den Ergebnissen der Arbeit, als eine Voraussetzung für erfolgreiche Revitalisierungsprozesse gesehen.
Darüber hinaus sind Änderungen in anderen als den direkt mit dem Raumplanungssystem verbundenen Vorschriften, wie z. B. in den Gesetzen zum Wohnungswesen, der öffentlichen Finanzen oder öffentlich-privaten Partnerschaften erforderlich. Notwendig für die Revitalisierung ist auch die ideelle und finanzielle Unterstützung durch die nationale Ebene in Form von Leitlinien, Steuervergünstigungen oder Programmen. Diese sollen das gewünschte städtebauliche Modell der räumlichen Entwicklung darstellen und fördern sowie die aktive Einbindung aller öffentlichen und nicht-öffentlichen Akteure in die Revitalisierungsprozesse unterstützen.
Verbesserungsvorschläge für die Revitalisierungsprozesse in Stettin
Im theoretischen Exkurs wurde die städtische Regimetheorie für die Abschätzung der zukünftigen Entwicklung und die Formulierung der Empfehlungen für die Verbesserung der Revitalisierungsprozesse in Stettin angewandt.
Eine Entstehung eines neuen Regimes ist nur dann möglich, wenn das alte Regime von den Wählern nicht mehr für legitim gehalten wird oder wenn in der Stadt eine Koalition entsteht, die einen Meinungswechsel der Bewohner herbeiführt. Für die Revitalisierung, die nur im symbolischen Regime erfolgreich möglich ist, ist auch das gegenseitige Vertrauen der Akteure eine Grundvoraussetzung für den Erfolg.
Das Vertrauen der nicht-öffentlichen Akteure kann u. a. durch Planungssicherheit und Unabhängigkeit der kommunalen Vorhaben von den Legislaturperioden erlangt werden. Diese können wiederum im gegenwärtigen polnischen Raumplanungssystem durch eine hohe Abdeckung mit lokalen Plänen räumlicher Bewirtschaftung als kommunale Rechtsakte erreicht werden. Zusätzlich könnte eine mit den Akteuren gemeinsam vorbereitete und abgestimmte Stadtentwicklungsstrategie und darauf basierende Politiken diese Sicherheit und Unabhängigkeit stärken.
Als Anstoß der Zusammenarbeit wird eine mehrtägige Veranstaltung „Stadt-Tage“ vorgeschlagen, an der sowohl das Fachpublikum als auch die Bewohner Stettins teilnehmen und die aus Ausstellungen, Konferenz, Werkstätten und Wettbewerben bestehen sollte. Der Nutzen dieser Veranstaltung läge vor allem in der Stärkung des Themas der Revitalisierung gegenüber anderen Themen im Stadtrat und der Möglichkeit der Einbringung eigener Ideen der Akteure in die Stettiner Stadtentwicklung.
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