Die vorliegende Arbeit untersucht die vermeintliche Krise staatlicher Ordnung Ende der 1960er Jahre in den USA und die Reaktionen der staatlichen Institutionen auf den Angriff durch politische Gewalt anhand einer performanz- und erzähltheoretischen Analyse von zwei Gerichtsprozessen. Beide Verfahren gegen Ikonen der Black Power-Bewegung, People vs. Huey Newton ab 1968, People vs. Angela Davis ab 1970 wurden zu einem Brennpunkt der gesamtgesellschaftlichen Debatte um Gerechtigkeit und demokratische Grundrechte. Durch eine Analyse der Interaktion aller beteiligten Akteure vor Gericht, der vorgebrachten Narrative sowohl im Gerichtsssaal als auch in der Presse, durch die Solidaritätskomittees der Angeklagten weitergetragen, ist eine performative Rekonstruktion des amerikanischen Rechtsstaates und der amerikanischen Demokratie auszumachen. Diese wurde unter Begriffen wie dem „fair trial“ und der Beziehung zwischen afroamerikanischen Bürgern und der Polizei und der Fähigkeit des Strafjustizsystems, Gerechtigkeit für alle seine Bürger zu garantieren, verhandelt. In den Prozessen wurde der inhärente Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft als größte Hürde zwischen der bisherigen Rechtspraxis und einem solchen neu verhandelten Verständnis von Gerechtigkeit identifiziert, die als solche angenommene weiße Normalität des Justizapparats wurde sichtbar gemacht und dekonstruiert. In der performativen Neukonstruktion und -deutung der Akteure vor Gericht verschob sich dieses bisherige Machtgefälle vor allem innerhalb des Gerichtssaals, indem die Kategorien Race, Class und Gender neu zueinander in Bezug gesetzt wurden und die Angeklagten eine Selbstbehauptung als gleichwertige Rechtssubjekte im spezifischen Raum des Gerichts erlangen konnten. Zudem etablierte sich ein Juryauswahlverfahren, welches Bias explizit anerkannte. Durch diese Entwicklung wurde das narrative wie performative ‚Bedrohungsszenario‛, was zuvor von staatlichen Akteuren öffentlich konstruiert worden war, ausgehebelt; ein von staatlicher Seite angestoßener Sicherheitsdiskurs konnte sich nicht gesamtgesellschaftlich durchsetzten. / By analyzing two court cases, this dissertation examines the perceived crisis of Democracy in the late 1960s in the United States and the reactions of state institutions to the attack by political violence. Both trials against icons of the Black Power movement, People v. Huey Newton in 1968, People v. Angela Davis beginning in 1970, became a focal point of the overall social debate on justice and basic democratic rights. An analysis of the interaction of all of the protagonists involved in court, the narratives that were brought forward in the courtroom and in the press, and the defendants' solidarity committees reveal a performative reconstruction of the American rule of law and American democracy. This was negotiated under concepts such as the "fair trial" and the relationship between African-American citizens and the police and the ability of the criminal justice system to guarantee justice for all its citizens. In the trials, the inherent racism in American society was identified as the greatest obstacle between previous legal practice and such a renegotiated understanding of justice, making visible and deconstructing the white normality of the judicial system assumed as such. In the performative re-construction and reinterpretation of the actors in court, categories such race, class, and gender shifted, allowing the Defendants to achieve self-assertion as equal legal subjects. In addition, a jury selection procedure was established that explicitly recognized bias. This development undermined the narrative and performative "threat" which had previously been publicly constructed by politicians, and a security discourse initiated by the state was not able to assert itself throughout society.
Identifer | oai:union.ndltd.org:HUMBOLT/oai:edoc.hu-berlin.de:18452/22838 |
Date | 07 December 2020 |
Creators | Kütt, Kristina |
Contributors | Metzler, Gabrielle, Kaelble, Hartmut |
Publisher | Humboldt-Universität zu Berlin |
Source Sets | Humboldt University of Berlin |
Language | German |
Detected Language | English |
Type | doctoralThesis, doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
Rights | (CC BY-SA 4.0) Attribution-ShareAlike 4.0 International, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/ |
Page generated in 0.0112 seconds