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Verständigungsbarrieren in der schriftlichen Verwaltungs-Bürger-Kommunikation und die vermittelnde Funktion Sozialer Arbeit: am Beispiel von Jobcenterschreiben in der Beratung von ALG II-Beziehenden

Die Bewältigung des Spagats zwischen Kundenorientierung und Rechtssicherheit in Verwaltungsschreiben an Bürger ist seit Jahrzehnten Gegenstand insbesondere textorientierter Optimierungsbemühungen. Auch Jobcenter haben in den letzten Jahren verstärkt Anstrengungen unternommen, um Verständlichkeit, Transparenz und Akzeptanz ihrer Entscheidungen zu erhöhen. In der Schriftkommunikation von Jobcentern an deren KundInnen (Formulare, Bescheide etc.) kommt es aufgrund besonders stark wirkender Aspekte von Macht, Abhängigkeit und persönlicher Betroffenheit (die bis zur existenziellen Bedrohung führen kann) zu einer Zuspitzung von Verständigungsbarrieren. Die überarbeiteten Jobcenterschreiben der 306 Jobcenter gemeinsamer Trägerschaft wurden zentral über die Bundesagentur für Arbeit zur bereitgestellt. Die 105 Jobcenter in kommunaler Trägerschaft werben per se damit, besonders „nah am Menschen“ zu agieren.
Eine zentrale Aufgabe Sozialer Arbeit liegt in der Vermittlung zwischen Gesellschaft und Individuum. Das heißt, sie vermittelt zwischen funktionaler und milieubasierter Kommunikation der am Hilfeprozess Beteiligten und leistet so einen Beitrag zur Erweiterung von Handlungsperspektiven. So „übersetzt“ Soziale Arbeit in der Praxis tagtäglich in Erwerbslosenberatungsstellen auch die Jobcenterscheiben der Ratsuchenden. Daher sollte analysiert werden, welche Verständigungsbarrieren diesen in realen Situationen vorliegen und wodurch diese bedingt werden. Ziel war es zu prüfen, in wie weit sich aus der notwenigen Vermittlung der BeraterInnen Optimierungsansätze ableiten lassen. Dafür wurden in einer explorativen Feldstudie 17 reale Beratungsgespräche zu Jobcenterschreiben in sächsischen Erwerbslosenberatungsstellen aufgezeichnet, inhaltsanalytisch ausgewertet und Arbeitsthesen abgeleitet. Diese wurden in eine deutschlandweite Online-Befragung von Beratern in Erwerbslosenberatungsstellen überprüft. 237 Befragte aus allen Bundesländer nahmen teil.
Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die Trägerschaft der Jobcenter als auch die umgesetzten Optimierungsmaßnahmen keinen Einfluss auf die weiterhin hohe Relevanz von Verständigungsbarrieren in Jobcenterschreiben in den Beratungen haben. Im Mittelpunkt stehen dabei die Übersetzung der Schreiben in Alltagssprache und die Zusatzinformationen zu Verwaltungsabläufen. Hauptursachen für Verständigungsbarrieren werden an der Erreichbarkeit, Nachvollziehbarkeit, Glaubwürdigkeit, der Verwendung allgemeiner Textbausteine ohne Adressatenzuschnitt und der Angst vor Ausgeliefertsein festgemacht. Als dringendste Handlungsbedarfe fordern die Berater eine leichte, allgemeinverständliche Sprache sowie eine bessere direkte Erreichbarkeit der Jobcentermitarbeiter. Für eine nachhaltige Strukturänderung wird jedoch auch weiterhin politisches Engagement Sozialer Arbeit z. B. über die Beiräte der Jobcenter nötig sein.:INHALTSVERZEICHNIS

Abstract II
Danksagung III
Abbildungsverzeichnis VII
Tabellenverzeichnis VIII
Abkürzungsverzeichnis X
1 Einleitung 12
1.1 Problemstellung 13
1.2 Zielstellung 15
1.3 Aufbau der Arbeit 15
2 Grundlegung: Schriftliche Verwaltungs-Bürger-Kommunikation 17
2.1 Öffentliche Verwaltung: eine Innenperspektive 17
2.1.1 Aufgaben und Funktionsweise des Verwaltungshandelns 18
2.1.2 Verwaltungs(fach)sprache und Schriftlichkeit 21
2.1.3 Bürger- und Dienstleistungsorientierung 25
2.2 Bürgerinnen und Bürger im Kontext Verwaltung: eine Außenperspektive 28
2.2.1 Handlungsvoraussetzungen von Bürgerinnen und Bürgern 29
2.2.2 Auswirkung schwerer Verständlichkeit 32
2.2.3 Optimierungsbemühungen schriftlicher Verwaltungs-Bürger-Kommunikation und deren Wirksamkeit 35
2.3 Zusammenfassung 41
3 Theoretisches Umfeld: Schriftkommunikation und Verständigungsbarrieren 42
3.1 Kommunikation und theoretische Klassifikation anhand ausgewählter universaler Merkmale 42
3.1.1 Besonderheit der Schriftkommunikation 46
3.1.2 Begriffsbestimmung und theoretische Konstrukte zu Verständlichkeit, Verstehen, Verständigung und Akzeptanz 48
3.1.2.1 Verständlichkeit 48
3.1.2.2 Verstehen 49
3.1.2.3 Verständigung und Akzeptanz 53
3.2 Forschungsansätze zur Optimierung schriftlicher Verwaltungs-Bürger-Kommunikation 59
3.2.1 Textorientierte Verständlichkeitsansätze 59
3.2.2 Leserorientierte Textverständnisansätze 62
3.2.3 Kommunikative Interaktion, Verständigung und Akzeptanz 67
3.3 Zusammenfassung und Operationalisierung von Verständigungsbarrieren 70
3.3.1 Ebene des (Nicht-)Verstehens 70
3.3.2 Ebene der (Nicht-)Akzeptanz 72
4 Vermittlungsfunktion Sozialer Arbeit 74
4.1 Soziale Arbeit, Bürger und Verwaltung: eine intermediäre Perspektive 74
4.1.1 Historischer Entwicklungszusammenhang 76
4.1.2 Intermediäres Handlungsmodell und Mandat(e) Sozialer Arbeit 84
4.1.3 Soziale Arbeit als polyglotte Kommunikation 92
4.1.3.1 Funktionale Kommunikation in Sinnhorizonten der Funktionssysteme 93
4.1.3.2 Milieukommunikation und die Ökonomie sprachlichen Tausches 97
4.1.3.3 Soziale Arbeit auf sprachlichen Märkten 100
4.2 Zusammenfassung und Operationalisierung von Vermittlungsaufgaben 106
5 Zuspitzung: Verortung des Untersuchungsgegenstands im Kontext Jobcenter, ALG II-Beziehende und Erwerbslosenberatungsstellen 107
5.1 Grundsicherungsbehörde Jobcenter 107
5.1.1 Entstehungshintergrund: Aktivierender Sozialstaat und Hartz-Reformen 107
5.1.1.1 Strukturelle Organisationsformen 112
5.1.1.2 Aufgaben und Umsetzung des Prinzips 'Fördern und Fordern' 117
5.1.2 Dienstleistungsorientierung und Schriftkommunikation der Jobcenter 126
5.2 Arbeitslosengeld II-Beziehende 134
5.2.1 Handlungsvoraussetzung im Kontext des 'Förderns und Forderns' 136
5.2.2 Auswirkungen auf die kommunikative Interaktion 142
5.3 Soziale Arbeit in Erwerbslosenberatungsstellen 147
5.3.1 Entstehungshintergrund Erwerbslosenberatung als Handlungsfeld Sozialer Arbeit 147
5.3.2 Zentrale Aufgaben und Vermittlungsfunktion 151
5.4 Zusammenfassung und Operationalisierung der Perspektiven auf Verständigungsbarrieren in Jobcenterschreiben 155
6 Erkenntnisinteresse und Untersuchungsdesign 157
6.1 Zusammenfassung des Forschungsstandes 157
6.2 Zentrale Fragestellungen 159
6.3 Untersuchungsdesign 161
7 Feldstudie in Erwerbslosenberatungsstellen 163
7.1 Methoden 163
7.1.1 Datenerhebung 164
7.1.2 Auswertungsverfahren 167
7.1.3 Beschreibung der Stichprobe 170
7.2 Ergebnisse der Feldstudie 173
7.2.1 Beratungsanlässe 173
7.2.2 Form lokalisierter Verständigungsbarrieren 175
7.2.2.1 Nicht-Verstehen 175
7.2.2.2 Nicht-Akzeptanz 177
7.2.3 Einflussfaktoren auf Verständigungsbarrieren 179
7.2.3.1 Linguistische Faktoren 179
7.2.3.1.1 Syntaktische Ebene 179
7.2.3.1.2 Semantische Ebene 181
7.2.3.1.3 Pragmatische Ebene 184
7.2.3.2 Anthropologische Faktoren 185
7.2.3.2.1 Kognitiv-psychologische Faktoren 185
7.2.3.2.2 Affektiv-emotionale Einflussfaktoren 187
7.2.3.2.3 Sozio-kulturelle Einflussfaktoren 191
7.2.3.3 Akzeptanzkontextliche Faktoren 194
7.2.3.3.1 Situations- und Problemebene 194
7.2.3.3.2 Akteursebene 196
7.2.3.3.3 Legitimationsebene 197
7.2.3.3.4 Wahrnehmungs- und Einstellungsebene 198
7.2.4 Vermittlungshandlungen Sozialer Arbeit 199
7.2.4.1 Adressatenbezogene Vermittlung 199
7.2.4.1.1 Herstellung kommunikativer Anschlüsse 199
7.2.4.1.2 Qualifizierte Zweitmeinung 202
7.2.4.1.3 Stärkung der Nutzermacht 204
7.2.4.1.4 Anerkennung und Akzeptanzarbeit 207
7.2.4.2 Systembezogene Vermittlung 209
7.2.4.2.1 Entgegenwirken bei Dysfunktion 209
7.2.4.2.2 Entlastung des Systems von nichtfunktionaler Problembearbeitung 210
7.3 Thesenbasierte Ergebniszusammenfassung der Feldstudie 211
8 Online-Befragung der Beratenden 215
8.1 Methoden 215
8.1.1 Befragungsinstrument 216
8.1.2 Datenerhebung 222
8.1.3 Datenauswertung 225
8.1.4 Beschreibung der Stichprobe 227
8.2 Ergebnisse der Online-Befragung 231
8.2.1 Relevanz von Verständigungsbarrieren bei Jobcenterschreiben in der Beratung 231
8.2.2 Auswirkung von Optimierungsbemühungen der Jobcenter in der Beratung 234
8.2.3 Formen der Verständigungsbarrieren 240
8.2.4 Haupteinflussfaktoren für Verständigungsbarrieren 241
8.2.5 Zentrale Vermittlungsaufgaben und Positionierung in der Beratung 246
8.2.6 Kommunikation zwischen Beratungseinrichtung und Jobcenter 251
8.2.7 Dringende Verbesserungsbedarfe aus Sicht der Beratenden 258
8.3 Zusammenfassung der Online-Befragung 263
9 Diskussion 265
9.1 Interpretation der Ergebnisse 265
9.2 Relevanz für die Praxis 274
10 Literaturverzeichnis 277
Anhang Datenträger
I Feldstudie A-2
I.1 Einwillungserklärung Beratende A-2
I.2 Einwilligungserklärung Ratsuchende A-3
I.3 Kurzfragebogen Ratsuchende A-4
I.4 Transkriptionsregeln A-5
II Online-Befragung A-6
II.1 Informationsmail Online-Befragung A-6
II.2 Printversion Online-Fragebogen formatiert A-7
II.3 Detaillierte Darstellung ausgewählter statistischer Ergebnisse A-11

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:33412
Date01 March 2019
CreatorsLeistner, Ulrike
ContributorsHanses, Andreas, Stock, Lothar, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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