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Einstellungen zu genetischen Untersuchungen bei Medizinstudierenden in den Jahren 2001, 2010 und 2016/17

Gegenstand: Seit der vollständigen Entschlüsselung des menschlichen Genoms ist es mit geringem Aufwand möglich, Menschen über das Vorliegen erblich (mit-)bedingter Erkrankungen - sogar vor deren Ausbruch - zu informieren. „Gentests“ sind jedoch umstritten. Neben Vorteilen wie der Ermöglichung präventiver medizinischer Maßnahmen oder möglichst frühzeitiger Interventionen werden auch immense Nachteile für das Individuum, wie z.B. eine hohe psychosoziale Belastung, deutlich. Die tatsächliche Inanspruchnahme genetischer Untersuchungen hängt in erheblichem Maße von den persönlichen Einstellungen ab. Besonders große Bedeutung wird hierbei den behandelnden Ärzten zuteil, die Patienten hinsichtlich der Möglichkeiten und Einschränkungen von genetischen Untersuchungen beraten. Ziel dieser Studie war es, die Einstellungen zu genetischen Untersuchungen bei angehenden Medizinern zu erfragen und die Ergebnisse über mehrere Jahre hinweg miteinander zu vergleichen. Zusätzlich wurde der Einfluss verschiedener Determinanten auf die Einstellungen zu genetischen Untersuchungen erfasst.
Untersuchungsmethoden: In drei unabhängigen Fragebogenerhebungen wurden in den Jahren 2001 (N = 129), 2010 (N = 196) und 2016/17 (N = 134) Medizinstudierende zu ihren Einstellungen zu genetischen Untersuchungen befragt. Hierfür wurde ein 13 Items umfassender Fragebogen genutzt, der aus einer finnischen Studie übernommen wurde und positive und negative Aspekte sowie Befürchtungen und Vertrauen bzgl. genetischer Untersuchungen erfasst. Zusätzlich wurden die Variablen Religion, Politik, Geschlecht, Alter und Persönlichkeit erfasst.
Ergebnisse: Medizinstudierende sind genetischen Untersuchungen gegenüber sowohl kritisch als auch befürwortend eingestellt. Sie sehen tendenziell jedoch mehr positive Effekte. Die Berechnungen von ANOVAs ergaben, dass im Jahresverlauf positive Aspekte konstant bleiben, negative Aspekte und Befürchtungen abnehmen und das Vertrauen zunimmt. Regressionsanalysen ergaben, dass die Einstellungen zu genetischen Untersuchungen durch die Religion (religiöse Menschen sind Gentests gegenüber kritischer eingestellt) und die Persönlichkeit (verträgliche Menschen sind positiver eingestellt, emotional stabile haben mehr Befürchtungen), nicht jedoch durch die politische Orientierung, Geschlecht und Alter beeinflusst werden. Geschlecht und Alter bedingten ausschließlich den Einfluss der Persönlichkeit auf die Einstellungen zu genetischen Untersuchungen.
Schlussfolgerung: Die Zunahme Gentests befürwortender Einstellungen von Medizinstudierenden während der vergangenen 16 Jahre bei gleichzeitiger kritischer Auseinandersetzung mit der Thematik ist positiv zu bewerten. Nur so kann eine patientenorientierte, non-direktive Beratung bzgl. genetischer Untersuchungen gelingen. Um diese zu unterstützen, sollten psychosoziale Aspekte humangenetischer Beratung ausnahmslos Gegenstand der universitären Ausbildung Medizinstudierender sein. / Purpose: Since the advent of whole-genome sequencing, little effort is necessary to individually inform people about the presence of hereditary diseases, even before symptoms appear. However varying opinions exist regarding the application of genetic testing. There are various recognizable advantages, such as enabling early medical interventions or preventive measures, as well as immense disadvantages e.g. high psychosocial strain. The actual use of genetic testing depends, to a considerable extent, on the personal attitudes of respective individuals. Of particular importance are the attending physicians, advising the patients on possibilities and limitations of genetic testing. The objective of this study was to investigate future physician’s attitudes towards genetic testing, and to observe potential changes in their attitudes over a certain period of time. Additionally, the influence of different determinants on the attitude towards genetic testing was examined.
Methods: Medicine students were questioned on three independent measurements in 2001 (N = 129), 2010 (N = 196) and 2016/17 (N = 134) on their attitudes towards genetic testing. For this purpose a German version of a Finnish questionnaire consisting of 13 items covering approval, disapproval, concern and trust regarding genetic testing was used. Additionally religiosity, political opinion, sex, age and personality were determined.
Results: In general medicine students show positive as well as negative attitudes regarding genetic testing. There is a tendency towards a slightly more positive opinion. ANOVA results indicate no changes in approval regarding genetic testing during the different measurements. In contrast to these results disapproval and concerns decreased whereas trust increased. Regression analysis demonstrated that people with a religious affiliation held a less favorable view of genetic testing. People with a higher level in Agreeableness demonstrate a higher level of approval whereas people with a higher level in Emotional Stability show more concerns regarding genetic testing. There was no influence in the categories of political opinion, sex and age. The effect of the personality on the attitudes towards genetic testing was influenced by sex and age.
Conclusions: The increase of approving opinions of medicine students towards genetic testing during the last 16 years, despite simultaneous and critical debate regarding the same topic, can be evaluated as a positive development. It can help to ensure a patient-centered and non-directive genetic counseling. In support of this development, psychosocial aspects of genetic counseling should, without exception, be included in university education.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:31139
Date19 January 2019
CreatorsTroike, Laura
ContributorsBerth, Hendrik, Tzschach, Andreas, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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