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Flüssigkeitsmanagement in der Herzchirurgie: Ergebnisse der Umfrage in europäischen kardioanästhesiologischen Abteilungen

Intravenöse Flüssigkeitsverabreichung gilt als Basismaßnahme für die perioperative Therapie chirurgischer Patienten. Damit lassen sich verschiedene Bestandteile der Homöosthase beeinflussen. Die Effekte und die Effektivität der Volumentherapie im perioperativen Setting sind aber von mehreren objektiven und subjektiven Faktoren abhängig. Insbesondere bei den herzchirurgischen Patienten ist dies durch den zusätzlichen Einsatz der Herz-Lung-Maschine, die starken Volumenverschiebungen und die beeinträchtigte Herz-Kreislauf-Kompetenz von großer Bedeutung. Die Bedeutung der endothelialen Innenschicht-Glykokalyx und seiner Eigenschaften in Unterstützung der Gefäßwandintegrität wird zunehmend verstanden. Da sowohl perioperative Hyper- als auch Hypovolämie Nachteile mit sich bringen, wird stetig versucht, „optimale“ Algorithmen für die Flüssigkeitstherapie bei diversen Kategorien der Patienten zu etablieren. Nach dem Konzept der zielgerichteten Therapie wird die Flüssigkeit entsprechend einer Volumenreagibilität des Patienten verabreicht. Nicht nur die Art der Volumensubstitution, sondern auch der Typ der Infusionslösung spielt eine entscheidende Rolle im Flüssigkeitsmanagement. Die Geschichte der Forschung, um eine ideale Lösung zu finden, reicht schon weit über 100 Jahre in die Vergangenheit. In der letzten Dekade erfolgte auf Grund der neuen wissenschaftlichen Daten ein Paradigmenwechsel in verschiedenen Aspekten der intravenösen Volumentherapie: Nach negativen Ergebnissen großer randomisierter Studien aus der Intensivmedizin kam es zu einer Einschränkung der Verwendung der Hydroxyethylstärke-Lösungen bei kritisch kranken Patienten durch die Empfehlung der Europäischen Arzneimittelagentur im Jahr 2013. Auch die balancierten kristalloiden Lösungen werden zunehmend als primäre Präparate statt isotonischer Kochsalzlösung für Flüssigkeitsmanagement eingesetzt.
Ziel dieser Arbeit war es, einen Überblick über den aktuellen Stand in der perioperativen Volumentherapie in europäischen herzchirurgischen Kliniken zu schaffen. Als Methode wurde die elektronische Umfrage gewählt. Alle zu diesem Zeitpunkt bekannten Umfragen zum Thema Volumentherapie bei herzchirurgischen Patienten sind noch vor der HES-Einschränkung durchgeführt worden und das Ausmaß ihrer Auswirkung auf die medizinische Praxis war bisher nicht untersucht. Die Umfrage wurde durch European Association of Cardiothoracic Anesthesiology (EACTA) initiiert und mittels des Onlineservices SurveyMonkey durchgeführt, wobei die Teilnehmer mit Einladungsemails eine Verknüpfung zum Fragebogen auf der SurveyMonkey Seite erhielten. Es wurden zwei Versionen dieser Umfrage verschickt. Nachdem die Rücklaufquote hinsichtlich der ersten Version zu gering war, wurde entschieden, die Adressatenliste und den Fragebogen zu überarbeiten, mit dem Ziel, die Beantwortung zu vereinfachen und zu verkürzen. Die finale Version des Fragebogens bestand aus 26 Fragen in drei Gruppen: a) allgemeine Fragen und Tätigkeit, b) perioperative Flüssigkeitstherapie und Eigenschaften verschiedenen Präparaten, c) Wahrnehmungen und Überlegungen in der Wahl der Infusionslösung. Der Fragebogen wurde im Oktober 2016 zwischen 379 Anästhesisten, die aus unterschiedlichen Zentren 18 europäischer Länder stammten, verteilt. Die Rücklauffrist endete am 19. Dezember 2016. Insgesamt antworteten 106 Adressaten, was einer Rücklaufquote von 28 % entspricht.
Die Ergebnisse der Umfrage zeigten, dass die Respondenten hauptsächlich in Lehrkrankenhäusern (66 %) tätig waren. Bei 73 % der Institutionen wurden Patienten postoperativ in herzchirurgischen Intensivmedizinabteilungen aufgenommen. Die Anästhesisten waren verantwortlich für das intraoperative Flüssigkeitsmanagement und die Kardiotechniker für Herz-Lungen-Maschine Priming. Balancierte Kristalloide wurden in 51,5 % der Zentren für das HLM-Priming gewählt und bei 36 % als Kombination mit Kolloiden (synthetischen oder Albumin). Für das primäre intraoperative Management wurden bei 74 % der Zentren balancierte Kristalloide genutzt, gefolgt von Kristalloid+Kolloid Kombination (15 %) und anderen (11 %). 32 % der Befragten nutzten die Kolloide überhaupt nicht. Gelatine mit 60 % war das bevorzugte Kolloid, wenn dies mit HES und Albumin verglichen wurde (24 % und 16 % entsprechend). 73 % der Teilnehmer, die auch in intensivmedizinischer postoperativer Betreuung involviert waren, änderten ihre intraoperative Flüssigkeitsstrategie auf ITS nicht. Als relevanteste Eigenschaften für perioperative Anwendung der Flüssigkeiten wurden das Risiko der renalen Schädigung und das Risiko der Blutung genannt. Im Vergleich zur intraoperativen Flüssigkeitstherapie und HLM-Priming hatte die ITS-Therapie mehr Einfluss auf das Outcome. Die Wahl der Flüssigkeiten wurde mehrheitlich von internationalen Leitlinien und klinischen Bedürfnissen beeinflusst. Die Hauptsorgen in der aktuellen Praxis der Befragten bezüglich Infusionstherapie sind koagulations- und renale Nebenwirkungen. Die Bindung und der Transport von endogenen und exogenen Verbindungen und die Bindung von proinflammatorischen und endogenen Molekülen wurden als die interessantesten Eigenschaften des Albumins angesehen, wenn Albumin für ein Management der Patienten am kardiopulmonalen Bypass verwendet wurde. Die Ergebnisse wurden auch mit entsprechenden Daten aus früheren europäischen Umfragen zu dieser Thematik verglichen, was auf eine Reduktion des HES-Einsatzes und steigende Anwendung der Kristalloide deutete.
Zusammenfassend zeigte die Umfrage, dass die balancierten kristalloiden Lösungen die bevorzugten perioperativen Infusionsflüssigkeiten in europäischen herzchirurgischen Zentren waren. Die Verwendung von Kolloiden schien deutlich gesunken zu sein, offenbar durch eine Einschränkung der HES-Präparate. Gelatine ist die am häufigsten eingesetzte kolloidale Lösung.:1. Bibliographische Beschreibung 3
2. Einführung in die Thematik 4
2.1 Perioperatives Flüssigkeitsmanagement und Besonderheiten bei herzchirurgischen Patienten 4
2.1.1. Die Rolle der Glykokalyx 5
2.1.2. „Optimale“ Flüssigkeitstherapie bei chirurgischen Patienten 5
2.1.3. Infusionslösungen 7
2.1.4. Sicherheit von HES im Zweifel 9
2.1.5. Besonderheiten in der Kardioanästhesie, die Rolle des Primings 10
2.2. Online-Umfrage als Forschungsmethode der aktuellen Arbeit 11
2.2.1. Entwicklung des Fragebogens 12
2.2.2. Durchführung der Umfrage 16
2.2.3 Limitationen der Umfrage-Methode 17
3. Publikation 19
“Fluid management in cardiac surgery: results of a survey in European cardiac anesthesia departments”. Journal of Cardiothoracic and Vascular Anesthesia 31 (2017) 1624–1629.
4. Zusammenfassung der Arbeit 25
5. Anlagen 28
5.1. Literaturverzeichnis 28
5.2. Abkürzungsverzeichnis 32
5.3. Erklärung über die eigenständige Abfassung der Arbeit 33
5.4. Lebenslauf 34
5.5. Erklärung des eigenen wissenschaftlichen Beitrags zu Publikationspromotion 36
5.6. Danksagung 37

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:72057
Date04 September 2020
CreatorsProtsyk, Volodymyr
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman, English
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relation10.1053/j.jvca.2017.04.017, 1532-8422

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