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Diagnostik und Therapie des Kryptorchismus beim Pferd dargestellt am Patientengut der Klinik für Pferde

Einleitung:
Die Diagnostik und Behandlung des Kryptorchismus stellt in der Pferdemedizin ein häufig vorkommendes Aufgabenfeld dar. Sowohl für die Diagnostik als auch für die Therapie existieren unterschiedliche Methoden, die in der Literatur kontrovers diskutiert werden. Studien, in denen Diagnostik und Therapie gemeinsam untersucht wurden, existieren bisher nicht. Bei der Auswahl der Methoden sollte Berücksichtigung finden, dass diese komplikationsarm sind, einen angemessenen Kosten-Nutzen-Aufwand bedingen und dass die vollständige Kastration nur einer Operation bedarf. Zur Vermeidung von Zweitoperationen oder der Konversion der Operationstechnik ist eine exakte präoperative Diagnostik notwendig.
Ziele der Untersuchung:
Das Ziel der Studie ist die wissenschaftliche Aufarbeitung der in der Klinik für Pferde der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig vorgestellten Kryptorchiden hinsichtlich Diagnostik und Therapie. Dabei wurden folgende Hypothesen geprüft: 1. Unter Nutzung der transkutanen sonographischen Untersuchung ist eine verlässliche Lokalisation maldescenter Hoden möglich und 2. Die laparoskopische Kryptorchektomie unter Allgemeinanästhesie ist eine sichere Methode zur Entfernung abdominaler Hoden und hinsichtlich der Morbidität vergleichbar mit der Entfernung inguinaler Hoden auf konventionellem Weg.
Tiere, Material und Methoden:
In einer retrospektiven Studie wurden die Patientendaten von Tieren, die in den Jahren 2008 bis 2019 zur Kryptorchektomie vorgestellt wurden, ausgewertet. In die Untersuchungen wurden folgende Daten einbezogen: Signalement, Vorbericht, Befunde der palpatorischen, rektalen und sonographischen Untersuchung. Die sonographischen Untersuchungen fanden mit einem für die rektale Untersuchung verwendbaren Linearschallkopf (7,5 MHz) statt. Weiterhin wurden die Ergebnisse der Hormonuntersuchung, Lokalisation der entfernten Hoden, Chirurg, chirurgische Technik, Dauer der Chirurgie, Erfolg des operativen Eingriffes, Ergebnis der histologischen Untersuchung, perioperative Gabe von Medikamenten, intraoperative und postoperative Komplikationen, Dauer und Kosten des Klinikaufenthaltes sowie Spätkomplikationen betrachtet. Die statistische Auswertung erfolgte mittels Mathematica (Version 12.0, Wolfram Research Inc., Champaign, IL, USA). Die Überprüfung der Daten auf Normalverteilung erfolgte mit dem Shapiro-Wilk-Test. Gruppenvergleiche erfolgten mittels Mann-Whitney-Test. Es wurden Vierfeldertafeln erstellt und Sensitivität, Spezifität, Positiver und Negativer Vorhersagewert sowie die zugehörigen 95 %-Konfidenzintervalle berechnet. Zusammenhänge von dichotomen Variablen wurden mit dem Fisher`s exaktem Test, Häufigkeiten mittels Fisher`s exaktem Test für 1 x 2 Tabellen untersucht. Das Signifikanzniveau für alle Tests wurde mit p <0,05 festgelegt.
Ergebnisse:
86 Pferde erfüllten die formulierten Einschlusskriterien. Unter den Rassen war das Deutsche Sportpferd mit 32 Tieren am häufigsten vertreten, was der Verteilung der Klinikpopulation entspricht. Neben weiteren Großpferderassen wurden auch drei Shetlandponys sowie zwei Esel in die Studie eingeschlossen. Das Alter der Tiere betrug im Median 2 Jahre und das Gewicht der Tiere im Durchschnitt 414,76 kg. Die Mehrzahl der Pferde (73/86; 84,9 %) wurde als Kryptorchiden ohne Voroperation überwiesen. Hormonuntersuchungen fanden in 7 % der Fälle statt. Die rektale Untersuchung wurde lediglich bei 3,5 % der Tiere vorgenommen und führte zu unklaren Ergebnissen. Bei allen Pferden erfolgte eine transkutane sonographische Untersuchung. Die sonographische Untersuchung war bezüglich inguinaler Hoden deutlich sensitiver als die palpatorische Untersuchung (97,96 % vs. 61,22 %). Die Diagnose abdominaler Kryptorchismus wurde gestellt, wenn der Hoden im Abdomen mittels transkutaner Sonographie auffindbar war oder wenn er inguinal nicht darstellbar war und keine Operationsnarbe vorlag. Auf diese Weise konnte bei 97,6 % der Tiere eine korrekte präoperative Diagnose gestellt und das geeignete operative Verfahren bestimmt werden. Bei Außerachtlassung der Shetlandponys und Esel wurde zu 100 % eine richtige präoperative Diagnose gestellt. Die operative Diagnose war in 36 Fällen ein abdominaler und in 49 Fällen ein inguinaler Kryptorchismus. Bei einem Pferd wurde die Diagnose Monorchismus gestellt. Insgesamt wurden an den 86 Pferden 89 chirurgische Eingriffe für die vollständige Kryptorchektomie oder die abschließende Diagnosestellung vorgenommen. Beim inguinalen Kryptorchismus erfolgte der chirurgische Zugang über einen Schnitt im Bereich des äußeren Leistenringes. Die abdominalen Hoden wurden auf laparoskopischem Weg entfernt, wobei die Operation bei 37 Tieren unter Allgemeinanästhesie und bei einem Pferd im Stehen vorgenommen wurde. Die Operationszeiten betrugen im Median beim inguinalen Kryptorchismus 17 Minuten (IQR = 5) und beim abdominalen Kryptorchismus 30 Minuten (IQR = 10). Der Unterschied der Operationszeiten war signifikant (p ≤ 0,001). Die Zahl der Komplikationen betrug bei den Minor-Komplikationen 15,1 % und bei den Major-Komplikationen 1,2 %. Kein Pferd verstarb oder musste euthanasiert werden. Zwei Pferde mussten nach dem Klinikaufenthalt weiter tierärztlich behandelt werden. Es bestand kein signifikanter Unterschied bei den Komplikationen zwischen der Kryptorchektomie von inguinalen und abdominalen Hoden. Die Dauer des postoperativen stationären Klinikaufenthaltes war für die Tiere mit inguinalem Kryptorchismus signifikant (p = 0,002) kürzer. Pferde mit inguinalem Kryptorchismus verblieben im Median 2 Tage (IQR = 1) und Tiere mit abdominalem Kryptorchismus 3 Tage (IQR = 1) stationär in der Klinik.
Schlussfolgerungen:
Mit Hilfe der transkutanen sonographischen Untersuchung ist eine verlässliche Lokalisation maldescenter Hoden möglich. Die Notwendigkeit von Zweitoperationen oder die Konversionen der Operationstechnik ist bei der beschriebenen präoperativen Diagnostik mit den daraus bedingten chirurgischen Zugängen zufriedenstellend gering. Die laparoskopische Kryptorchektomie unter Allgemeinanästhesie stellt ein sicheres risikoarmes Verfahren zur Behandlung des abdominalen Kryptorchismus dar.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:88183
Date21 November 2023
CreatorsBeyer-Sroka, Nico-Frederic
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman, German
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/acceptedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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