In der soziologischen Untersuchung des Zusammenhangs von Freiheit und sozialer Sicherheit kann es nur um individuelle Freiheiten in ihren institutionellen Bedingungszusammenhängen gehen. Es geht also um Autonomiegewinne im Wohlfahrtsstaat in den Selbstzurechnung der
Leute. Es geht um Freiheiten im Kontext von Institutionen, welche die Lebensbedingungen dieser Leute strukturieren. Und es geht um in der Praxis angestellte Vergleiche durch die Leute: Vergleiche zwischen ihren Freiheitsansprüchen und den gegebenen Realisierungsmöglichkeiten, Vergleichen zwischen tatsächlich erreichbar erscheinenden Alternativen in der Gesellschaft. Damit setzt sich die soziologische Sichtweise ganz ausdrücklich von all den Versuchen ab, einen \"Begriff\" von Freiheit zu entwickeln, um die gegebenen Verhältnissen dann an diesem Begriff zu messen, sei es, um ihnen eine \"Legitimation\" zu liefern, sei es, um an ihnen \"Kritik\" zu üben. Es geht nicht darum, „dem Menschen“, oder \"der Gesellschaft“ von einer gleichsam außergesellschaftlichen Beobachterposition aus „Freiheit“ sans phrase als eine Eigenschaft zuzuschreiben, weder als Gegebenheit, noch als Kontrafaktizität. Dies ist keineswegs einfach Ausdruck einer arbiträren argumentationsstrategischen Wahl unter mehreren Möglichkeiten. Dem Zuschnitt des Themas liegt vielmehr die These zugrunde, dass es sich unter den Bedingungen modernen Denkens um die einzig mögliche Art der wissenschaftlichen Befassung mit \"Freiheit\" handelt. Indem ich die wissenssoziologischen Grundlagen dieser These skizziere, werde ich den Begriff der Freiheit, den seine traditionale philosophische Belastung für sozialwissenschaftliche Analysen weitgehend unbrauchbar gemacht hat, in die Frage nach institutionellen Bedingungen für individuelle Handlungsspielräume überführen. Dann werde ich soziale Sicherheit als Bedingung der Realisierbarkeit bürgerlicher Freiheiten einführen. Vor diesem Hintergrund lässt sich dann fragen, warum in den Diskursen, welche die Entwicklung moderner Wohlfahrtsstaaten begleitet haben, der Zusammenhang von Freiheiten und sozialer Sicherheit nur eine marginale Rolle spielt. Dann werde ich kurz auf die theoretischen Voraussetzungen für die Analyse der Wechselwirkungen von Freiheit und sozialer Sicherheit eingehen und auf dieser Grundlage eine Neuinterpretation des Verhältnisses von Arbeitsmarkt und Sozialpolitik anbieten. Schließlich werde ich zeigen, dass die konservative Sozialstaatskritik diese Interpretation ungewollt bestätigt und empirische Hinweise dafür sammeln, dass die Leute Autonomiegewinne
im Wohlfahrtsstaat tatsächlich nützen.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-208080 |
Date | 22 August 2016 |
Creators | Vobruba, Georg |
Contributors | Universität Leipzig, Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie, Universität Leipzig, Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosophie |
Publisher | Universitätsbibliothek Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doc-type:workingPaper |
Format | application/pdf |
Relation | dcterms:isPartOf:Arbeitsbericht des Instituts für Soziologie ; 29 |
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