Hintergrund: Der Zweite Weltkrieg und die damit verbundenen traumatischen Ereignisse können auch Jahrzehnte später bei der ehemaligen Kriegsgeneration Deutschlands mit langfristigen und schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen einhergehen. Insbesondere die Erforschung von Langzeitverläufen traumatisierender Erlebnisse befindet sich noch in ihren Anfängen.
Ziele: Es werden die Auswirkungen traumatischer Erfahrungen und posttraumatischer Belas-tungssymptomatik auf die heutige gesundheitsbezogene Lebensqualität der älteren Bevölkerung Deutschlands (bis 1948 geboren) untersucht. Die Zusammenhänge werden unter dem Einfluss komorbider Depressivität, somatischer Symptome und körperlicher Erkrankungen analysiert.
Material und Methoden: Diese Arbeit untersucht die physische und psychische gesund-heitsbezogene Lebensqualität (SF12v2-Fragebogen zur gesundheitsbezogenen Lebensqua-lität), traumatische Erfahrungen (Traumaliste des M-CIDI), Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entsprechend des DSM-IV, partielle PTBS (Posttraumatic Diagnostic Scale, PDS), körperliche Erkrankungen (Multimorbiditätsfragebogen), Depressions- und Somatisierungssymptomatik (Patient Health Questionnaire, PHQ-D) in einer repräsentativen Stichprobe der 60-85 jährigen Bevölkerung Deutschlands (N = 1659) mit Hilfe von Selbstbeurteilungsverfahren.
Ergebnisse: Personen mit traumatischen Erfahrungen in der Lebensgeschichte berichten eine niedrigere Lebensqualität als Personen ohne traumatische Erfahrungen. Zudem findet sich mit steigender Anzahl der traumatischen Erfahrungen eine niedrigere physische und psychische Lebensqualität. Auch haben Personen mit einer Vollbild- oder partiellen PTBS eine niedrigere körperliche und psychische gesundheitsbezogene Lebensqualität. Beeinträchtigungen in der physischen gesundheitsbezogenen Lebensqualität werden hauptsächlich durch komorbide depressive und somatische Symptome und körperliche Erkrankungen erklärt. Auf die Beeinträchtigungen der psychischen gesundheitsbezogenen Lebensqualität haben sowohl traumatische Erfahrungen und posttraumatische Belastungssymptomatik als auch komorbide Depressions- und Somatisierungssymptomatik Einfluss. Die PTBS führt sowohl bei kategorialer als auch bei dimensionaler Betrachtung zur Beeinträchtigung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität; stärkster Einfluss wird auf die psychische Dimension genommen.
Schlussfolgerung: Selbst nach Jahrzehnten können potentiell traumatisierende Erlebnisse in der Folge mit erheblichen körperlichen und psychosozialen Beeinträchtigungen einhergehen. Im Umgang mit Älteren sollten neu auftretende oder zunehmende gesundheitliche Beschwerden immer vor dem Hintergrund der historisch-biographischen Perspektive betrachtet werden. Dabei sollte auch subsyndromalen Störungsbildern genügend Beachtung zukommen. Dem Einsatz von Messinstrumenten zur Erfassung der Lebensqualität in der Diagnostik und zur Verlaufsbeurteilung sollte mehr Bedeutung beigemessen werden.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-205970 |
Date | 11 July 2016 |
Creators | Henkel, Nele |
Contributors | Universität Leipzig, Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, PD Dr. P.H. Heide Glaesmer, Prof. Dr. rer. med. Astrid Sonntag, Prof. Dr. phil. Anja Mehnert |
Publisher | Universitätsbibliothek Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
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