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Klinische und experimentelle Untersuchungen zur Bedeutung des Autoimmunantikörpers gegen den AT1-Rezeptor im ersten Trimester der Schwangerschaft zur Prädiktion der Präeklampsie: Klinische und experimentelle Untersuchungen zur Bedeutung desAutoimmunantikörpers gegen den AT1-Rezeptor im ersten Trimester derSchwangerschaft zur Prädiktion der Präeklampsie

Die Präeklampsie (PE), eine schwangerschaftsspezifische Erkrankung, ist durch das erstmalige Auftreten von arterieller Hypertonie und Proteinurie nach der 20. Schwangerschaftswoche charakterisiert. Laut Literatur tritt sie in 2 - 8 % aller Schwangerschaften auf und ist unverän- dert eine der häufigsten Ursachen für mütterliche und kindliche Morbidität und Mortalität (Duley, 2003; Sibai, 2003; Schneider et al., 2012). Im Zuge dessen wurden weltweit zahlreiche Studien zum Verständnis des pathophysiologischen Geschehens mit dem Ziel der Früherkennung des Syndroms Präeklampsie durchgeführt. Dabei scheint die gestörte Implantation des Trophoblasten mit nachfolgender Fehlentwicklung des plazentaren arteriellen Gefäßsystems eine Schlüsselrolle zu spielen. Neben einer Beteiligung blutdruckregulierender endothelialer Substanzen (Stepan et al., 2008) wird ein dysreguliertes Renin-Angiotensin-System als mögliche Ursache für die Entwicklung einer PE in Betracht gezogen (Shah, 2005; Herse et al., 2007). Seit seiner Erstbeschreibung durch Wallukat und Kollegen steht der Autoimmunantikörper gegen den AT1-Rezeptor (AT1-AA) im Fokus der Forschung zur Bedeutung des Renin-Angiotensin-Systems in der Pathophysiologie der PE (Wallukat et al., 1999). Der AT1- AA aktiviert AT1-Rezeptoren auf unterschiedlichsten Zellen und bewirkt somit verschiedene, für die PE charakteristische pathophysiologische Reaktionen (Dechend et al., 2000; Dechend et al., 2003; Xia et al., 2003; Zhou et al., 2008a).
Im Hinblick auf diese Erkenntnisse war es das Ziel der klinisch-experimentellen Studie, in die 2187 Frauen eingeschlossen wurden, im ersten Trimester der Schwangerschaft mittels anamnestischer Informationen zur Mutter und Familie, inklusive Erkrankungen und Medikamenteneinnahmen während der Schwangerschaft, anhand des Schwangerschaftsverlaufes, biometrischer Daten des Kindes und Bestimmung von biochemischen Markern, mit besonderem Fokus auf den AT1-AA, in Serumproben der Schwangeren mögliche Zusammenhänge aufzudecken, die eine Diagnosestellung PE bereits vor Auftreten der klinischen Symptomatik ermöglichen. Dabei bestätigte ein Teil der Resultate bekannte Risikofaktoren zur Entwicklung einer Präeklampsie. So wurde z. B. auch das Alter der Mutter, ein vielfach diskutierter Risikofaktor für die Entwicklung einer PE, in der klinischen Studie untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass sowohl Frauen mit einem essentiellen arteriellen Hypertonus als auch Frauen, die im Verlauf der Schwangerschaft eine Präeklampsie entwickelten, mit durchschnittlich 37 Jahren deutlich älter waren als Frauen ohne Schwangerschaftskomplikationen und Kollektive mit anderen Schwangerschaftserkrankungen. Neben zahlreichen Risikofaktoren zur Entwicklung einer PE gibt es auch protektive Faktoren, wie z. B. das Rauchen von Zigaretten, das in der Schwangerschaft das Risiko, eine PE zu entwickeln, um 30 – 50 % reduziert (Zhang et al., 1999; Conde-Agudelo und Belizan, 2000). Die in der vorliegenden Arbeit erbrachte Auswertung der Studiendaten konnte diese Ergebnisse sehr gut untermauern, da alle Schwangeren, die eine PE entwickelten, Nichtraucherinnen waren. Des Weiteren zeigte die Auswertung der klinischen Studie, dass von den insgesamt 2109 Frauen nur 21 eine PE entwickelten. Daraus ergibt sich eine Diskrepanz zwischen der innerhalb der klinischen Studie berechneten Inzidenz der PE von 0,99 % und der von Schneider für Deutschland angegebenen Inzidenz mit 2,31 % (Schneider et al., 2012). Der deutliche Unterschied in der Inzidenz scheint zum einen ein weitreichendes Problem der adäquaten Diagnosestellung zu sein und zum anderen mit dem untersuchten Patientenkollektiv bezüglich bestimmter Risikogruppen- und Faktoren zusammenzuhängen und wird inner- halb der vorliegenden Arbeit ausführlich diskutiert.
Im Mittelpunkt der Auswertung der klinischen Studie stand der AT1-AA, der anhand eines kommerziell verfügbaren EIA (enzymatisches Immunadsorptionsverfahren) der Firma Cell- Trend in Serumproben von 181 Schwangeren im ersten Trimester quantitativ bestimmt wurde. 95 dieser 181 Frauen waren gesund und dienten als Vergleichs- bzw. Kontrollgruppe. Die weiteren 86 Frauen entwickelten eine schwangerschaftsassoziierte Pathologie und wurden deshalb im Rahmen dieser Arbeit als erkranktes Kollektiv bezeichnet. Die Ergebnisse der gemessenen Werte wurden im Zusammenhang mit der klinischen Studie ausgewertet. Beispielhaft fiel auf, dass Schwangere, die im weiteren Verlauf keine schwangerschaftsassoziierte Erkrankung entwickelten und eine positive Anamnese für eine rheumatische Erkrankung haben im Vergleich zu Werten von den Frauen ohne Rheuma im gesunden Kollektiv einen signifikanten Anstieg der gemessenen Werte für den AT1-AA aufzeigen. Dieser signifikante Anstieg blieb bei den Rheumatikerinnen, die eine PE entwickelten, jedoch aus. Dementsprechend zeigte die Gegenüberstellung der Rheumatikerinnen mit einem pathologischen Ausgang der Schwangerschaft signifikant niedrigere Werte des AT1-AA im Vergleich zu Rheumatikerinnen, die keine Pathologie entwickelten. Diese Ergebnisse bestätigen einmal mehr die von Walther und Kollegen aufgestellte Hypothese, dass es sich beim AT1-AA nicht um einen spezifischen Marker für die PE handelt (Walther et al., 2005), sondern vielmehr im Rahmen diverser anderer Erkrankungen, wie zum Beispiel der systemischen Sklerodermie (Riemekasten et al., 2011) oder auch im Rahmen von Nierentransplantatabstoßungen (Dragun et al., 2005) eine Rolle spielt und deshalb möglicherweise auch bei Frauen nachweisbar ist, die keine schwangerschaftsassoziierte Pathologie entwickeln.
Als zweites Beispiel sei hier die Kalziumsubstitution genannt, die als probates Mittel zur Prävention für hypertensive Schwangerschaftserkrankungen in zahlreichen Studien in den letzten Jahren diskutiert wurde. Das Review von Hofmeyr et al. im Jahr 2010 beschreibt die Auswertung durchgeführter Studien in entwickelten als auch in nichtentwickelten Ländern und zeigte, dass eine Kalziumsubstitution während der Schwangerschaft das Auftreten von Gestationshypertonus, PE und Frühgeburtlichkeit senken kann (Hofmeyr et al., 2010). Studien über einen potentiellen Einfluss von Kalziumsubstitution auf den AT1-AA wurden bislang nicht veröffentlicht. Innerhalb der klinischen Studie nahmen von den 181 untersuchten Frauen 13 während des ersten Trimesters der Schwangerschaft Kalzium ein. Dabei konnte der Vergleich ge- sunder Schwangerer ohne Kalziumsubstitution mit den Gesunden, die Kalzium einnahmen, zeigen, dass die Werte des AT1-AA bei den gesunden Schwangeren unter Kalziumsubstitution tendenziell niedriger sind als die gemessenen Werte bei gesunden Frauen ohne Kalziumsubstitution. Dieses Resultat gibt Grund zur Annahme, dass die Ergänzung von Kalzium im ersten Trimester der Schwangerschaft möglicherweise Einfluss auf die Bildung des AT1- AA haben kann. Doch um diesbezüglich statistisch verifizierbare Aussagen zu erhalten, sollte eine größere Anzahl von schwangeren Frauen untersucht werden.
Neben der Quantifizierung des AT1-AA und der Einbindung der Messergebnisse in die Daten der klinischen Studie und deren gemeinsamer Datenanalyse enthält die vorgelegte Arbeit auch einen experimentellen Abschnitt. Die Rationale für die Versuche basiert auf der Tatsache, dass, obwohl Wallukat et al. das Epitop, das durch den AT1-AA erkannt wird, bereits 1999 beschrieben haben (Wallukat et al., 1999), die Etablierung eines antikörperbasierten Assays fehlschlug. Dies lässt vermuten, dass die von Wallukat und seiner Arbeitsgruppe mit Hilfe eines Peptides untersuchte Bindungsdomäne für den AT1-AA an der 2. extrazellulären Schleife des AT1-Rezeptors zu positiven Ergebnissen geführt hat, weil das sieben Aminosäure-lange Peptid mit Homologie zum AT1-Rezeptor in der Schleife selbst die Konzentration des AT1- Rezeptors in den Zellen reduzierte und damit die Effekte des AT1-AA verhinderte und nicht, wie in der Arbeit von 1999 geschlussfolgert, das Peptid mit dem AT1-AA interagiert und so zum Ausbleiben des Signals (Erhöhung der Kontraktilität) geführt hat. Vor diesem Hintergrund wurden innerhalb der experimentellen Arbeit HEK-Zellen mit einem AT1-kodierenden Plasmid transfiziert und die Effekte des Peptids mit der Sequenz AFHYESQ-OH (entspricht der von Wallukat und Kollegen identifizierten Sequenz der 2. extrazellulären Schleife des AT1-Rezeptors, an den der AT1-AA binden soll) auf die Effizienz von Ang II untersucht, den Transkriptionsfaktor „Serum Response Factor“ zu stimulieren. Dabei zeigte sich, wie erwartet, dass Ang II in AT1-tranfizierten Zellen zu einer hochsignifikanten Erhöhung des Signals führte. Die parallele Zugabe des Heptapeptids reduzierte den Ang II-medierten Anstieg signifikant um 32,9 %, konnte das Signal aber nicht vollständig blockieren.
Die Auswertung der gemessenen Werte für den AT1-AA mittels EIA der Firma CellTrend zeigt, dass fast alle Werte unterhalb der angegebenen Grenze für einen positiven Wert von 20 U/ml liegen. Da dementsprechend laut Hersteller der Nachweis des AT1-AA nur bei einem Wert ≥ 20 U/ml gesichert ist, hätte der Test keinen prädiktiven Wert für hypertensive Schwangerschaftserkrankungen, um Risikoschwangerschaften im ersten Trimester zu screenen. Entsprechend konnte im Rahmen dieser Arbeit keine mögliche Assoziation zwischen gemessen Werten für den AT1-AA und den Erkrankungen PE und HELLP-Syndrom festgestellt werden. Dies könnte möglicherweise darin begründet sein, dass die Bildung des AT1- AA das Resultat einer Perfusionsstörung und Trophoblastenischämie darstellt und der AT1- AA daher noch nicht im ersten Trimester, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt der Schwangerschaft nachweisbar ist. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass bis dato keine Studien existieren, die den AT1-AA bereits im ersten Trimester der Schwangerschaft nachweisen konnten. Allerdings kann die Arbeit auch nicht ausschließen, dass der Assay der Firma CellTrend prinzipiell nicht geeignet ist, um den AT1-AA zu quantifizieren und das dies zu dem fehlenden AT1-AA-Nachweis im Blut von Schwangeren, die später eine PE entwickeln, geführt hat. Hier konnte die Arbeit zwar die Grundlagen für Interpretationen legen, es bedarf aber weiterer klinischer und experimenteller Arbeiten mit dem hier verwendeten Assay und anderen Nachweismethoden, um abschließende Schlussfolgerungen zu erlauben.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:13385
Date09 June 2015
CreatorsLogar, Andrea
ContributorsWalther, Thomas, Stephan, Holger, Riemekasten, Gabriele, Universität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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