Krebs und Infektionskrankheiten, wie z.B. Influenza, stellen zwei der großen Bedrohungen für die Menschheit dar. Gerade durch den demographischen Wandel sind immer mehr Menschen gefährdet. Mathematische Modelle von Krankheiten decken verschiedene Detailebenen ab -- von epidemologischen Modellen der Virusinfektion bis zu intrazellulären Modellen der Signaltransduktion in einzelnen Krebszellen. Diese Modelle, sofern sie anhand von biologische Daten kalibriert wurden, können sich als sehr nützlich erweisen um Hypothesen zu bisher unbekannten Wechselwirkungen zu generieren, Wirkstoffkandidaten vorherzusagen, und die Funktionsweise von existierenden Wirkstoffen besser zu verstehen.
Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich mehrere Projekte vorstellen, in denen prädiktive mathematische Modelle dazu benutzt wurden, tiefere Einblicke in die biologischen Prozesse zu gewinnen und die Therapieansätze bei Krebserkrankungen und den damit verbundenen Gesundheitsproblemen zu verbessern.
Im ersten Teil geht es um die Bedeutung von gemeinschaftlich entwickelter Software für die Systembiologie. Eine offene und erweiterbare Modellierungssoftware ermöglicht es ständig verbessert zu werden und an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst zu werden.
Im zweiten Projekt wurden die intrazellulären Prozesse während der frühen Influenza A Infektion untersucht. Durch eine Kombination von biologischen Messungen und mathematischer Modellierung konnte der Abbau von viraler RNA wähernd des Transportes durch das Wirtszellzytoplasma als limitierender Faktor für die erfolgreiche Infektion identifiziert werden. Mit Hilfe eines experimentell modifizierten viralen Hämagglutintin-Proteins mit veränderter pH-Abhängigkeit konnte gezeigt werden, dass sich der Abstand zum Zellkern, in dem das virale Genom freigesetzt wird, vergrößert. Die Modellvorhersage, dass die Infektion dadurch weniger effektiv wird, konnte experimentell bestätigt werden.
Im dritten Projekt beschäftigte ich mich mit gesundheitlichen Problemen, die im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung und deren Behandlung auftreten können. Chemotherapie oder die Krebserkrankung selbst führt bei vielen Patienten zu einer Blutarmut (Anämie). Diese wird aktuell entweder durch regelmäßige Bluttransfusionen oder durch Verabreichung von sogenannten Erythropoiesis-Stimulating Agents (kurz: ESA, zu Deutsch: Erythropoese-stimulierende Substanzen) behandelt. Mithilfe eines publizierten mathematischen Modells zur ESA-EpoR Interaktion konnten die Bindungseigenschaften verschiedener ESAs charakterisiert und zudem die Anzahl der Bindungsstellen auf unterschiedlichen Zelllinien bestimmt werden. Durch eine Erweiterung des Modells mit einem pharmakokinetischen und -dynamischen Teil konnte die Dosierung für Anämiepatienten retrospektiv verbessert werden.
Das letzte Projekt stellt eine computerbasierte Methode zur Analyse und Entschlüsselung der zellulären Zusammensetzung von Tumorproben dar. In den vergangenen Jahren wurde vermehrt eine neue Klasse von Krebsmedikamenten entwickelt, die sich das körpereigene Immunsystem zunutze macht, um den Krebs zu bekämpfen. Das Funktionieren dieser Medikamente hängt jedoch davon ab, ob bestimmte Immunzellen in der Umgebung des Tumors vorhanden sind. Auf Grundlage von Einzelzell RNA-Sequenzierungsdaten konnte eine existierende Methode so erweitert werden, dass nunmehr auch Proben von soliden Tumoren entschlüsselt werden können. Zudem wurden die Einflüsse von verschiedenen Faktoren, wie etwa der Gewebeherkunft oder dem verwendeten Algorithmus, systematisch ausgewertet.
Zusammengefasst habe ich in dieser Arbeit dargestellt, wie prädiktive Computermodelle dazu verwendet werden können bestehende Behandlungsansätze zu verbessern und neue Wirkstoffkandidaten zu identifizieren. / Cancer and infectious diseases, such as influenza infection, represent major threats to the human population, especially since demographic change makes more and more people vulnerable. Mathematical modeling of disease covers several layers of detail ranging from epidemiological models for infection spread to cancer-associated signaling within individual cells. These models, when being calibrated to biological data, can provide useful means for generating hypothesis of priorly unknown interactions, predicting drug targets for novel therapeutic substances and for improving the understanding and efficient functioning of existing treatment strategies. In this thesis, I present several projects in which predictive computational models are utilized to gain deeper insights into the biological processes and to improve therapy of cancer and associated health problems.
The first part highlights the importance of community-driven software development for systems biology applications. Efficient, yet expandable and open software continuously improves, driven by an active community of users and developers.
In the second project, the intracellular processes during the early influenza A infection are investigated. Using a combination of experimental measurements and mathematical modeling, degradation of the viral genome during its diffusion through the cytoplasm could be identified as a limiting factor for a successful infection. By experimentally increasing the pH sensitivity of the viral hemagglutinin protein, the distance of diffusion was increased and the computationally predicted decrease in infectivity could be validated in experiment.
The third project deals with cancer-associated health issues and their treatment. Patients suffering from anemia, caused by the cancer itself or as a side-effect of chemotherapy, are treated either with blood transfusions or with an erythropoiesis stimulating agent (ESA). By adapting a published model of ESA-EpoR interaction, not only the biochemical properties of different ESAs could be characterized in silico but also the number of binding sites (i.e. Epo receptors on the cell surface) in different cell lines was accurately determined. The model was extended by a pharmaco-kinetic and -dynamic part. The combined ESA-EpoR-PK/PD model could be utilized to retrospectively optimize the dosing regimen of patients suffering from anemia.
In the last project, a computational method for analyzing and deciphering the cellular composition of bulk tumor samples is presented. Only recently, a new class of anti-cancer drugs was introduced recruiting the body’s own immune system to combat malignant tissue. However, the efficient functioning of these immunotherapeutical drugs heavily depends on the presence of specific immune cells in the tumor micro-environment. Based on single-cell RNA sequencing data, an existing method for computational deconvolution could be adapted for data from solid tumor tissue and its performance was benchmarked.
Taken together, in this thesis I present approaches how predictive computational models can be utilized to render more efficient existing treatment strategies.
Identifer | oai:union.ndltd.org:HUMBOLT/oai:edoc.hu-berlin.de:18452/19179 |
Date | 23 October 2017 |
Creators | Schelker, Max |
Contributors | Klipp, Edda, Herzel, Hanspeter, Timmer, Jens |
Publisher | Humboldt-Universität zu Berlin |
Source Sets | Humboldt University of Berlin |
Language | English |
Detected Language | German |
Type | doctoralThesis, doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
Rights | Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland, Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland, http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/de/ |
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