Der wichtigste Bestimmungsfaktor für die Produktivität in der Herdenhaltung kleiner Wiederkäuer unter semi-ariden Weidebedingungen ist die klimatisch bedingte Saisonalität im Futteraufwuchs. In pastoralen Produktionssystemen gibt es nur wenige Alternativen zur Mobilität als effiziente und angepaßte Strategie zur Überwindung von Nährstoffdefiziten. Eine denkbare Intervention bestünde darin,, den saisonalen Nährstoffbedarf der Herde über ein kontrolliertes Anpaarungsmanagement zu steuern. Eine derartige Strategie wird jedoch von pastoralen Produzenten üblicherweise nicht durchgeführt. Restriktives Anpaarungsmanagement als ein Mittel zur Synchronisation der Nährstoffansprüche pastoraler Ziegenherden mit dem saisonalen Futterangebot hat bisher in der Forschung nur wenig Beachtung gefunden. Um die Vor- und Nachteile einer kontrollierten saisonalen Anpaarung zu untersuchen, wurde über einen Zeitraum von vier Jahren (1984-1988) im Isiolo Distrikt im Norden Kenias ein systematisches Anpaarungsprogramm in einer Herde kleiner Ostafrikanischer Ziegen durchgeführt. Ziel der Studie war es, (1) den Effekt einer saisonalen Anpaarung auf wichtige Leistungsmerkmale von Ziegenherden zu untersuchen, und (2) diese Daten für den Test der Hypothese zu verwenden, daß ein restriktives saisonales Anpaarungsmanagement die Produktivität pastoraler Ziegenherden zu steigern vermag. Es wurden 145 Muttertiere auf 18 aufeinander folgende Anpaarungsgruppen mit jeweils ca. 18 Tieren verteilt und für insgesamt 381 Anpaarungen verwendet. Jeder dieser 18 Gruppen wurde über einen Zeitraum von 2 Monaten der gleiche Zuchtbock zugeführt. Aus dem experimentellen Design ergaben sich 6 Anpaarungsperioden pro Jahr, die jeweils dreimal im Verlauf des Experiments wiederholt wurden. Es wurden 8547 Messungen bezüglich der Mortalität, der Gewichtsentwicklung und Milchleistung der Muttertiere erhoben; 9337 Messungen wurden zur Mortalität und Wachstumsleistung der Jungtiere erhoben. Statistische Analysen wurden für alle relevanten Leistungsmerkmale durchgeführt. Dazu zählen die Überlebensleistung von Jung- und Muttertieren, die Reproduktionsleistung der Muttertiere, die Wachstumsleistung der Jungtiere, sowie die Gewichtsentwicklung und Milchleistung der Mütter. Für die Ermittlung der Herdenproduktivität in den sechs Anpaarungsperioden wurde ein neues steady-state Herdenmodell entwickelt. Dieses Verfahren basiert auf einer zustandsstruktierten Beschreibung der Populationsdynamik und verwendet einen nicht linearen Optimierungsansatz zur simultanen Bestimmung der steady-state-Herdenstruktur und der Merzpolitik, die die energetische Effizienz auf Herdenebene maximiert. Die Anpaarungsperiode hatte keinen signifikanten Effekt auf Reproduktionsmerkmale, was höchstwahrscheinlich auf die hohe Variabilität in den Produktionsbedingungen zwischen den drei Wiederholungen einer Periode zurückzuführen ist. Die Unterschiede in der Überlebensleistung der Jungtiere zwischen den Anpaarungsperioden waren stark ausgeprägt. Die Ergebnisse belegen, daß restriktive Anpaarung ein effektives Mittel zur Reduzierung der Jungtiersterblichkeit sein kann. Ähnliche Schlußfolgerungen gelten in Bezug auf die Milchleistung. Die anfänglichen Unterschiede in der Wachstumsleistung zwischen den Anpaarungsperioden verschwanden weitestgehend bis die Tiere das Jährlingsstadium erreicht hatten. Daher kann man davon ausgehen, daß eine saisonale Anpaarung per se keinen nennenswerten Vorteil bezüglich der Wachstumsleistung von Jungtieren verschafft. Die ermittelten steady-state-Produktivitäten verdeutlichen, daß unter den gegebenen Bedingungen Reproduktionsleistungsmerkmale weitaus weniger bedeutsam für die biologische Herdenproduktivität sind, als dies häufig angenommen wird. Mit Hilfe von Sensitivitätsanalysen wurde gezeigt, daß die Jungtiersterblichkeit mit Abstand der wichtigste Bestimmungsfaktor für die energetische Effizienz auf Herdenebene ist. Restriktive Anpaarung kann aufgrund des positiven Einflusses auf die Überlebensleistung der Lämmer als Strategie zur Steigerung der biologischen Produktivität genutzt werden. Milch- und Wachstumsleistung sind von untergeordneter Bedeutung, nachdem ihre positiven Effekte auf die Überlebensleistung der Jungtiere berücksichtigt wurden. Eine Anpaarung auf dem Höhepunkt der langen Trockenzeit (Juli bis August) stellte die optimale Managementstrategie dar. Ob eine restriktive Anpaarung einer kontinuierlichen Anpaarung überlegen ist, konnte jedoch nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Die Ergebnisse eines simulierten asaisonalen Managements deuten darauf hin, daß der durch saisonale Anpaarung erzielbare Effizienzzuwachs deutlich geringer ausfallen dürfte, als bisher angenommen wurde. Bezüglich der Methode zur Ermittlung der steady-state Herdenproduktivität ist festzuhalten, daß der Verwendung eines Optimalitätsansatzes für die Schaffung einer gemeinsamen Vergleichsbasis eine herausragende Bedeutung zukommt. Der entwickelte Bewertungsansatz erlaubt die Durchführung standardisierter Effizienzvergleiche auf Herdenebene und Kann zugleich ein wertvolles Hilfsmittel für ein besseres Verständnis von Produktionssystemen, bzw. für deren Optimierung sein.
Identifer | oai:union.ndltd.org:HUMBOLT/oai:edoc.hu-berlin.de:18452/15116 |
Date | 19 April 2000 |
Creators | Hary, Ingo |
Contributors | Schafft, H., Schwartz, H.J., King, J.M. |
Publisher | Humboldt-Universität zu Berlin, Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät |
Source Sets | Humboldt University of Berlin |
Language | English |
Detected Language | German |
Type | doctoralThesis, doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf, application/octet-stream, application/octet-stream |
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