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Metascience as Self-Knowledge

Die Arbeit fragt zunächst nach der Existenz von Wissenschaftsphilosophie in Hegels System, da sie traditionellerweise von denjenigen geleugnet wird, die fest an den naturalistischen Wissenschaftsbegriff glauben. Es wird zwischen zwei Konzeptionen von epistemologischen Untersuchungen unterschieden, nämlich einer positivistischen-objektorientierten und einer selbstreflexiven. Hegels Wissenschaftslehre entspricht der letzteren, d.h. einer Art noesis noeseos, denn Wissenschaft ist für ihn das Selbstwissen des kollektiv verstandenen Geistes. In diesem Sinne kann Hegel als Mitbegründer der modernen Wissenschaftsphilosophie avant la lettre angesehen werden. Die Kernbestimmung von Hegels Metawissenschaft wird dann im Lichte der vor kurzem entfachten Debatte um seinen angeblichen Naturalismus des Geistes untersucht, weil auch diejenigen neueren angelsächsischen Hegelinterpretatoren, die einen epistemologischen Diskurs in Hegels System durchaus anerkennen, irreführend behaupten, dass Hegel die Geistaktivitäten und Geistentäußerungen naturalistisch auffasst. Es folgt die kritische Analyse von vier exemplarischen naturalistischen Hegellektüren und die Rekonstruktion von Hegels Argumentation für einen nichtnaturalistischen Geistbegriff sowie Naturbegriff. Im Gegensatz zu diesen Auslegungen, welche vom Menschen als bloßem Bedürfniswesen ausgehen, macht die Analyse der Hegelschen Texte deutlich, dass für Hegel der Geist nicht durch irgendein biologisches Interesse oder Organ allein bedingt ist, sondern vielmehr durch eine sozialkulturelle Seinsweise und dabei besonders durch sprachlich vermittelte generische Formen eines Wir-Subjekts. Hegel nimmt die Aufgabe auf sich, der Philosophie zu einer selbstbewussten Wissenschaft zu verhelfen, da er die gravierenden Probleme von rein empirischen, rein rationalistischen sowie romantischen „unmittelbaren“ Wissenskonzepten identifiziert und beheben will. Es wird gezeigt, dass trotz massiver Kritik der posthegelianischen Philosophie, sowohl der analytischen als auch der kontinentalen, Hegels Idee von Philosophie als Wissen des Wissens keinesfalls blinde Orientierung an der Methodologie gegebener Sach-Wissenschaften bedeutet. Vielmehr entwickelt Hegel eine allgemeine, begriffsorientierte und nichtformalistische Logik, die als innovative Theorie der Geisteswissenschaften verstanden werden soll.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:15977
Date07 August 2017
CreatorsBar, Roi
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageEnglish
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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