SARS-CoV-2 ist ein infektiöses Coronavirus, das erstmals Ende des Jahres 2019 in der chinesischen Stadt Wuhan nachgewiesen wurde und bei Menschen primär akute Atemwegserkrankungen unter dem Namen Coronvirus disease 2019 (COVID-19) verursacht. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung des Erregers ist insbesondere über virushaltige Partikel in Tröpfchen und Aerosolen möglich. Das unspezifische klinische Bild von COVID 19 ähnelt dem anderer respiratorischer Virusinfektionen. Nach einer mittleren Inkubationszeit von etwa fünf Tagen sind häufig auftretende Symptome Husten, Fieber und Rhinitis, ebenso das neurologische Symptom Hyposmie/Hypogeusie. Krankheitsverläufe reichen von asymptomatischen Infektionen bis hin zu schweren Pneumonien mit möglichem letalen Ausgang. Risikofaktoren für schwere Verläufe sind v. a. fortgeschrittenes Alter, Komorbiditäten sowie männliches Geschlecht. Zum Zeitpunkt der ersten Erkrankungswelle standen weder spezifische Therapien noch ein wirksamer Impfstoff zu Verfügung. Die Bewältigung der innerhalb weniger Monate durch SARS CoV 2 ausgelösten Pandemie stellte die medizinische Versorgung global vor große Herausforderungen. Um die Virusausbreitung und die damit einhergehende Überlastung des Gesundheitssystems mit einer zunehmenden Anzahl vermeidbarer Todesfälle zu verhindern, war auf nationaler und internationaler Ebene rasches, koordiniertes Handeln geboten. Klassische Eindämmungsmaßnahmen beinhalten die frühzeitige Absonderung Infizierter und deren enger Kontaktpersonen. Maßgeblich waren zudem eine Reduzierung der Mobilität, z. B. durch Reise- und Kontaktbeschränkungen. Auch individuelle Schutzmaßnahmen wie das Einhalten von Hygieneregeln spielen eine zentrale Rolle in der Reduktion der Neuinfektionen. Zwar wurden die ersten COVID 19 Fälle in Deutschland bereits Ende Januar 2020 bekannt, die Dynamik des bundesweiten Ausbreitungsgeschehens nahm jedoch erst Anfang März 2020 zu und leitete die erste Erkrankungswelle ein (10.−20. Kalenderwoche 2020).
Diese Arbeit verfolgte das Ziel, die Bewältigungsstrategien der frühen COVID 19 Pandemie am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) in den Kontext regional, national und international eingeführter Maßnahmen an Krankenhäusern zu setzen. Beleuchtet werden sollte, ob die aufgebauten Versorgungsstrukturen eine effektive Eindämmung der Virusausbreitung in der Klinik förderten und welche Optimierungsmöglichkeiten bei zukünftigen Ausbrüchen bestehen. Dafür erfolgte die retrospektive Beschreibung und Analyse des Pandemiemanagements am UKL mit Fokus auf die erste Erkrankungswelle in Deutschland. Zudem sollten die Krankheitsverläufe sowie die Symptomdauer von ambulanten COVID 19 Patienten in Leipzig analysiert und mit weiteren Studien zu Patienten mit milder bis moderater Symptomatik in Beziehung gesetzt werden. Diesbezüglich erfolgte eine retrospektive, statistische Auswertung der epidemiologischen und klinischen Daten von 103 ambulanten Patienten, die zwischen dem 20. März und dem 15. Mai 2020 in der Corona Ambulanz des UKL einen erstmaligen Nachweis von SARS CoV 2 mittels RT-PCR-Testung erhielten.
Mit Einnahme einer zentralen Funktion in der frühen regionalen Pandemiebewältigung etablierte das UKL diverse ambulante sowie stationäre Versorgungsstrukturen (z. B. Testambulanz, regionale Patientenverteilung und innerklinische Ausweitung von Behandlungskapazitäten). Wert gelegt wurde auf die Risikominimierung nosokomialer SARS CoV 2 Ausbrüche, beispielsweise mittels Screenings sowie Verhaltensregelungen auf dem Klinikgelände. Die stetig von der frühzeitig etablierten, interdisziplinären Task Force COVID-19 angepassten Beschlüsse bei enger Einbindung externer Institutionen waren Voraussetzung einer dynamischen Bewältigungsstrategie. Sie entlasteten kleinere Einheiten des Gesundheitssystems, sicherten eine geeignete Versorgung von SARS CoV 2 Infizierten und erhielten die innerklinische Handlungsfähigkeit. Bedacht werden sollten allerdings die niedrigen regionalen Fallzahlen sowie das frühzeitige Handeln auf Regierungsebene, welche einen erfolgreichen Umgang mit der Pandemie maßgeblich unterstützten. Für zukünftige Ausbruchssituationen könnte eine bereits vordefinierte Arbeitsgruppe ein organisiertes Handeln an Kliniken erleichtern. Zudem sollte eine enge Kooperation mit klinikexternen Partnern wie etwa lokalen Krankenhäusern, Rettungsdiensten und Gesundheitsämtern stattfinden, um eine optimale regionale und überregionale Übersicht und Handlungsfähigkeit zu schaffen. Die Möglichkeit eines schnellen Aktivierens essentieller Strukturen (z. B. Testambulanz, Beratungshotline, Besucher- und Patientenscreenings) sowie die ausreichende Verfügbarkeit von Schutz- und Testmaterialien und geschultem Personal sollten in einer akuten Notlage sichergestellt sein. Hilfreich könnte in Zukunft eine Institution zur bundesweiten Verteilung von Patienten und Ressourcen bei Ausschöpfung regionaler Kapazitäten sein. Außerdem sollte die Gestaltung einer nationalen Leitlinie zum Umgang mit Ausbruchsgeschehen erwogen werden, um Gesundheitseinrichtungen organisatorisch zu entlasten. Konsequenzen für die Nicht COVID 19 Versorgung, wirtschaftliche Folgen für Kliniken sowie Auswirkungen digitaler Lehre in medizinischen Studiengängen unter Pandemiebedingungen sollten in nachfolgenden Studien analysiert werden.
Die Anzahl der vorstelligen Besucher der Corona-Ambulanz erreichte ihren Höhepunkt während der 13./14. Kalenderwoche 2020 und sank in den Folgewochen parallel zu den deutschlandweiten Fallzahlen. Die Studienkohorte bestand bei einem Altersmedian von 36 Jahren aus vergleichsweise wenig vorerkrankten Patienten mit damit vereinbaren milden bis moderaten COVID 19 Verläufen. Eine Indikation zur stationären Behandlung ohne Intensivpflichtigkeit bestand bei fünf der 103 Patienten. Die Dauer zwischen Symptombeginn und Testung nahm innerhalb des Studienzeitraums bei steigenden Fallzahlen, angepassten Empfehlungen des Robert Koch Instituts (RKI) und verstärkter Medienpräsenz sichtbar ab. Die Stärkung des Bewusstseins in der Bevölkerung hinsichtlich verdächtiger, auch leichter Symptome ist maßgeblich, um Infektionsketten durch eine frühzeitige Testung unterbinden zu können. Eine Limitation dieser Arbeit ist, dass Daten zu Risikofaktoren und Symptomen auf Patientenangaben beruhen und demnach unvollständig sein könnten. Der Großteil der Patienten (96,9 %) unserer Kohorte entwickelte Symptome. Im Einklang mit anderen Studien zu ambulanten COVID 19 Patienten war das am häufigsten berichtete Symptom Abgeschlagenheit, gefolgt von Husten und Hyposmie/Hypogeusie. Weil Fieber nur in etwa einem Drittel der Fälle bei oligosymptomatischen Patienten beobachtet wird, stellt die singuläre Messung der Körpertemperatur keinen geeigneten Screening Test für eine Infektion durch SARS CoV 2 dar. Die zusätzliche Abfrage von Husten und Hyposmie/Hypogeusie kann empfohlen werden. Dass mehr als ein Viertel von 96 Studienteilnehmern (26 %) von post-akuten Symptomen betroffen war, deckt sich mit Angaben aus anderen Studien. Diese Patienten nahmen mindestens 29 Tage nach Symptombeginn noch Beschwerden, insbesondere persistierende Hyposmie/Hypogeusie, wahr. Risikofaktoren und Pathogenese von Geruchs- und Geschmacksstörungen bei mildem bis moderatem COVID 19 sollten in weiteren Studien untersucht werden. Unter 96 Studienteilnehmern bestand eine statistisch signifikante, schwach positive Korrelation zwischen weiblichem Geschlecht bzw. Nikotinabusus und der Symptomdauer. Übereinstimmend mit anderen Publikationen prädisponiert weibliches Geschlecht möglicherweise für Langzeitfolgen. Folgebeschwerden durch COVID-19 sollten Gegenstand multidisziplinärer Studien sein, um Patienten mit eventuellen Langzeitfolgen zukünftig eine verbesserte individuelle Behandlung ermöglichen zu können.:1 Einleitung
1.1 Allgemeine Einleitung
1.1.1 SARS-CoV-2: Klassifikation und Herkunft
1.1.2 Übertragung
1.1.3 Diagnostik
1.1.4 Symptome
1.1.5 Therapie
1.2 Prävention
1.2.1 Unterbrechung von Infektionsketten
1.2.2 Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen
1.2.3 Individuelle Schutzmaßnahmen
1.2.4 Impfung
1.3 Chronologie der Pandemie
1.3.1 International
1.3.2 Europa
1.3.3 Deutschland
1.3.4 Sachsen und Leipzig
2 Aufgabenstellung
3 Material und Methoden
3.1 Studiendesign
3.2 Gutachten der Ethikkommission
3.3 Studienkohorte
3.4 Material
3.5 Telefonische Datenerhebung
3.5.1 Follow-Up durch die Corona-Hotline
3.5.2 Follow-Up: Ermittlung von Risikofaktoren und Symptomdauer
3.6 Statistik
3.6.1 Deskriptive Statistik
3.6.1.1 Epidemiologische Beschreibung des Patientenkollektivs
3.6.2 Induktive Statistik
4 Ergebnisse
4.1 Aufbau einer spezialisierten medizinischen Versorgung am UKL
4.1.1 Task Force COVID-19
4.1.1.1 Aufbau der Task Force
4.1.1.2 Kooperation mit klinikexternen Partnern
4.1.2 Corona-Ambulanz
4.1.3 Corona-Hotline
4.1.4 Stationäre COVID-19-Versorgung
4.1.4.1 Zentrale Patientenverteilung in der Region Leipzig
4.1.4.2 COVID-19-Normalisolierstation für Verdachtsfälle
4.1.4.3 COVID-19-Intensivstationen für Verdachtsfälle und bestätigte Fälle
4.1.5 Prävention nosokomialer SARS-CoV-2-Infektionen
4.1.5.1 Screening
4.1.5.2 Mitarbeiterregelungen
4.1.5.3 Patienten- und Besucherregelungen
4.1.5.4 Digitales Sommersemester für Medizinstudierende
4.2 Statistische Analyse der Studienkohorte
4.2.1 Besucher der Corona-Ambulanz
4.2.2 Studienablauf
4.2.3 Patientencharakteristika
4.2.4 Dauer zwischen Symptombeginn und Testung
4.2.5 Symptome und Ereignisse während der häuslichen Isolation
4.2.5.1 Häufigkeit der Symptome und Ereignisse
4.2.5.2 Symptomverlauf
4.2.5.3 Bei Krankheitsprogression hospitalisierte Patienten
4.2.5.4 Korrelation der Symptome und Ereignisse
4.2.6 Symptomdauer
4.2.7 Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Symptomdauer
5 Diskussion
5.1 Effektive Bewältigungsstrategien der COVID 19 Pandemie am UKL
5.2 Ambulante COVID-19-Fälle während der ersten Erkrankungswelle in Leipzig
5.2.1 Corona-Ambulanz: Nachfrage und Positivrate im Kontext des bundesweiten Pandemiegeschehens
5.2.2 Patientencharakteristika – geringes Alter und wenige Komorbiditäten
5.2.3 Frühzeitige Testung maßgeblich für Unterbindung von Infektionsketten
5.2.4 Krankheitsverläufe in der häuslichen Isolation meist mild bis moderat
5.2.5 Hyposmie/Hypogeusie: Potentiell lang persistierendes Symptom
5.2.6 Weibliches Geschlecht und Nikotinabusus: Risikofaktoren für Langzeitfolgen?
6 Zusammenfassung
7 Literatur-, Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
7.1 Literaturverzeichnis
7.2 Abbildungsverzeichnis
7.3 Tabellenverzeichnis
8 Anlagen
8.1 Fragebögen
9 Selbstständigkeitserklärung, Lebenslauf und Danksagung
9.1 Erklärung über die eigenständige Abfassung der Arbeit
9.2 Lebenslauf
9.3 Danksagung
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:93733 |
Date | 16 September 2024 |
Creators | Lordick, Franziska |
Contributors | Lübbert, Christoph, von Braun, Amrei, Schneider, Anne, Baerwald, Christoph, Pietsch, Corinna, Universität Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/acceptedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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