Open Educational Resources (OER) nehmen seit einiger Zeit einen hohen Stellenwert in Bildungsdebatten ein. OER sind Inhalte, Materialien oder ganze Kurse, die kostenfrei genutzt, geteilt, verändert und in veränderter Form verteilt werden können. Die Idee einer Bildung für alle wird hier angeführt, wobei häufig das humboldtsche Bildungsideal mitschwingt. Gleichzeitig treten OER in einer Zeit der ökonomischen Vereinnahmung der Bildung auf, die unter dem Stichwort der Ökonomisierung der Bildung behandelt wird. Unternehmerisches Denken und Handeln, Konkurrenz und Leistungsanreize sind Anzeichen dieses Umbaus. Es stellt sich die Frage, wie diese sich widersprechenden Entwicklungen zusammenpassen. Sind OER ein Teil des ökonomistischen Umbaus oder stehen sie für eine Wende hin zu einer emanzipatorisch-humanistischen Bildung? Diese
Frage wird besonders vor dem Hintergrund interessant, dass es auch wirtschaftsnahe Akteure sind, die sich für den Einsatz von OER aussprechen. Die Arbeit zielt darauf zu untersuchen, wie OER in diesem Spannungsfeld positioniert werden. Um das Themenfeld zu erschließen, bedient sich die Arbeit der Diskursanalyse. Es kann gezeigt werden, dass mit OER enorme Erwartungen verbunden werden, was sich beispielsweise an der Vielzahl von Aussagen zeigt, die in OER eine Möglichkeit sehen das Bildungswesen zu optimieren. Dies belegt auch die narrative Struktur, die von (urheberrechtlichen) Problemen im Bildungswesen ausgeht und denen mit OER begegnet werden kann. Häufig schließen sich Äußerungen zu den Potenzialen von OER an. Genannt werden die Optimierung des Bildungswesens durch OER, pädagogische Potenziale, revolutionäre Potenziale und gesteigerte Wertschöpfungsmöglichkeiten. Insgesamt nehmen Aussagen zur Optimierung des Bildungswesens den größten Raum ein. Hierbei wird auf Effizienzsteigerungen, verbesserte Gebrauchs- und Nachnutzungsmöglichkeiten, Rechtssicherheit, Marketingeffekte und die Entlastung des Lehrpersonals verwiesen. Es zeigt sich weiterhin, dass OER im Diskurs überwiegend positiv betrachtet werden. OER, so die Interpretation, gelten als positiv und sind unter allen Umständen zu nutzen. Bestärkt werden diese Forderungen mit dem Verweis, im Wettbewerb zu versagen, wenn OER nicht zum Einsatz kommen. Besonders stark vertreten sind Äußerungen, die sich auf die Potenziale beziehen und von mehr Effizienz, Effektivität und Verwertungsmöglichkeiten sprechen. Gerade diese Punkte sind es, die nahelegen, dass OER als Mittel konstituiert werden, das der Ökonomisierung des Bildungswesens in die Hände spielt. OER gelten als Möglichkeit, das Lernen, Lehren und das Bildungswesen im Allgemeinen zu effektivieren sowie Profilbildung zu betreiben und Eigeninitiative und Leistungsfähigkeit zu steigern – Aspekte, die unter ökonomistischen Vorzeichen gefordert werden. Die Nutzung von OER vor dem Hintergrund eines humanistisch-emanzipierten Bildungsverständnisses tritt in den Hintergrund. Dabei sind genau dies die Aspekte, die im Diskurs vertreten sein sollten, um der Ökonomisierung des Bildungswesens zu begegnen. Mit OER, so die These, ließen sich im Bildungswesen Werte vermitteln, die Humanismus
und Emanzipation jenseits von Verwertungsinteressen erlauben. Hierauf sollte der Fokus gerichtet werden, um die Möglichkeiten von OER nutzen zu können und sie nicht durch eine Seite zu vereinnahmen.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:36436 |
Date | 05 December 2019 |
Creators | Krug, Ronny |
Contributors | Vollbrecht, Ralf, Stickelmann, Bernd, Technische Universität Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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