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Palliative Care bei Demenz: Das Verständnis von Palliative Care bei Demenz und die Bedeutung für das Pflegehandeln im Kontext der stationären Langzeitpflege

Hintergrund: Menschen mit Demenz zählen zu einer wichtigen, aber bislang vernachlässigten Zielgruppe in der palliativen Pflege und Betreuung. Viele dieser Personen haben palliative Versorgungserfordernisse, die in der stationären Langzeitpflege häufig weder wahrgenommen noch angemessen erfüllt werden. Das Versorgungskonzept Palliative Care gewinnt vor diesem Hintergrund zunehmend an Bedeutung für die Begleitung von Menschen mit Demenz. Es existieren normative Vorgaben und theoretische Überlegungen zur palliativen Versorgungspraxis, ohne dass näher konkretisiert wird, wie dies in der pflegerischen Alltagspraxis in Einrichtungen der stationären Al-tenhilfe umgesetzt werden soll. Hinzu kommt, dass die pflegerische Einschätzung zu palli-ativen Bedarfen anspruchsvoller wird, da die Demenzspezifik im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung verbale Kommunikationsräume verringert. Leibliche Kommunikation, Intuition, Erfahrungswissen und die Kontextualisierung im Sinne eines hermeneutischen Fallverstehens (Remmers, 2000) können bei Demenz als Zugang für die Bedürfniserfassung und das spezifische Situationsverstehen bedeutsamer sein als objektiv ermittelte Parameter. Unklar ist bislang, wie sich die hier dargestellten Dimensionen pflegerischer Handlungen in der Begleitung von demenzerkrankten Personen in stationären Pflegeeinrichtungen gestalten und wie Kontextfaktoren die palliative Pflegepraxis beeinflussen.
Ziele: Ziel der vorliegenden Studie ist es, einen Beitrag zu einem vertieften Verständnis von Merkmalen, Ausdrucksformen und Wirkungsweisen in der palliativpflegerischen Ver-sorgungspraxis von Menschen mit Demenz im Handlungsfeld der stationären Langzeit-pflege zu leisten.
Studiendesign und Methode:
Um die subjektiven Vorstellungen von Palliative Care bei Demenz, Kontextfaktoren und Ausdrucksformen alltäglicher pflegerischer Handlungen im Kontext von palliativen Erfor-dernissen bei Demenz zu erfassen und nachzuzeichnen, wurde ein offenes, qualitatives Verfahren gewählt. In Anlehnung an die Grounded-Theory-Methodology (vgl. Corbin & Strauss, 2008) wurden 22 leitfadengestützte Interviews mit professionellen Akteuren aus vier Pflegeheimen durchgeführt und Bedingungsfaktoren und Handlungsorientierungen im Hinblick auf Palliative Care bei Demenz identifiziert.
Ergebnisse:
Es existiert ein heterogenes Verständnis von Palliative Care bei Demenz und es zeigen sich widersprüchliche Ausdrucksformen pflegerischen Handelns in der palliativen Versorgungspraxis von Menschen mit Demenz in der Langzeitpflege. In der zentralen Kernkategorie „Sich zwischen Gewissheit und Ungewissheit arrangieren“ lassen sich die pflege-spezifischen komplexen Deutungsprozesse und Handlungsorientierungen zur Gestaltung einer palliativen Versorgungspraxis von Menschen mit Demenz abbilden. Die palliativ-pflegerischen Handlungsorientierungen werden von den angewendeten Strategien der Pflegenden maßgeblich beeinflusst. Aufbauend auf dem subjektiven Verständnis von Palliative Care bei Demenz gruppieren sich die Ergebnisse palliativpflegerischer Handlungen um das identifizierte Phänomen. Verschiedene intervenierende Bedingungen (u. a. Charakteristika von Pflegenden, Zuschreibungsprozesse als Sterbende, Arten der Bedürfnisermittlung in der Pflegebeziehung sowie spezifische Versorgungsformen) bilden im Kontext des beruflichen Pflegehandelns die Voraussetzungen und Hindernisse für Palliative Care bei Menschen mit Demenz. Deutlich wurde, dass proaktiv-steuernde Strategien wahrscheinlicher und frühzeitiger zu einem an palliativen Maßstäben orientierten Pflegehandeln führen. Umgekehrt führen passiv-reaktive Verhaltensweisen von Pflegenden tendenziell zu einem verzögerten oder ausbleibenden Übergang hin zu palliativen Versorgungskonzepten.
Diskussion und Schlussfolgerungen: Auf Grundlage der Diskussion der Ergebnisse wurden fundierte Handlungsempfehlungen und praxisbezogene Anforderungen an eine demenzspezifische Palliative Care in der stationären Langzeitpflege abgeleitet.

Identiferoai:union.ndltd.org:uni-osnabrueck.de/oai:repositorium.ub.uni-osnabrueck.de:urn:nbn:de:gbv:700-2017051815923
Date18 May 2017
CreatorsBerkemer, Esther
ContributorsProf. Dr. Hartmut Remmers, Prof. Dr. Dr. hc. Andreas Kruse
Source SetsUniversität Osnabrück
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/zip, application/pdf
Rightshttp://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/

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