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Quantification and modelling approaches of geoarchaeological processes - The course, construction and collapse of the Carolingian canal Fossa Carolina

Zwischen den Städten Weißenburg and Treuchtlingen in Bayern trennt die Europäische Hauptwasserscheide die Einzugsgebiete des Rhein-Main Systems and des Donau Systems. Die Schwäbische Rezat entspringt an der Frontstufe der Frankenalb and verläuft nordwärts in Richtung Weißenburg and entwässert in das Rhein-Main System. Südlich der Europäischen Wasserscheide fließt die Altmühl, welche über die Donau in das Schwarze Meer entwässert. Im Frühmittelalter waren Schifffahrtswege von höchstem geostrategischem Interesse and dienten neben dem Personen- and Warenverkehr auch der militärischen Nutzung. Vermutlich aus diesen Gründen ließ Karl der Große 792/793 AD einen Kanal anlegen, welcher eine schiffbare Verbindung herstellen sollte. Luftlinie kommen sich Schwäbische Rezat and Altmühl auf knapp 2 km nahe and die naturräumliche Ausstattung (Wasserdargebot, sedimentäre Architektur der Tallandschaft, geologischer Untergrund) ist für die technischen Möglichkeiten des Frühmittelalters nahezu ideal. Der Kanal ist von herausragendem ingenieurstechnischem Niveau. Inzwischen ist der Kanal verfüllt and nur an manchen Stellen weiterhin sichtbar. Neben archäologischen, historischen and geowissenschaftlichen Arbeiten vor allem aus dem 20. Jahrhundert, konnte ein interdisziplinäres Forschungsprojekt seit 2010 den Kanal in diversen Fragen untersuchen. Die Fokusse der bisherigen Forschungen lagen auf dem Nachweis des tatsächlichen Kanalverlaufs, der archäologischen Dokumentation konkreter Funde and Befunde des Kanals and seines
Umfelds, der Verfüllungsgeschichte des Kanals, sowie der Untersuchung baubegleitender Strukturen. Weiterhin gab es Forschungen zur archäologischen and historischen Einordnung des Bauwerks in die Kanalbaugeschichte. Die Entschlüsselung and der Vergleich geoarchäologischer Funde and Prozesse ist
von qualitativen Ansätzen geprägt. Die Beschreibung and Dokumentation eines Phänomens and die Art and Weise der Ausprägung stehen dabei meist im Vordergrund. In den letzten Jahren sind jedoch aus den Disziplinen der Archäologie and Archäometrie, der Geowissenschaften sowie der Geoinformatik
Methoden entwickelt worden die dazu dienen geoarchäologische Prozesse, im engeren Sinne denkmalsbezogen, aber auch im weiteren Sinne landschaftsbezogen zu quantifizieren. Ziel dieser Arbeit ist die Quantifizierung einzelner Prozesse der Planung, Konstruktion and Kollapses des Karlsgrabens. Hochauflösende Höhenmodelle sind essentielle Datensätze in der Geographie. Jedoch haben sie stets den Nachteil, dass anthropogene Strukturen Artefakte in den Daten produzieren, die zwar die heutige Oberfläche abbilden, aber keine naturlandschaftsbezogenen, hydrogeographischen Berechnungen zulassen. Eine Modellierung des vor-modernen Reliefs wurde durch die gezielte Beseitigung von anthropogenen Strukturen wie Straßen, Gebäude, Bahnlinien, etc. erreicht. Die Datengrundlage bilden offizielle Geodaten des Landesamts, OpenStreetMap sowie die historische Uraufnahme aus dem beginnende 19. Jahrhundert. Für die semiquantitative Überprüfung and Validierung des Modellierungsergebnisses wurde anhand von erbohrten Paläooberflächen vorgenommen. Das hochauflösende vor-moderne Digitale Höhenmodell für das Gebiet um die Fossa Carolina ermöglichtedie Berechnung des kürzesten, hypothetischen Kanalverlaufs. Dieser ist ähnlich wie das gebaute Original auffällig S-förmig and belegt die topographische Abhängigkeit des Kanalbaus vom Relief. Hydrogeographische Indizes, wie der topographic wetness index, wurden herangezogen um die Abweichungen des tatsächlichen Kanalverlaufs von der Ideallinie zu begründen. Es zeigt sich, dass die karolingischen Bauherren ein umfassendes Wissen zur naturräumlichen Ausstattung des Gebietes hatten. Sie vermieden gezielt feuchte Gebiete mit hoch anstehendem Grundwasser and organischen Sedimenten, welche zu instabil für die Erdarbeiten des Kanals gewesen wären. Ansätze um verschiedene geoarchäologische and geophysikalische Methoden zu vereinen and sind nicht unbekannt, aber letztlich meistens qualitativer Natur. Die bisherigen Untersuchungen and Analysen am Karlsgraben konnten durch einen neuen integrativen and quantitativen Ansatz kombiniert werden. Es flossen geometrische and stratigraphische Ergebnisse aus 3 archäologischen Grabungsschnitten, 39 Rammkernbohrungen, sowie 2 Direct push sensing Transekten mit 105 colour logs ein. Das resultierende numerische 3D-Modell des maximalen Ausbauzustands des ca. 3 km langen Kanals ermöglicht zum ersten Mal eine Berechnung des Gesamtaushubvolumens. Knapp 300.000 m³ Material wurden für den Bau bewegt. Die heute noch sichtbaren Aushubwälle besitzen hingegen ein Gesamtvolumen von nur ca. 120.000 m³. Fast Zwei Drittel des gesamten Aushubs sind also heute nicht mehr in den Wällen konserviert, sondern seit dem Ende des Baus erodiert oder abgetragen. Das Aushubvolumen ist zudem nicht über den gesamten Kanalverlauf gleich verteilt, sondern der Hauptanteil liegt im Bereich der durchstochenen Europäischen Hauptwasserscheide. Das 3D-Modell ermöglicht zudem die Berechnung des Sohlniveaus des Kanallängsschnitts. Dabei konnte die Scheitelzone des getreppten Kanals ausgewiesen werden.
Die Basis der Verfüllung des Kanals bilden von den Aushubwällen zurückgerutschte Sedimente (sog. backfills). Stratigraphisch liegen diese direkt auf der Kanalsohle. Eine systematische Auswertung der geochemischen and stratigraphischen Befunde konnte zeigen, dass die backfills als initiale Kollapssedimente deklariert werden können. Radiokohlenstoffdatierungen von Makroresten datieren die backfills rund um die Bauzeit 792/793 AD. Dendrochronologische Analysen zeigen weiterhin, dass die verbauten Hölzer des Karlsgrabens in den Jahren 792 AD and 793 AD gefällt and verbaut wurden. Die räumliche Anaylse der Fällalter kann zudem einen Baufortschritt von Nord nach Süd nachweisen. Das Fehlen von Stillwassersedimenten auf der Kanalsohle bzw. den Bauhölzern dient als chronologischer Rahmen and Relativdatierung der backfill Sedimente. Die Anwendung des 3DModellierungsansatzes wurde auf die backfill-Sedimente übertragen. Die resultierende räumliche and quantitative Verbreitung der backfills entlang des gesamten Kanalverlaufs zeigt die Konzentration dieser Sedimente im zentralen Grabenbereich rund um die Europäische Hauptwasserscheide. Eine Sedimentbudgetierung, wie sie in der Geomorphologie angewandt wird, konnte nun hier adaptiv eingesetzt werden. Fast 35.000 m³ backfill-Sedimente sind an der Basis der Verfüllung allein im Zentralen and West-Ost Bereich zu finden. Dies entspricht ca. 15 % des Gesamtaushubvolumens in diesem Bereich. Daher kann diese Zone als Kollapszone ausgewiesen werden. Nach den zeitgenössischen Quellen wurde der Kanal aufgrund von instabilen Wällen and zurückgerutschtem Material aufgegeben. Die quantitativen Ergebnisse liefern nun zum ersten Mal einen naturwissenschaftlichen Beleg für diese These. Zusammenfassend ist diese Arbeit ein Beispiel für die Anwendung für numerischen and quantitativen Methoden im Bereich der Geoarchäologie and zeigt den Mehrwert der Methoden im Verständnis für geoarchäologische Prozesse and deren Rekonstruktion.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:74521
Date23 April 2021
CreatorsSchmidt, Johannes
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageEnglish
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/acceptedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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