Die Akademisierung der Gesundheitsberufe erhöht die Bedeutung interprofessioneller Zusammenarbeit. Dabei stehen nicht nur die bedarfsgerechte Patientenversorgung im Fokus, sondern ebenso strukturelle Veränderungen im Bereich der Qualifizierung für die Gesundheitsprofessionen. Dieses Vorgehen stellt die Akteure vor Herausforderungen, da sie die vorherrschenden Strukturen auf der Bildungsebene und im Kontext der Gesundheitsfürsorge zu berücksichtigen haben. Für die Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Erbringung von Gesundheitsleistungen stellt das Vermitteln von spezifischen Kompetenzen im beruflichen Kontext die Weichen. Hier zeigt sich die Besonderheit einer Kompetenzdualität. Einerseits spielt die Fachkompetenz, die die Lehrer aus dem Gesundheitsberuf mitbringen, eine wesentlich Rolle für die Wissensvermittlung und andererseits bedarf es pädagogischen Könnens, um den Lernenden ein wertschätzendes Miteinander zu vermitteln. Durch die Monoprofessionalität der Lehrer ist das interprofessionelle Handeln begrenzt, da nur auf unzureichendes Grundlagenwissen zurückgegriffen werden kann. In der theoretischen Auseinandersetzung sind die Bedürfnisse der Lehrer für diesen Lehrkontext bisher nicht angemessen repräsentiert. In dem Bewusstsein, dass Lehrer durch ihr pädagogisches Handeln die Lernenden beeinflussen, sind deren Vorstellungen über Interprofessionalität bedeutsam. Aufgrund ihrer persönlichen Haltung stehen sie als Vorbild für ein gelingendes Miteinander und öffnen den Blick für interprofessionelle Teamarbeit. So ist den Fragen nachgegangen worden, wie die berufliche Identität, bezogen auf das eigene Berufsbild, die Rollenbilder der anderen Gesundheitsprofessionen und die Meinung zur Interprofessionalität sich entfaltet und welcher Einfluss sich auf die Gestaltung der interprofessionellen Lehre abzeichnet.
Ein zentrales Anliegen dieser Forschungsarbeit zeigt sich demnach in der systematischen Herleitung und Offenlegung von Wirkzusammenhängen der beruflichen Identität und dem Lehrerhandeln in der interprofessionellen Lehre. Diese Analyse leistet einen Beitrag zur Erweiterung des empirischen Wissenstandes in der gesundheitsberuflichen Bildung. Anhand leitfadengestützter Interviews sind Dozenten, die im Projekt Operation Team der Robert Bosch Stiftung mitgewirkt haben, als Experten befragt worden. Dabei sind verschiedene Dimensionen wie Handlungswissen, Rollenklarheit, Erfahrungen und die eigene Persönlichkeit betrachtet worden. Im Rahmen der qualitativen Bildungsforschung ist mittels der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz das gesamte Datenmaterial ausgewertet worden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Lehrer eine starke Verbindung zu dem Erleben in ihrem Berufsfeld haben und ihre Lehrerrolle als eine Erweiterung ihrer Gesundheitsprofession sehen. Die Identitätsentwicklung der Teilnehmer wird durch ihre beruflichen Erfahrungen, ihr Bildungsniveau und ihre persönlichen Wertvorstellungen geprägt. Barrieren, wie mangelnde Anerkennung, fehlende Kommunikation und begrenzte Karrieremöglichkeiten, die ihnen im Berufsalltag begegnen, sind in den Interviews identifiziert worden. Gleichwohl haben sie von Strategien berichtet, wie kritischen Situationen entgegengewirkt werden kann. Darüber hinaus kommt in der Studie zum Ausdruck, welche Bedeutung die Selbstreflexion in dem Prozess hat und wie dies sich auf die berufliche Identität auswirkt. Die Wahrnehmung der eigenen Rolle stellt einen engen Bezug zum Kompetenzvermögen hinsichtlich der Wissensvermittlung des Berufswissens her und prägt somit die Kompetenzdualität entscheidend mit. Durch den Austausch mit Kollegen anderer Gesundheitsberufe und der gemeinsamen Arbeit an
Problemlösungen geben die Experten an, ein besseres Verständnis für ihre eigene Rolle im Team und im Gesundheitssystem zu entwickeln. Dies trägt dazu bei, dass sie ihre Arbeit als sinnvoll und erfüllend empfinden.
Zusammenfassend lassen die empirischen Ergebnisse der Untersuchung den Schluss zu, dass interprofessionelle Zusammenarbeit ein wichtiger Ansatz zur Stärkung der beruflichen Identität in den Gesundheitsberufen ist. Die berufliche Identitätsentwicklung ist eng mit der persönlichen Haltung verbunden. Das zeigt sich darin, dass Haltung und berufliches Handeln von der Einstellung und den Werten beeinflusst werden. Somit spielt vor diesem Hintergrund die Haltung eine besondere Rolle. Die positive Haltung aus dem Gesundheitsberuf heraus wirkt sich in entsprechendem Maß auf die interprofessionelle Lehre aus. Die Lehrer sind eher motiviert und engagiert mit einem klaren Fokus auf das Miteinander, wenn sie selbst Erfolg und Zufriedenheit in ihrem Beruf erlebt haben.
Aufbauend auf diese Forschungsarbeit bietet sich die Entwicklung eines Qualifizierungskonzeptes für Lehrer in der interprofessionellen Lehre an. In diesem Fall sollen interprofessionelle Themenschwerpunkte und Berufsrollen alludiert werden. Die interprofessionelle Handlungskompetenz erfährt in diesem Zusammenhang eine besondere Aufmerksamkeit. Diskussionswürdig ist auf der Grundlage der erhobenen Daten das Definieren von Rahmenbedingungen, die eine Qualifizierung der Lehrer in der IPL und die Lehrveranstaltungen selbst sicherstellen.:Teil A Einführung in das Forschungsfeld
1 Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
1.2 Formulierung des Forschungsvorhabens
1.3 Zielsetzung des Forschungsvorhabens
Teil B Theoretischer Rahmen
2 Interprofessionelles Lehren und Lernen
2.1 Der Begriff Interprofessionalität
2.2 Geschichtlicher Exkurs
2.2.1 Entwicklungsstufen von IPE in den angloamerikanischen Ländern
2.2.2 Entwicklungsphasen in Schweden am Beispiel von Linköping
2.2.3 Entwicklung in Deutschland
2.3 Qualifizierung von Lehrern in der interprofessionellen Lehre
2.3.1 Kompetenz
2.3.2 Kompetenzprofil der IPL-Lehrer
2.3.3 Kooperation
2.3.3.1 Was ist Kooperation?
2.3.3.2 Kooperatives Handeln und Interprofessionalität
2.3.3.3 Bedeutung von Zusammenarbeit für das interprofessionelle Lehrerhandeln
3 Identität
3.1 „Patchwork-Identität“ – Identitätsbegriff nach Keupp
3.2 Identitätsbegriff nach Frey und Haußer
3.3 „Balancierende Identität“ – Identitätsbegriff nach Krappmann
3.4 Berufliche Identität
3.4.1 Was ist ein Beruf?
3.4.2 Berufliche Identitätsentwicklung von Lehrern in der IPL
3.4.3 Berufliche Identität & Stereotype im Kontext interprofessioneller Lehre
3.4.4 Berufliche Identität & Subjektive Theorien
3.4.4.1 Subjektive Theorien – eine Begriffsdefinition
3.4.4.2 Subjektive Theorien als Basis für interprofessionelles Lehrerhandeln
3.4.5 Berufliche Identität & Lehrervorstellungen
3.4.6 Lehrervorstellungen – eine Begriffsklärung
3.5 Gegenüberstellung der Begriffe und Zusammenfassung
4 Betrachtungen zum Forschungsfeld
4.1 Berufe im deutschen Gesundheitswesen
4.1.1 Medizin – Arztberuf
4.1.2 MTLA – Medizinisch-technische Laboratoriumsassistenz
4.1.3 Pflege
4.1.4 Ergotherapie
4.1.5 Physiotherapie
4.1.6 Ernährungswissenschaft
4.2 Gesundheitsberufe – Strukturen im Bildungssystem
4.2.1 Duale Berufe nach BBiG
4.2.2 Gesundheitsberufe auf der Grundlage von Berufszulassungsgesetzen
4.3 Rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen
4.4 Regelung der Berufsbildung im Gesundheitswesen
4.4.1 MTLA – Medizinisch-technische Laboratoriumsassistenz
4.4.2 Pflege
4.4.3 Therapeutische Berufe
4.4.3.1 Physiotherapie
4.4.3.2 Ergotherapie
4.5 Akademische Bildung im Gesundheitswesen
4.5.1 Akademisierung
4.5.2 Akademisierung der Gesundheitsberufe
4.5.3 Studium der Medizin
4.5.4 Ernährungswissenschaft
4.5.5 Pflegestudium
4.5.6 Studium der Therapiewissenschaften
4.5.6.1 Studium der Ergotherapie
4.5.6.2 Studium der Physiotherapie
4.6 Lehrerbildung im Gesundheitswesen
4.6.1 Geschichtliche Einordnung
4.6.2 Begründungsrahmen
4.6.3 Lehrerbildung im Kontext der Medizin
4.6.4 Organisation der Lehrerbildung
4.7 Operation Team – Interprofessionelle Lehrkonzepte aus der Förderlinie der Robert Bosch Stiftung
4.7.1 Inter-M-E-P-P – Berlin
4.7.2 GReTL 2.0 – Halle-Wittenberg
4.7.3 Interprofessionelles Ernährungsmanagement – Düsseldorf
4.7.4 Einander schätzen-im Team versorgen – Marburg
4.7.5 FInKo – München
4.7.6 Interprofessionelle Teamkommunikation – Heidelberg
Teil C Systematik des Forschungsvorhabens
5 Empirischer Teil
5.1 Systematik des Forschungsprozesses
5.2 Begründung des Untersuchungsdesigns
5.2.1 Forschungsinteresse
5.2.2 Forschungsdesign
5.2.3 Qualitative Gütekriterien
5.3 Datenerhebung
5.3.1 Das Experteninterview als Erhebungsmethode
5.3.2 Design der Erhebungsinstrumente
5.3.2.1 Interviewerhebungsbogen
5.3.2.2 Interviewleitfaden
5.3.3 Sampling
5.4 Forschungsethik
5.5 Vorgehensweise bei der Datenerhebung
5.6 Transkription
5.7 Datenauswertung
5.7.1 Die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz
5.7.2 Ablaufschema der Inhaltsanalyse nach Kuckartz
5.7.2.1 Kategorienbildung
5.7.2.2 Intercodierungsprozess
6 Analyse des Datenmaterials
6.1 Rekrutierung der Experten
6.2 Vorstellung der Interviewpartner
6.3 Durchführung der Interviews
6.3.1 Interviewdaten
6.3.2 Interviewverlauf
6.4 Auswertung des Datenmaterials
6.4.1 Kategorienentwicklung
6.4.1.1 Ausgangspunkt
6.4.1.2 Phase 1: Textarbeit
6.4.1.3 Phase 2: Thematische Hauptkategorien
6.4.1.4 Phase 3: Erster Codierprozess
6.4.1.5 Phase 4: Zusammenstellung
6.4.1.6 Phase 5: Subkategorien
6.4.1.7 Phase 6: Zweiter Codierprozess
6.4.1.8 Phase 7: Analyse
6.4.1.9 Zwischenfazit
7 Empirische Ergebnisse
7.1 Einführung in die Ergebnisdarstellung
7.2 Themenmatrix I – Kontextgebundenheit
7.2.1 Gesundheitssystem
7.2.1.1 Gesetzliche Vorgaben
7.2.1.2 Sicht auf den Patienten
7.2.1.3 Versorgungsstruktur
7.2.1.4 Organisationale Hierarchie
7.2.2 Bildung im Gesundheitssektor
7.2.2.1 Interprofessionalität als Lerngegenstand
7.2.2.2 Heterogene Ausgangslage
7.2.2.3 Strategiewechsel
7.2.3 Projekt „Operation Team“
7.2.3.1 Projektplanung
7.2.3.2 Projektaufgaben
7.2.4 Lehrerqualifikation
7.2.4.1 Ideen für IPL-Konzepte
7.2.4.2 Qualifizierungsbedarf
7.2.5 Zusammenfassung: Themenmatrix I
7.3 Themenmatrix II – Erfahrungen im beruflichen Handlungsfeld Gesundheit
7.3.1 Berufsrolle
7.3.1.1 Berufsidentität
7.3.1.2 Berufsverständnis
7.3.1.3 Berufliche Handlungskompetenz
7.3.1.4 Erfahrungen im Berufsalltag
7.3.2 Kooperationskultur
7.3.2.1 Persönliche Kooperationserfahrungen
7.3.2.2 Gelingensbedingungen
7.3.2.3 Barrieren
7.3.3 Haltung
7.3.3.1 Status / Statusdenken
7.3.3.2 Zugehörigkeitsgefühl
7.3.3.3 Anerkennung
7.3.3.4 Fehlende Anerkennung
7.3.3.5 Vorbild
7.3.4 Stereotyp
7.3.4.1 Vorurteile
7.3.4.2 Schubladendenken
7.3.5 Zusammenfassung: Themenmatrix II
7.4 Themenmatrix III – Interprofessionelle Lehrtätigkeit
7.4.1 Phänomene der IPL
7.4.1.1 Herausforderungen der IPL
7.4.1.2 Persönliches Erleben
7.4.1.3 Spannungsfelder
7.4.1.4 Erkenntnisgewinn
7.4.2 Pädagogisches Können
7.4.2.1 Handlungskonzepte
7.4.2.2 Methodenvielfalt
7.4.2.3 Inhaltliche Ausrichtung
7.4.3 Schlüsselkompetenzen
7.4.3.1 Persönlichkeitskompetenz
7.4.3.2 Kennen von Berufsprofilen
7.4.3.3 Sozialkompetenz
7.4.4 Zusammenfassung: Themenmatrix III
Teil D Schlussbetrachtung
8 Interpretation
8.1 Diskussion der Ergebnisse im theoretischen Kontext
8.1.1 Berufliche Identitätsentwicklung im Gesundheitsberuf
8.1.1.1 Gesundheitssystem
8.1.1.2 Berufsrolle
8.1.1.3 Kooperationskultur
8.1.1.4 Stereotyp
8.1.1.5 Kernkategorie Haltung
8.1.2 Einfluss der gesundheitsberuflichen Identität auf die IPL
8.1.2.1 Pädagogisches Können
8.1.2.2 Schlüsselkompetenzen
8.2 Kritische Reflexion der Forschungsmethodik
9 Resümee
9.1 Fazit zur Prägung der beruflichen Identität
9.2 Fazit zum Einfluss der Berufsidentität auf die IPL
9.3 Kompetenzdualität
9.4 Erkenntnisgewinn
9.5 Ausblick
9.6 Nebenschauplätze
9.6.1 Bildung im Gesundheitssektor
9.6.2 Gelingensbedingungen interprofessioneller Kooperation
9.6.3 Barrieren interprofessioneller Kooperation
9.6.4 Phänomene der IPL
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:90320 |
Date | 06 March 2024 |
Creators | Waury-Eichler, Regina |
Contributors | Walter, Anja, Heinze, Cornelia, Technische Universität Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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