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Mikrosatelliteninstabilität in Organoiden aus murinen intestinalen Stammzellen unter Msh2-Defizienz

Kurzreferat

Unter mismatch repair-Defizienz (MMR-D) akkumulieren Mutationen durch die Fehlfunktion eines betroffenen MMR-Gens in Abhängigkeit von der Zeit und können zum Auftreten von kolorektalen Karzinomen (CRC) führen. Diese Mutationen sind beispielsweise unter MSH2-Defizienz als Mikrosatelliteninstabilität (MSI) in nicht codierenden Genomabschnitten im intestinalen Gewebe detektierbar. Die Analyse der Entwicklung der MSI im intestinalen Gewebe unter MMR-D ist im Menschen schwierig und ethisch nicht vertretbar. Eine Option der Analyse stellen Organoidkulturen, als Miniaturausgabe des intestinalen Gewebes ex vivo, dar. Ziel der Arbeit ist es, die Häufigkeit von Mutationen in Mikrosatelliten von Organoiden unter Msh2-Defizienz aus normalem Darm, Tumorvorläuferzellen und Tumoren in Abhängigkeit vom Alter der Maus, der Dauer und den Bedingungen der Organoidkultur zu quantifizieren. Dazu wurde der Mikrosatellitenstatus einzelner Organoide mit dem dazugehörigen Wachstumsmuster korreliert.

Folgende Fragen sollten beantwortet werden:
Ab welchem Mausalter tritt MSI auf? Ist sie altersabhängig? Korreliert sie mit dem dazugehörigen Wachstumsmuster?
Sind Tumorvorläuferzellen (Adenome) in makroskopisch normalem Gewebe vorhanden?
Haben Kultivierungsdauer und -faktoren Einfluss auf die MSI und das Wachstumsmuster der Organoide?

Material und Methodik

Altersidentische Msh2+/+-, Msh2+/--, und Msh2-/-- Mäuse und daraus generierte Organoide wurde als Triplets generell parallel analysiert. Die Organoidkultivierung erfolgte durch Isolierung von Darmkrypten aus makroskopischem Normal- und Tumorgewebe. Das Wachstum wurde mittels life imaging aller 8 h über 144 h für jedes Organoid aufgezeichnet. Wachstumskurven wurden errechnet und das Wachstumsmuster eines Organoids wurde zu jedem Zeitpunkt klassifiziert. Die Organoide wurden nach dem life imaging gepickt und mithilfe der Mikrosatellitenmarker A27, A33, GA29 in einer Multiplex-PCR auf Alterationen analysiert. Hieraus konnte ein MSI Score, ein ∆bp Score und dazugehörige heatmaps, die die qualitativen Änderungen der Marker visuell widerspiegeln, ermittelt werden.

Ergebnisse

MSI ist in ISC-Organoiden von Msh2-/--Mäusen vor dem Auftreten solider Tumoren in einem Alter von 12 Monaten nachweisbar und steigt über die Lebenszeit an. Bereits in einem Alter von 5 Monaten ist der maximale MSI Score, der lediglich die Anzahl veränderter Mikrosatelliten aufzeigt, erreicht. Der ∆bp Score zeigt, dass die Längenveränderungen im Bereich der Mikrosatelliten weiter kontinuierlich zunimmt und ein mit fortschreitendem Alter progressiver Nukleotidverlust auftritt.

Die Wachstumsraten und -muster der Organoide von Msh2-/--Mäusen werden mit zunehmendem Alter heterogen. Bis zu einem Mausalter von 8 Monaten zeigen die Organoide aus dem Normalgewebe der Mäuse ein homogenes, verzweigtes Wachstum. Im Alter von 12 Monaten wachsen jedoch etwa 10 % der Organoide initial zystisch, ähnlich Organoiden aus Tumorgewebe. Dieses inhomogene Wachstumsmuster ist unabhängig vom ermittelten MSI Score.

Tumorvorläuferzellen akkumulieren in normalem Epithel von Msh2-/--Mäusen weit vor dem Auftreten solider Tumoren. Organoide, die ohne den Zusatz von Noggin und
R-Spondin aus enzymatisch verdauten Normalgewebe anwachsen, stammen von Tumorvorläuferzellen ab. Sie können aus 8 und 12 Monate alten Msh2-/--, jedoch nicht Msh2+/-- und Msh2+/+-Mäusen isoliert werden, und weisen ein zystisches, tumorähnliches Wachstum auf. Die Wachstumsrate sowie der ∆bp Score der Organoide ist im Vergleich zu Organoiden aus Normalgewebe erhöht.

Alterationen in ISC nehmen unter Langzeitkultivierung zu und akkumulieren in vitro schneller als in vivo. Organoide 8 Monate alter Mäuse wurden für weitere 18 Wochen in vitro kultiviert. Es konnte gezeigt werden, dass nach dieser Zeit im Vergleich zu 12 Monate alten Organoiden vermehrt zystisch-ähnliches Wachstum auftritt. Der ∆bp Score steigt in vítro schneller als in vivo.

Acetylsalicylsäure (ASS) vermindert das Auftreten und die Länge von zystisch-ähnlichem Wachstum, verändert jedoch nicht den ∆bp Score. Nach Langzeitkultur mit ASS über 18 weitere Wochen wachsen Organoide 8 Monate alter Mäuse aller drei Genotypen seltener zystisch-ähnlich. ASS vermindert die Anwachsrate von
Msh2-/--Organoiden. Der ∆bp Score ändert sich unter Substitution von ASS nicht.

Fazit

Organoidkulturen MMR-defizienter Mäuse geben Einblick in die gewebsspezifische Akkumulation von Mutationen in Abhängigkeit vom Alter der Tiere und den Kultivierungsbedingungen der Organoide. Sie lösen dabei ethische und gesetzliche Probleme im Umgang mit fetalen Stammzellen und stehen durch die Darstellung physiologischer und pathologischer Mechanismen, beispielsweise bei zystischer Fibrose, oralen Plattenepithelkarzinomen oder CRC im Mittelpunkt von Betrachtungen verschiedener medizinischer Fachrichtungen.
Durch diese Arbeit wurden Methoden zur Quantifizierung genetischer Alterationen in
ISC-Organoiden unter Msh2-Defizienz etabliert sowie Kultivierungsbedingungen zur Beeinflussung einer in vitro-Langzeitkultivierung von ISC-Organoiden charakterisiert, die als Grundlagen zur weiteren Forschung im Hinblick auf die Behandlung von
HNPCC-Patienten als auch anderen Erkrankungen dienen können.:Abkürzungsverzeichnis
1. Einführung
1.1. Häufigkeit und Einteilung von kolorektalen Karzinomen
1.1.1. Genetik des HNPCC
1.1.2. Diagnosestellung und Klinik des HNPCC
1.1.3. Acetylsalicylsäure als mögliches Präventivum bei HNPCC
1.2. Mausmodelle zur Darstellung der in vivo-Situation
1.3. Organoidkultur aus intestinalen Stammzellen
2. Aufgabenstellung
3. Materialien und Methodik
3.1. Generierung der Zielmäuse
3.2. Organoidkultivierung
3.3. Analyse der Mikrosatelliteninstabilität
3.4. Analyse des Wachstumsverhaltens der Organoide
4. Ergebnisse
4.1. Korrelation der MSI von Organoiden aus Normalgewebe mit dem Alter und dem Genotyp der Mäuse
4.2. Korrelation des Wachstumsmusters der Organoide aus Normalgewebe mit dem bp Score
4.3. Korrelation der Wachstumsgeschwindigkeit der Organoide aus Normalgewebe mit dem bp Score
4.4. Nachweis von Tumorvorläuferzellen in makroskopischem Normalgewebe
4.5. Vergleich der MSI zwischen in vitro- und in vivo-gealterten Organoiden aus Normalgewebe
4.6. Auswirkung von ASS als zusätzlicher Kultivierungsfaktor auf die MSI von in vitro-gealterten Organoiden
5. Diskussion
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
8. Publikation - Different in vivo and in vitro transformation of intestinal stem cells in mismatch repair deficiency
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Selbstständigkeitserklärung
Lebenslauf
Publikationen/Vortragsthemen
Danksagung

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:77191
Date03 January 2022
CreatorsKreutzmann, Tobias
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relation10.1038/onc.2016.429

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