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Dynastische Experimente / Genealogie und Herrschaft in deutschsprachigen ArtusromanenStange, Carmen 09 July 2024 (has links)
Für den mittelalterlichen Menschen ist die Verwandtschaft von zentraler Bedeutung. Demensprechend wird das zeitgenössische Denken weit über das Konzept von Personenbeziehungen hinaus vom Prinzip der Genealogie bestimmt. Es erstaunt deshalb wenig, dass nicht nur historiographische, sondern auch literarische Texte von dieser Denkform bestimmt sind. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten haben dies inzwischen gezeigt. Mit der vorliegenden Dissertation wird eine Lücke geschlossen, die trotz des großen Interesses am Thema bis heute geblieben ist, indem der Frage nachgegangen wird, welche Bedeutung der Thematik in den deutschsprachigen Artusromanen des Mittelalters zukommt. Da die Protagonisten der Romane als Einzelkämpfer erscheinen, von deren Verwandten man nur wenig erfährt, und zudem die erzählte Welt besonders wirklichkeitsentrückt wirkt, scheint die Genealogie auf den ersten Blick in diesen Texten keine Rolle zu spielen. Die Fiktionalität der Artusromane ermöglicht es aber im Gegenteil, Möglichkeiten und Grenzen von dynastisch bedingtem Herrschaftsgewinn und persönlichem Leistungsstreben frei auszuloten. Die konkurrierenden Konzepte werden in den beiden ersten deutschsprachigen Artusromanen Hartmanns von Aue in ihrer Gegensätzlichkeit aufgegriffen: Erec, der Titelheld von Hartmanns erstem Roman, folgt dem Vater als einziger Sohn auf den Thron. Der Protagonist des ‚Iwein‘ hingegen erkämpft sich Ehe und Herrschaft im ritterlichen Zweikampf. Beide Artusritter verlieren aber ihre Herrschaft bis sie gelernt haben, die Schwächen dauerhaft zu überwinden, die aus ihrer dynastischen Selbstsicherheit bzw. ihrer leistungsorientierten Übermotivation erwachsen. Während in den Artusromanen Hartmanns eine Form der Herrschaftsübertragung von zentraler Bedeutung für den Weg des Protagonisten ist, wird in den nachklassischen Artusromanen ‚Wigalois‘ Wirnts von Grafenberg und ‚Wigamur‘ durchgespielt, wie sinnvolle Verknüpfungen einer erfolgreichen Herrschaft nützlich sind. / For medieval man, kinship is of central importance. Accordingly, contemporary thought was determined by the principle of genealogy far beyond the concept of personal relationships. It is therefore hardly surprising that not only historiographical but also literary texts are characterised by this form of thought. Numerous academic works have shown this in the meantime. This dissertation fills a gap that has remained despite the great interest in the subject to this day by investigating the significance of the topic in the German-language Arthurian novels of the Middle Ages. Since the protagonists of the novels appear to be lone warriors whose relatives we learn little about, and since the narrated world seems particularly removed from reality, genealogy does not appear to play a role in these texts at first glance. On the contrary, the fictional nature of the Arthurian romances makes it possible to freely explore the possibilities and limits of dynastic rule and personal ambition. The competing concepts are taken up in Hartmann von Aue's first two German-language Arthurian novels in their contradictory nature: Erec, the title hero of Hartmann's first novel, succeeds his father as the only son on the throne. The protagonist of 'Iwein', on the other hand, fights for marriage and rule in a knightly duel. However, both Arthurian knights lose their rule until they have learnt to permanently overcome the weaknesses that arise from their dynastic self-assurance and their performance-oriented over-motivation. While in Hartmann's Arthurian romances a form of transfer of rule is of central importance for the protagonist's path, the post-classical Arthurian romances 'Wigalois' Wirnt’s von Grafenberg and 'Wigamur' play out how meaningful connections are useful for successful rule.
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